Ansteckungen in der Schule: Zahl der Infektionen hat sich im Januar im Aargau mehr als verdoppelt

Mehr als 800 Personen schickte das Contact-Tracing-Center des Kantons letzte Woche an der Schule Mellingen-Wohlenschwil in Quarantäne: 709 Kinder, 70 Lehrpersonen und weitere Erwachsene, die zum Beispiel Aufgabenhilfe erteilten. Zuvor hatten sich sieben Schüler angesteckt, bei vier von ihnen wurde eine mutierte Virusvariante festgestellt. Deshalb ordnete die Kantonsärztin einen Test für alle Primarschüler, Kindergärtler und Lehrpersonen an, der am Freitag stattfand.

Inzwischen liegen die Resultate dieses ersten Massentests im Aargau vor, wie das Gesundheitsdepartement auf Anfrage der AZ mitteilt. Demnach wurden in Mellingen insgesamt rund 780 Tests durchgeführt. «Rund 30 Personen waren mit Covid-19 infiziert, rund 10 Personen mit Mutationen – bisher alles Schülerinnen und Schüler», hält Sprecherin Maria Gares fest.

Massentest in Mellingen: 4 Prozent der Schüler positiv

Damit ergibt sich für diesen Test eine Positivitätrate von knapp 4 Prozent – oder anders gesagt: Jeder 25. Schüler in Mellingen war mit Covid-19 infiziert. Die rund 30 Fälle beim Schultest flossen auch in die kantonale Statistik der Ansteckungsorte ein.

Gemäss den aktuellsten Daten des Kantons wurden bis und mit Mittwoch insgesamt 327 Ansteckungen mit dem Coronavirus in Schulen festgestellt. Bei insgesamt 31’000 bestätigten Covid-Infektionen im Aargau machen diese Fälle nur gut 1 Prozent aller Infektionen aus.

Trotzdem fällt auf, dass die Übertragungen an Schulen seit Jahresbeginn markant zugenommen haben. Noch am 4. Januar, als die Schule nach den Weihnachtsferien wieder begann, waren es erst 149 Fälle. Seither hat sich die Zahl auf die oben erwähnten 324 mehr als verdoppelt.

Am meisten Ansteckungen in Schulen wurden am 25. Januar mit 25 Fällen registriert – für diesen Montag meldete der Kanton 20 neue Fälle an den Schulen. Bei einem Total von 66 neuen Infektionen lag der Anteil der Übertragungen in Schulen am Montag demnach bei 30 Prozent.

Erklärung für mehr Schulinfektionen: Mutation, mehr Tests, weniger Fälle

Angesichts dieser Entwicklung scheint es naheliegend, dass der Kanton versucht, mit Massentests nach den Sportferien die weitere Ausbreitung des Virus an Schulen zu bremsen und Schulschliessungen zu verhindern. Doch wie sind die steigenden Infektionszahlen mit Ansteckungsort in der Schule zu interpretieren? «Es ist noch nicht abschliessend klar, ob vermehrt Ansteckungen in Schulen gegenüber der zweiten Welle zu beobachten sind», hält Kantonsärztin Yvonne Hummel dazu fest.

Offen sei auch, welche Rolle die Mutationen des Coronavirus dabei spielen – davon sind bisher 269 Fälle im Aargau bestätigt. In den letzten Tagen ist die Zahl der nachgewiesenen Mutationen allerdings gesunken, am Montag wurden zwei Fälle registriert, am Dienstag waren es vier.

Hummel hält es auch für denkbar, dass die Ansteckungen in Schulen wegen der tieferen Fallzahlen mehr Beachtung finden oder durch mehr Tests auch mehr Fälle an Schulen entdeckt werden. Eine Zuordnung in die Kategorie Schule werde allerdings nur vorgenommen, wenn das Contact-Tracing-Center aufgrund der Abklärungen eine infizierte Person relativ sicher diesem Ansteckungsort zuordnen könne.

Contact-Tracing erfasst Verteilung auf Lehrer und Schüler nicht

Bei mehr als die Hälfte aller Covid-Infektionen, in insgesamt gut 15’000 Fällen, ist der Ansteckungsort unklar. Genau lässt sich also nicht ermitteln, wie viele Infektionen tatsächlich im Kindergarten oder im Klassenzimmer erfolgten. Im Fall von Mellingen gingen Schulpflege und Schulleitung davon aus, dass praktisch alle Ansteckungen mit dem mutierten Virus privat erfolgten und es kaum Übertragungen in der Schule gegeben habe.

Das Contact-Tracing-Center führte keine Statistik darüber, wie sich die Ansteckungen in der Schule auf Lehrpersonen und Schüler verteilen. «Bei Ausbrüchen werden keine Unterkategorien nach Personengruppen geführt, sondern Infektionsketten mit Tests und Quarantänemassnahmen wenn möglich unterbrochen», hält Hummel fest. Zudem würden die Zahlen nicht nach Schulstufen aufgeschlüsselt, weil dies für die Ausbruchsabklärungen nicht relevant sei.

Massentests sind bei Maskenpflicht meist nicht nötig

Dass bei einem Ausbruch an einer Schule fast 800 Personen zum Test geschickt werden, wie letzte Woche in Mellingen, ist relativ selten. Grund für die grosse Zahl war die Tatsache, dass eine Primarschule und ein Kindergarten betroffen waren. Dort gilt bislang keine Maskenpflicht, die Übertragung des Virus ist also einfacher möglich als in höheren Schulstufen. 

Auch in Turgi war Ende Januar eine Primarschule betroffen, die eine Woche vor Ferienbeginn geschlossen wurde. Kurz danach hatte Kathrin Scholl, die Präsidentin des Aargauischen Lehrerverbandes, eine Maskenpflicht ab der 4. oder 5. Klasse gefordert. «Es ist natürlich unangenehm, den ganzen Tag eine Maske zu tragen. Aber es ist auch für Kinder zumutbar», sagte Scholl damals. «Wenn eine Maskenpflicht besteht, sind weniger Testaufforderungen nötig und die Quarantänemassnahmen sind fokussierter möglich», erklärt Kantonsärztin Hummel dazu.

Zumindest für die Kinder in der 5. und 6. Klasse hat sich diese Frage inzwischen geklärt: Ab 22. Februar müssen auch sie in der Schule eine Maske tragen, wie das Bildungsdepartement am Donnerstag mitgeteilt hat.

In den nächsten Tagen dürfte es – abgesehen von möglichen Nachmeldungen – im Übrigen kaum Fälle von Ansteckungen an Schulen geben: Die Sekundarstufe 2 ist im Fernunterricht, zudem sind in den meisten Regionen des Kantons derzeit Sportferien. Wenn die Kinder und Jugendlichen in die Schulhäuser zurückkehren, sollen die ersten freiwilligen Massentests in rund 100 Klassen beginnen.