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Gerichtsurteil, Gebisse und Spielzeugautos: Was so alles in der Kanalisation landet, obwohl es nicht sollte

Eigentlich scheint es logisch. Ins Klo und in den Abfluss der Dusche oder ins Brünneli gehört was? Nicht viel. Menschliche Ausscheidungen, Klopapier und Seife vom Duschen oder Abwaschen.

So weit, so klar. Nur: Eine Umschau bei Abwasserreinigungsanlagen (ARA) in der Region darüber, was so alles angespült wird, zeigt, dass diese vermeintlich einfachen Regeln nicht eingehalten werden.

Was so Kurioses angespült wird

Was sich beispielsweise etwa der Mensch gedacht hat, der ein Gerichtsurteil via Abwasserleitungen loswerden wollte? Gelandet ist das Stück Papier auf jeden Fall in der ARA Hallwilersee (Gemeinden Beinwil am See, Birrwil, Boniswil, Dürrenäsch, Fahrwangen, Hallwil, Leutwil, Meisterschwanden, Niederschongau und Seengen).

In der ARA Mittleres Wynental in Teufenthal (Gemeinden Teufenthal, Unterkulm, Oberkulm und Dürrenäsch) werden dafür immer mal wieder Spielzeugautos angespült. Nicht minder kurios, was in der ARA Region Lenzburg (Stadt und 14 weitere Gemeinden) so aus dem Becken gefischt wird. Am Montag würden die meisten Kondome gefunden, sagt Betriebsleiter Roman Bieri. Und zählt weiter auf: «Kies, Bauschutt, Gebisse, Handy, Schlüssel, Geld, Kredit- und Geldkarten.» Gebisse finden sich auch in der ARA Reinach gerne wieder, ausserdem Spangen, Unterhosen oder auch einmal eine Schaufel.

Roman Bieri.

Feuchttücher und Chemikalien

Ein Problem, mit dem alle befragten ARA zu kämpfen haben: Hygieneartikel wie Feuchttücher, Binden oder Tampons. Solche Feststoffe werden von den Rechen zwar herausgefischt, aber eben nur, wenn sie überhaupt den Weg bis dahin finden. Der Betriebsleiter des Abwasserverbands Region Lenzburg erklärt: «Das Problem besteht in der Siedlungsentwässerung, also der Kanalisation von der Toilette bis zur ARA. Da führen Hygieneartikel und Feuchttücher zu Verstopfung und Verschleiss.» Und weiter: «Die Instandhaltung, sprich die Reparatur, ist Handarbeit und deshalb hygienisch hoch bedenklich.» In Teufenthal, so heisst es dort auf Anfrage, sind die Pumpen deswegen fast wöchentlich verstopft. Herrühren kann dies auch von Speiseresten und Ölen; die Fette lagern sich ab und ziehen die Pumpen in Mitleidenschaft.

Auch chemische Stoffe wie Unkrautvernichter haben nichts im Abfluss zu suchen. Schon gar nicht in grösseren Mengen. «Bei Chemikalien im Zulauf zur ARA könnten sämtliche Mikroorganismen der biologischen Reinigungsstufe zerstört werden», sagt Rolf Schneider von der ARA Region Hallwilersee. «Eine Reinigung des Abwassers wäre über Tage nicht mehr möglich und es könnte zu einem Fischsterben im Vorfluter kommen.»

Und dann ist da noch ein Problem: Schnipp, die fertiggerauchte Zigarette landet in der Kanalisation. Eine oft gesehene Bewegung, aber eine schlechte Idee. «Aus den Zigarettenstummeln lösen sich rund 7000 chemische Stoffe, einige davon sind toxisch», sagt Bieri (Lenzburg). Der Schnipper oder die Schnipperin indes könnte unmittelbar unter dem Verhalten leiden, erklärt. Im Schacht, ergänzt Schneider (Hallwilersee), können sich Benzingase befinden. Es besteht Explosionsgefahr.

«Die Toilette ist kein Müllschlucker»

So weit so viele Fehler werden bei der «Entsorgung» in der Kanalisation gemacht. Nur, woran liegt’s? Wissen die Leute einfach nicht, was sie dürfen und was nicht? Die Antworten von den befragten ARA lauten anders: Faulheit und Gleichgültigkeit. Aus den Augen, aus dem Sinn.

Dabei versuchen die ARA-Betreiber Aufklärung zu leisten, so gut es geht. Mit Führungen (bei der ARA Hallwilersee auch online), in Filmen und auf Flyern machen sie darauf aufmerksam, was in den Abfluss gehört und was eben nicht. «Feuchttücher sind Pumpenkiller! Die Toilette ist kein Müllschlucker», heisst es etwa auf einem Flyer des Abwasserverbands Mittleres Wynental.

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