Sie sind hier: Home > Aargau > Staatsangestellte im Aargau: In Eglis Innendepartement steigt die Zahl am stärksten – Kantonsverwaltung schweizweit die günstigste

Staatsangestellte im Aargau: In Eglis Innendepartement steigt die Zahl am stärksten – Kantonsverwaltung schweizweit die günstigste

«Der Bund beschäftigt jetzt über 40’000 Beamte», titelte diese Zeitung kürzlich. Demnach stiegen die Vollzeitstellen pro Departement in Bern seit dem Jahr 2012 bis Ende 2020 zwischen 3 (Wirtschaftsdepartement) und 34 Prozent (Aussendepartement). Wiederholt sei die SVP mit Anträgen für eine schlankere Verwaltung gescheitert, hiess es im Artikel weiter.

Da stellt sich natürlich die Frage, wie sich die Zahl der Kantonsangestellten entwickelt hat. Sie ist jetzt sogar besonders aktuell, weil der Grosse Rat heute Dienstag das Budget des Kantons für das Jahr 2022 behandelt. Dazu gehört jeweils auch die Diskussion über zusätzliche Stellen. Die Regierung beantragt unter dem Strich 52 Stellen mehr. 14 davon sind für Stellenerhöhungen bei Jugend- und Staatsanwaltschaft gedacht, 9,9 Stellen werden als Mehrbedarf im Straf- und Massnahmenvollzug ausgewiesen. Hinzu kommen zehn vorübergehende Projektstellen, um die Betrugsfälle im Zusammenhang mit Covid zu bearbeiten.

Anstieg bei ordentlichen Stellen seit 2012 um 1,4 Prozent

Sollte der Grosse Rat die beantragten Erhöhungen gutheissen, würde der Kanton per 2022 insgesamt 3876,4 Vollzeitstellen aufweisen. Der Anstieg seit 2012 (3821,8 Stellen, vergleiche Tabelle) ist sehr bescheiden. Er beträgt 54,6 ordentliche Stellen oder 1,4 Prozent mehr (vgl. Tabelle). Zum Vergleich: Die Bevölkerung wuchs im selben Zeitraum um über 13 Prozent. Beim Kanton kommen dazu allerdings noch 621,4 fremdfinanzierte Stellen (404,3 im Jahr 2012), sowie 136,6 Projektstellen (170,6 im Jahr 2012).

Relevant im Vergleich sind die ordentlichen Stellen. Das sind dauerhafte, unbefristete Stellen. Projektstellen sind befristet, Sie werden automatisch nach Projektende wieder abgebaut. Fremdfinanzierte Stellen führen zudem zu keiner Mehrbelastung des Finanzhaushalts. Diese Stellen übernehmen auf der Basis von Leistungsvereinbarungen Aufgaben vom Bund, den Gemeinden, anderen Kantonen oder Privaten, die entsprechend abgegolten werden.

SVP: Und was ist mit Stellenauslagerungen?

SVP-Grossrat und Finanzpolitiker Markus Lüthy kritisiert allerdings, man müsse auch die Arbeiten betrachten, die der Kanton in den letzten Jahren ausgelagert hat. Yvonne Kaufmann, stellvertretende Generalsekretärin im Departement Finanzen und Ressourcen, verweist darauf, dass die Stellenentwicklung durch verschiedenste Faktoren wie Internationalisierung, Auslagerung, Aufgabenverschiebungen, neue Gesetze auf kantonaler oder nationaler Ebene sowie von Aufträgen des Parlaments beeinflusst werde und es sich bei den Angaben um Nettoveränderungen handle. «In den verschiedenen Sanierungsrunden und durch Effizienzsteigerungen wurden auch Stellen abgebaut bzw. das Stellenwachstum stark begrenzt. Seit 2012 ist die Anzahl ordentliche Stellen pro 1000 Einwohner von 6,1 auf 5,4 gesunken», so Kaufmann weiter.

Diverse Digitalisierungsvorhaben hätten dazu beigetragen, das Mengenwachstum durch die zunehmende Einwohnerzahl aufzufangen. Beispiele für Auslagerungen, die im Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) zu Stellenreduktionen führten, sind die Verselbstständigung zweier Stiftungen (–77 Stellen) und die Überführung des Schulheims Stift Olsberg in die Stiftung Kinderheim Brugg (–15 Stellen).

