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Tinder für Amateurfussballer: Ein neuer Dienst soll bei der Verkupplung helfen 

Getragene Rückennummern, höchste Niederlagen und sogar ein Gerüchtearchiv: Über Profifussballer gibt es in öffentlichen Datenbanken mehr Details als nötig. Je tiefer jedoch die Ligen, desto schwieriger wird es, genaue Daten über die Spieler zu erhalten. Dem wollen drei Amateurfussballer entgegenwirken. Deshalb haben sie die Plattform «Simpletransfer» gegründet.

400 Spieler und 52 Klubs aus 13 Regionalverbänden haben sich bereits angemeldet. Die Bilanz nach fast einem Jahr kann sich sehen lassen. Der 21-jährige Fabio Richner ist aber noch lange nicht zufrieden. Gemeinsam hat er mit Mitgründer Pascal Nützi (22) Ende Oktober den Job im kaufmännischen Bereich gekündigt. «Wir sind nicht richtig vorwärts gekommen. Nun haben wir endlich Zeit, um Spiele zu besuchen und neue Fussballer anzuwerben. Auch per Social Media sind wir da sehr aktiv.»

Wenn ein Trainer in den unteren Ligen einen gewissen Spielertyp sucht, ist er auf ein gutes Netzwerk angewiesen. 

Der Aufwand lohnt sich. Alleine in den letzten zwei Wochen hätten sich 100 neue Spieler angemeldet, betont Richner, der nebenbei noch Sportmanagement in Chur studiert.

Keine Frage, Richner und Nützi sind vom Projekt überzeugt. Die beiden Spieler vom FC Rothrist kamen während einer gemeinsamen Mittagspause auf die Idee für diese Plattform: «Ich suchte einen neuen Klub und wusste nicht, was ich machen sollte. Es gab wenig Möglichkeiten, entweder man hatte Kontakte oder man musste auf gut Glück herumtelefonieren. So entstand die Idee, dass wir mit einer Plattform die Suche zwischen Spielern und Vereinen vereinfachen.»

«Simpletransfer» wird zur Social-Media-Plattform

Inzwischen sind zwei Jahre vergangen. Mit Noel Oliveira (21) ist bei der Umsetzung ein Informatiker zum Duo dazugestossen. «Wir kannten Noel bereits, er hat mit mir beim SC Zofingen gespielt und ist im selben Alter. Für uns war das sehr wichtig, dass wir jemanden mit seinen Kenntnissen im Team haben, sonst wäre die Umsetzung wohl sehr teuer geworden.»

Amateurfussballer sollen bei «Simpletransfer» künftig ihre Skills präsentieren. 

«Simpletransfer» hat in den vergangenen Tagen die Optik seiner Plattform angepasst. Nun gleicht die Seite einer Social-Media-Plattform. Ein wichtiger Schritt für die Gründer: «Wir wollen nicht einfach eine langweilige Datenbank sein, sondern auch eine Community aufbauen, damit die Plattform lebt. Für die Spieler gibt es künftig verschiedene Funktionen, damit sie ihre Skills der Öffentlichkeit präsentieren können.»

Um die Kommunikation zwischen den Spielern und den Vereinen zu vereinfachen, folgt demnächst auch ein «Ich-bin-interessiert-Button». Dieser löst dann bei der jeweiligen Partei eine automatisierte Nachricht aus. «Ein bisschen wie Tinder, wir probieren die Kontaktaufnahme zu vereinfachen», sagt Richner schmunzelnd.

Ab 2022 müssen die Vereine bezahlen

Dass «Simpletransfer» auch für wechselfreudige Spieler eine Hilfe sein kann, um möglichst lukrative Spesen- und Torprämien abzustauben, ist sich Richner durchaus bewusst. «Gerade bei uns in der 2. Liga inter ist es ja üblich, dass die Spieler teilweise gutes Geld verdienen. Möglicherweise werden wir auch noch eine Funktion einbauen, bei der man das gewünschte Gehalt bei den Vereinen deponieren kann.»

Auch Amateurfussballer, die gerade zufrieden bei ihrem Verein sind, möchte das «Simpletransfer»-Trio von ihrer Plattform überzeugen. 

Ziel ist es aber nicht nur, Spieler auf der Suche zu unterstützen, sondern eine Plattform für den gesamten Amateurfussball zu kreieren. «Auch Spieler, die gerade zufrieden sind, sollen sich bei uns anmelden. Wir vermitteln beispielsweise auch lukrative Angebote von Premiumpartnern. Etwa von einem spezialisierten Physio oder einem Ausrüster.» Aktuell fokussiert sich das Trio auf die Spieler, dass die Plattform jedoch künftig auch noch auf die Funktionärssuche optimiert wird, sei durchaus vorstellbar, sagt Richner.

Viele Ideen, viel Arbeit und bald soll dafür auch ein angemessener Ertrag erfolgen: Richner, Nützi und Oliveira sind zuversichtlich, dass das Geschäftsmodell bald rentieren wird. Inzwischen konnten sie schon acht Premium Partner von ihrem Projekt überzeugen, sonstige Werbung schalten sie dagegen noch keine auf der Seite.

Richner, Oliveira und Nützi wollen im kommenden Jahr so richtig durchstarten. 

Das Potenzial dafür wäre aber auf jeden Fall da. Rund 30’000 Besucher schauten sich in diesem Jahr die Plattform an. Tendenz steigend. Allerdings hat ihre Zurückhaltung System: «Wir sind da momentan noch vorsichtig. Viel Werbung kann schnell abschreckend wirken», betont Richner.

In Planung ist hingegen ein anderes Modell, das schon bald Geld einbringen könnte. Im nächsten Jahr soll es ein Abo für die Vereine geben: «Nach einem Testmonat müssen die Klubs bezahlen. Sie haben den grössten Nutzen von unserem Dienst. Ein Spieler kann einen Verein jederzeit kontaktieren, sucht jedoch ein Trainer einen Fussballer mit spezifischen Eigenschaften, dann braucht er entweder gute Kontakte oder unsere Plattform», sagt Fabio Richner.