Ausgang im Aargau: Haben die Beteiligten aus der Kritik an den Partyexzessen gelernt?

Seit dem 11. Mai dürfen Bars und Restaurants zwar wieder Kunden bedienen, aber nur unter der Bedingung, dass sie die Vorgaben des Bundesamtes für Gesundheit einhalten: maximal vier Personen an einem Tisch, dazwischen Abstände von zwei Metern oder Trennwände. Desinfizieren der Tische und Stühle bei jedem Tischwechsel. Stehplätze verboten.

In Aarau und Basel zeigte sich letztes Wochenende, wie schwierig es sein kann, Konzepte wie diese in der Praxis umzusetzen. Vor allem dann, wenn schönes Wetter, ausgangsdeprivierte Menschen, Alkohol und Infektionsschutzmassnahmen zusammentreffen. Bilder vom «Platzhirsch» in Aarau und der Steinenvorstadt in Basel zeigen dichtes Gedränge; die Polizei musste mehrfach ausrücken, sprach Verwarnungen aus und verteilte Bussen.
 
Wo hört die Beiz auf und wo beginnt der öffentliche Raum?
Auch in Baden hatten sich die Menschen letztes Wochenende nach Ausgang gesehnt. Dreimal hatte Nicole Brack, die Inhaberin der «Walter»-Bar in der Weiten Gasse, die Polizei da. Die Tische, an denen am Mittwochabend vor Auffahrt jeweils zwei bis vier Personen sitzen, verteilen sich bis weit um die Bar herum. «Um die geforderten Abstände zwischen den Tischen zu gewähren, zeigte sich die Stadt Baden freundlicherweise so kulant, den Bereich für die Aussenbestuhlung zu vergrössern», sagt Nicole Brack.
 
«Das Problem letztes Wochenende war, dass Aussenwirtschaft und öffentlicher Raum ineinanderfliessen. Menschen kamen und bestellten ihre Drinks in Bechern zum Mitnehmen, um uns zu unterstützen, blieben dann aber auf der Gasse und bei anderen Tischen stehen», erzählt die Gastronomin. In solchen Situationen sprach Nicole Brack ihre Kunden dann freundlich aber direkt an. «Aber im Grunde staune ich, wie gut sich die Menschen an die neuen Spielregeln halten.» Tatsächlich: Am Mittwochabend um neun Uhr sitzen die Menschen in gebührendem Abstand nebeneinander.
 
Doch nicht alle Gastronomen sind gleich optimistisch wie Nicole Brack. Auf der gegenüberliegenden Seite bleibt es hinter dem Löwenbrunnen ungewohnt still. Das Pub Mr. PickWick ist dunkel. Im Eingang hängt ein Zettel, auf dem die irische Kette ihre Entscheidung kundtut, in diesen Zeiten nicht wieder zu öffnen – zum Schutz der Gäste und des Personals. Wann und ob das Lokal wieder öffnen wird, ist noch nicht kommuniziert.
 
Weniger Platz für Gäste und Plexiglaswände im «Isebähnli»
Für René Bieri und Jean-Michel Vionnet vom Restaurant «Isebähnli» war hingegen schnell klar, dass sie am 11. Mai wieder öffnen würden. Kunden wie Personal hatten darauf gewartet, wieder im «Isebähnli» einkehren zu können, erzählt Bieri.
 
 
Die Gartenwirtschaft im Hinterhof ist an diesem Abend gut besucht. Dort wo die zwei Meter Abstand wegen des beschränkten Platzes nicht eingehalten werden konnten, trennen Plexiglaswände die Tischnachbarn. Im Lokal sitzen zu später Abendstunde keine Gäste mehr. Die Trennwände zwischen den Tischen sind ungewohnt. Immerhin thronen sie passend zum Look des «Isebähnlis» auf Holzweinkistchen und lassen sich je nach Besuch flexibel verschieben. Trotzdem büsse das Lokal derzeit einen Drittel der Plätze ein, sagt René Bieri. Und da Bankette und grössere Gesellschaften bis auf weiteres abgesagt werden mussten, sind viele Mitarbeiter nach wie vor in Kurzarbeit angestellt.
 
«Es ist befreiend, wieder Freunde zu treffen»
Zurück auf der Strasse füllt sich der Schlossbergplatz vor dem «Times» mit jungen Leuten. Sie begrüssen sich mit der Faust und hier und da ist – unerlaubterweise – ein fünfter Stuhl zu einem Tisch gerückt. Die Stimmung ist fröhlich bis ausgelassen. Die Polizei liess sich noch nicht blicken, dafür ist die Situation offenbar noch übersichtlich genug und das Verhalten der Behörden angemessen-zurückhaltend.
 
Auf der Bank vor dem «Times» trifft sich Patrick Frei das erste Mal seit Beginn des Lockdowns wieder mit seiner Kollegin auf einen Drink. «Ja», sagt er, «wenn man ehrlich ist, verändert der Alkoholpegel schon, wie man Freunden begegnet und wie sehr man Abstände einhaltet. Aber es ist einfach auch befreiend, wieder Freunde zu treffen und etwas trinken gehen zu können.»