
Asyl-Sparankündigung wirft Fragen auf
Die Ankündigung des Kantons hat für Wirbel und mehrere Vorstösse gesorgt: Unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA) sollen künftig nicht mehr oder zumindest seltener bei Pflegefamilien untergebracht werden. Davon erhofft sich der Regierungsrat 900000 Franken Einsparungen allein in diesem Jahr. Dies sei möglich, indem die Jugendlichen nur noch in Ausnahmefällen bei Pflegefamilien platziert werden. Aktuell sind 27 junge Flüchtlinge so untergebracht. Dies geht aus der Antwort auf eine Interpellation der SP, EVP und BDP hervor. Darin sind auch die Kosten für die unterschiedlichen Unterbringungsarten aufgelistet: 3500 bis 4000 Franken in einer Unterkunft, 5250 Franken in einer Pflegefamilie.
Über die Rechnung der Regierung ge- ärgert hat sich unter anderem der Aarauer Gérald Erne, ehemaliger langjähriger Stiftungsleiter der Zentren Körperbehinderte Aargau (Zeka). «Und dies soll nachvollziehbar sein?», schrieb er über seinen Beitrag. Der behauptete Spareffekt von 900000 Franken sei unbegreiflich. Die Ersparnis könne höchstens halb so gross sein, weil nur die Differenz zwischen den beiden Unterbringungsarten eingerechnet werden dürfe und dieser betrage 1250 bzw. 1750 Franken. Erne schreibt: «Erklä- rungsbedarf ist gegeben.»
15 Plätze bei Familien weniger
Aus der regierungsrätlichen Antwort auf die Interpellation lässt sich nicht erschliessen, wie sich diese Zahl zusammensetzt. Eine Nachfrage beim Departement für Gesundheit und Soziales soll Klarheit bringen. «Der Kantonale Sozialdienst geht davon aus, dass aufgrund der tiefen Zuweisungszahlen und der optimierten Unterbringung im Jahr 2017 15 Platzierungen von UMA in Pflegefamilien wegfallen», sagt Pia Maria Brugger, Leiterin Unterabteilung Asyl beim Kantonalen Sozialdienst. Pro Jugendlichen, der nicht bei einer Pflegefamilie platziert wird, könnten monatlich rund 5000 Franken eingespart werden, was pro Jahr 60000 Franken ausmache – multipliziert mit 15 ergibt das die 900000 Franken.
Doch wieso rechnet man beim Kanton nicht mit der Differenz zwischen den Kosten für die Unterbringung in Unterkünften und jenen bei Privaten? Dadurch würde sich das Sparpotenzial auf einen Schlag massiv verkleinern. Pia Maria Brugger argumentiert mit den freien Plätzen in den kantonalen Unterkünften. «Diese können nun wieder besser ausgelastet werden, ohne dass die Fixkosten für Miete und Personal dadurch steigen.» Aus diesem Grund spare der Kanton zurzeit den vollen Betrag – das könne sich aber wieder ändern, sobald mehr jugendliche Asylsuchende dem Aargau zugewiesen werden und die Zahl der Plätze nicht mehr ausreicht.
«Entscheid wird sich rächen»
Gérald Erne vermag diese Erklärung nicht zu überzeugen: Das Sparpotenzial hält er für deutlich geringer, als vom Kanton vorgerechnet. Und längerfristig werde sich der Entscheid, nur noch in Ausnahmefällen auf Pflegefamilien zu setzen, ohnehin rächen. «Eine gescheiterte Integration verursacht deutlich höhere Kosten.» Für Erne, der selbst junge Asylsuchende auf dem Weg in den Arbeitsmarkt unterstützt, steht fest: Die Jugendlichen können in Pflegefamilien deutlich besser betreut werden als in Unterkünften.