85 Polizistinnen und Polizisten mehr aufgrund eines gesetzlichen Auftrags

Zusätzliche ordentliche Stellen sind zum grössten Teil auf die Umsetzung von neuem Bundesrecht und von kantonalem Recht sowie von Beschlüssen des Grossen Rats und entsprechende neue oder erweiterte Aufgaben zurückzuführen. Das betrifft allem voran die Erhöhung der Polizeidichte (+85 Stellen). Diese ist auf eine vom Volk an der Urne gutgeheissene Bestimmung zurückzuführen, der zu Folge pro 700 Einwohnerinnen und Einwohner eine Polizistin oder ein Polizist bereitstehen muss. Das ist die wichtigste Erklärung für den starken Stellenzuwachs im Volkswirtschaftsdepartement.

Insgesamt 30 Stellen mehr fürs erweiterte Zentralgefängnis

Beim Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI) wurden vom Grossen Rat auch Stellen bewilligt für die Intensivierung der Strafverfolgung im Bereich Cybercrime und Menschenhandel (+5 Stellen) sowie die Schaffung und Erweiterung des Zentralgefängnisses (+30 Stellen).

Aufgrund der technologischen Entwicklungen, der Zentralisierung der Serverstandorte und der Digitalisierung wurden zudem im Bereich Informatik 26 Stellen beim Departement Finanzen und Ressourcen (DFR) geschaffen. Weitere Stellenanpassungen resultierten aus organisatorischen Änderungen, so Yvonne Kaufmann. Beispielsweise wurden im Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg (DFR) im Zuge einer Neuorganisation bisher als Lehrpersonen im BKS geführte Mitarbeitende neu zu den ordentlichen Stellen (+26 Stellen) beim DFR verschoben.

Wie erklärt sich der Lohnzuwachs von 92 Millionen Franken?

Markus Lüthy von der SVP kritisiert aber auch den Lohnzuwachs von 93 Millionen Franken (vgl. wiederum Artikel unten), den das Budget 2022 vorsieht. Klar sei dieser bedingt durch das neue Lehrerlohndekret, aber einfach zu hoch, gerade in Coronazeiten. Hauptgrund für den Lohnzuwachs sei die Revision des Lohnsystems der Lehrpersonen sowie der Schulleiter Volksschule in der Höhe von 59,8 Millionen Franken, bestätigt dazu Yvonne Kaufmann. Das habe der Grosse Rat beschlossen und das wird im Budget entsprechend abgebildet.

Für das kantonale Personal beantragt der Regierungsrat eine Erhöhung der Löhne um durchschnittlich 0,5 Prozent. Diese Mittel würden beim kantonalen Personal «ausschliesslich für die Sicherstellung der Lohnsystempflege eingesetzt», so Kaufmann. Die durchschnittlich 0,5 Prozent würden benötigt, um die gemäss Dekret vorgesehene Lohnentwicklung bzw. Systempflege vorzunehmen zu können. Diese Lohnentwicklung erfolge nur mit einer guten Qualifikation.

Aargau beim Aufwand im interkantonalen Vergleich am zurückhaltendsten

Einen wichtigen Hinweis, wie ausgabefreudig ein Kanton ist, gibt ein von der Eidgenössischen Finanzverwaltung regelmässig aktualisierter Vergleich (vgl. Grafik). Er bezieht sich auf das Jahr 2019 und gilt für die Kantone und ihre Gemeinden. Sie zeigt, dass die Aufwände des Kantons Aargau und seiner Gemeinden (wie schon in den Vorjahren) im Vergleich zu allen anderen Kantonen am tiefsten waren.

Der Pro-Kopf-Aufwand des Kantons Aargau und seiner Gemeinden betrug 2019 10’742 Franken (im Jahr davor waren es 10’959 Franken). Das sind, wie die Grafik zeigt, rund 5000 Franken weniger als die durchschnittlichen Pro-Kopf-Aufwände aller Kantone. Doch warum kommt der Aargau mit weniger Geld pro Einwohner aus als beispielsweise Appenzell Innerrhoden? Das liege zum einen an unterschiedlichen strukturellen Rahmenbedingungen, antwortet Yvonne Kaufmann. Zum anderen zeige eine Analyse der Fallkosten – der Kosten pro Bedarfseinheit –, dass der Kanton Aargau diesbezüglich geringere Kosten aufweist als strukturähnliche Kantone. Das deute auf einen «vorsichtigen Umgang mit den Steuergeldern hin».