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Hund nicht an die Leine genommen: Streit bei den Telli-Blöcken landet vor Gericht

Hund nicht an die Leine genommen: Streit bei den Telli-Blöcken landet vor Gericht

Die Familie eines Zwölfjährigen bestand schon lange darauf, dass eine 53-Jährige ihren Hund an der Leine führt. Als der Junge sie mit dem Handy filmt, verliert sie die Geduld. Der Quartierstreit aus der Telli musste nun vom Bezirksgericht behandelt werden.

Daniel Vizentini

Bei den Telli-Blöcken in Aarau gilt offenbar Leinenpflicht.

Es dürfte alles andere als alltäglich sein, dass ein Zwölfjähriger vor Bezirksgericht als Kläger erscheint. Doch die Reaktion der über 50-jährigen Hundehalterin Ursula (alle Namen geändert) wollten Dalibor und vor allem seine Familie nicht auf sich sitzen lassen.

Beide Parteien kannten sich bereits von mindestens einem früheren Vorfall: Damals soll Ursulas Hund den jungen Dalibor gebissen haben, wie dessen Mutter am Gericht darlegte. «Wir waren im Spital, alles ist dokumentiert.» Laut ihr soll sich dies vor etwa zwei oder drei Jahren ereignet haben. Die Gegenseite aber sagte, der Hund sei vor neun Jahren mal auf Dalibor zu gerannt, wollte aber nur mit dem Kind spielen.

«Mein Hund beisst sicher nicht», hielt die angeklagte Ursula fest. Noch im Wartesaal sagte ihre Begleitung, dass der Bub eher frech und kein Unschuldslamm sei.

Er nahm sie mit dem Handy auf, dann verlor sie die Geduld

Vor Gericht antraben musste Ursula aber wegen eines Vorfalls vom letzten April: Mit ihrem Hund war sie bei den Telli-Blöcken unterwegs, wo sie manchmal Kataloge austrägt. Dort gilt offenbar Leinenpflicht, die entsprechenden Schilder seien aber laut Anklage wegen der aktuellen Baustelle zum Teil abmontiert worden.

Ursula hatte den Hund nicht an der Leine, wie sie einräumte. Dalibor, der auf dem Weg von der Schule nach Hause war, machte Ursula vor der Eingangstüre zu seinem Block darauf aufmerksam. Dann nahm er sein Handy hervor und begann, sie und den frei laufenden Hund zu filmen. Man habe ihm gesagt, wenn er den Hund das nächste Mal ohne Leine sähe, solle er die Situation aufzeichnen. «Um Beweise fürs Tieramt zu sammeln oder so», sagte er mit einer gewissen kindlichen Unschuld vor Gericht.

Dass sie mit dem Handy aufgenommen wurde, passte Ursula aber gar nicht: Hastig versuchte sie, nach dem Handy zu greifen. Dabei soll sie Dalibors Hand leicht getroffen haben. Dann lief sie mit dem Hund davon und zeigte ihm den Mittelfinger. Dies bestätigte sie auch vor Gericht, verneinte aber, seine Hand berührt zu haben.

Streit um die Leinenpflicht hätte sie fast 2000 Franken gekostet

«Mir scheint dies ein Fall zu sein, der nicht unbedingt vor Gericht kommen sollte», sagte Gerichtspräsidentin Bettina Keller. Beide Seiten zeigten sich darauf bereit, miteinander einen Konsens zu finden. An der anschliessenden Vergleichsverhandlung wurde dann gerichtlich festgehalten, dass Ursula ihren Hund bei den Telli-Blöcken künftig an der Leine zu führen hat. Dafür sah die Familie von einer finanziellen Abfindung ab, auch wenn Dalibors Mutter der Gerichtspräsidentin zuvor dezidiert dargelegt hatte: «Es geht auch um die Ehre unserer Familie.»

Ursula, die nicht in den Telli-Blöcken aber in der Nachbarschaft wohnt, muss nun immerhin nichts zahlen. 600 Franken bedingte Geldstrafe plus 300 Franken Busse und Gebühren von fast 1000 Franken hatte die Staatsanwaltschaft ursprünglich beantragt. Ursula arbeitet unregelmässig und verdient nach eigenen Angaben je nach Auftragsmenge 300 bis 500 Franken im Monat. Ihr Mann arbeitet Vollzeit im Handwerksbereich. Nun übernimmt der Staat die Gerichtskosten.