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Eine Gemeinde im Spagat: Das Dorfbild erhalten, aber notwendiges Neues zulassen

Ammerswil vollführt einen Spagat. Auf der einen Seite hat es im Dorf nicht mehr viele Baulandreserven und einen ländlichen Charakter, den man erhalten möchte. Auf der anderen Seite wird Wohnraum für ältere Menschen benötigt, ausserdem möchte der Gemeinderat Solaranlagen fördern.

Alle diese Faktoren finden sich in der neuen Bau- und Nutzungsordnung (BNO) wieder. Sie liegt ein erstes Mal bis am 15. Dezember auf und das Volk kann sich dazu äussern. Der Gemeinderat werde die Anregungen prüfen, sagt der Zuständige Arthur Immer, und darüber entscheiden. Die Abwägung wird in einem Mitwirkungsbericht festgehalten. Auch der Kanton prüft die Vorlage und kann Vorbehalte äussern, die möglicherweise zu Änderungen am Entwurf führen. Das letzte Wort wird das Volk an einer Gemeindeversammlung haben.

Bonus für zusätzliche Einliegerwohnungen

Im Jahr 2031 werden voraussichtlich 750 Personen in Ammerswil leben. Bis dahin wird sich der Anteil der über 65-Jährigen auf 190 verdoppelt haben.

«Der demografischen Entwicklung tragen wir Rechnung, indem wir einen Bonus von 0.05 bei der Ausnützungsziffer gewähren, wenn jemand eine Einliegerwohnung baut», sagt Immer. Die Ausnützungsziffer definiert, wie gross der Wohnraum auf einem Grundstück sein darf. In der Einfamilienhauszone von Ammerswil beispielsweise beträgt sie 0.35. Baut jemand auf einem 1000 Quadratmeter grossen Grundstück, darf er darauf ein Haus mit maximal 350 Quadratmetern Wohnfläche bauen. Oder eben 400 Quadratmeter, wenn eine zusätzliche Einliegerwohnung gebaut wird. Allerdings muss die Wohnung hindernisfrei sein, einen separaten Zugang haben und den gesetzlichen Anforderungen für behindertengerechtes Bauen entsprechen.

Heisses Thema: Solaranlagen in der Dorfzone

«Der Gemeinderat ist sehr für den Bau von Solaranlagen und möchte das wo immer möglich unterstützen», sagt Immer. Aber: Gerade diesen Vorhaben kommen baurechtliche Bestimmungen manchmal in die Quere. «Die Kirche und das Pfarrhaus stehen zum Beispiel unter kantonalem Denkmalschutz», erklärt der Gemeinderat. «In einem gewissen Perimeter darum herum wird sogar vorgeschrieben, welche Farbe die Ziegel auf den Dächern haben dürfen.» Von Solaranlagen ganz zu schweigen. Generell sei es anspruchsvoll, Solaranlagen in das Dorfbild einzupassen. In der BNO heisst es deshalb für die Dorfzonen: «Solaranlagen sind sorgfältig in die Dachlandschaft einzupassen.» In den übrigen Bauzonen hingegen sind Solaranlagen baubewilligungsfrei.

Allzu viel geändert, gerade was die Zonen angeht, habe die Planungskommission in der neuen BNO nicht. «Grundsätzlich gilt, dass wir ein ländliches Dorf bleiben wollen», sagt Immer.

Mehr schützenswerte Objekte

Allerdings wurden neue schützenswerte Objekte in das Bauinventar aufgenommen. Unter anderem die kleinste der vier Glocken der Pfarrkirche. Sie wurde 1499 angefertigt, 1948 ersetzt und steht seither auf dem Kirchhof.

Die kleinste der vier Glocken der Pfarrkirche gilt neu als schützenswert.

Ebenfalls neu im Inventar ist ein Haus, in dem «Pfuri» von der international bekannten Blues/Folk-Band «Pfuri, Gorps & Kniri», die mit Alltagsgegenständen musizierte, gelebt und Bandproben abgehalten hat. Zum Haus, das im 18. oder gar 17. Jahrhundert gebaut worden sein muss, heisst es denn im Inventar auch: «An seiner zentralen Lage südlich des Dorfplatzes tritt der markante Baukörper prominent in Erscheinung, weshalb er von hoher Bedeutung für das Ortsbild ist. Als Wohnhaus des international bekannten Musikers ‹Pfuri› (Roland Baldenweg) kommt ihm auch ein historischer Wert zu.»

Es sei möglich, dass Einwohnerinnen und Einwohner gegen die Unterschutzstellung intervenieren, sagt Immer. «Sie werden es als Auflage empfinden, was es ja auch ist», sagt er. Allerdings liege die Entscheidungsgewalt bei Umbauprojekten immer noch beim Gemeinderat, der die fachliche Beratung gewährleistet und der im Rahmen der geltenden Schutzbestimmungen und der geltenden Bauvorschriften handelt, es muss keine weitere Stelle hinzugezogen werden.