Corona-Fälle im Aargau: «Ab einer gewissen Obergrenze macht Quarantäne keinen Sinn mehr»

Die Anzahl von Corona-Virus-­Ansteckungen steigt auch im Aargau weiter. Wie der Kanton mitteilt, konnte der Corona-Virus bei vier neuen Personen nachgewiesen werden. Die Zahl der Infizierten steigt somit auf sechs. Bei den vier Infizierten handelt es sich um zwei Männer und zwei Frauen zwischen 30 und 63 Jahren. Die vier Infizierten befinden sich aktuell in den Kantonsspitälern oder werden von diesen betreut.

Krankheitsausbreitung kann unterbunden werden

Von den vier neu bestätigten Corona-Fällen waren zwei Personen bereits in Quarantäne, als sie positiv auf das Virus getestet wurden. «Es handelt sich um enge Kontakte einer bereits infizierten Person», sagt Kantonsärztin Yvonne Hummel. Das zeige, dass die Quarantäne etwas gebracht hat. «Diese Personen haben keine weiteren Personen angesteckt.» Die beiden anderen Personen haben sich auf einer Reise in ein Risikogebiet angesteckt. «Aber auch hier können wir ihre Wege nachvollziehen, das heisst, es liegt eine kontrollierte Infektionskette vor», so Hummel. Dem Vernehmen nach sollen die Ansteckungen im Ausland im Asiatischen Raum passiert sein und nicht wie bei den bisherigen Ansteckungen der Aargauer durch Kontakte nach Norditalien. Der Kantonsärztliche Dienst hat alle Personen, mit denen die Infizierten engen Kontakt hatten, in Quarantäne gesteckt. Mittlerweile sind dies 150 Personen im Aargau, am Montag waren es noch 100. Rund 100 Verdachtsfälle befinden sich in Abklärung.

Wird eine Person in Quarantäne gesteckt, muss sie verschiedene Vorgaben befolgen. Während der Quarantänedauer sollte das Zuhause möglichst nicht verlassen werden. Ausserdem muss sie sich melden, sollten Krankheitssymptome auftreten.

Hält sich jemand nicht an die Massnahmen, kann dies rechtliche Folgen haben, wie Jelena Teuscher, Leiterin Kommunikation Departement Gesundheit und Soziales, erklärt: «Wenn jemand die angeordnete Quarantäne nicht befolgt, kann sie zwangsweise durchgesetzt werden, nötigenfalls mit Hilfe der Polizei.» Widerhandlungen gegen die Anordnung einer Quarantäne werden zudem mit einer Busse bestraft.

Veranstalter, die eine Veranstaltung mit mehr als 150 Personen durchführen wollen, müssen seit Freitag eine Bewilligung vom Kanton haben. Stand Dienstagabend sind beim Kanton 700 Gesuche eingegangen, sieben davon wurden abgelehnt. Sollte jemand ein Event im Aargau ohne erteilte Bewilligung durchführen, können diese laut Teuscher nötigenfalls mit Hilfe der Polizei geräumt und Widerhandlungen mit Busse bestraft werden.

Ab einer gewissen Grenze wird Quarantäne sinnlos

Der Vollzug der Quarantäne erfolgt durch die Kantonsärztin: «Der Kantonsärztliche Dienst ruft bei den sich in Quarantäne befindenden Personen regelmässig an und überprüft auf diese Weise deren Gesundheitszustand. Bei Kenntnis, dass die Quarantäne nicht befolgt wird, ergreift die Kantonsärztin Massnahmen, nötigenfalls mit Hilfe der Polizei», so Teuscher.

Wenn die Ansteckungsfälle weiterhin exponentiell wachsen, muss man die Anordnung von Massnahmen für Kontaktpersonen überdenken: «Ab einer gewissen Obergrenze macht Quarantäne keinen Sinn mehr», sagt Teuscher. «Wir orientieren uns diesbezüglich an den Einschätzungen des Bundesamtes für Gesundheit BAG» Der Kantonsärztliche Dienst beobachte die Entwicklungen im Aargau genau und stehe in engem Kontakt mit dem BAG. Mittlerweile wurde der Kantonsärztliche Dienst personell verstärkt.

Der Kanton hat ein Merkblatt herausgegeben, für alle, die mit einer infizierten Person Kontakt hatten und nun in Quarantäne sind. So sollen sich Betroffene unter anderem alleine in einem Zimmer einrichten und ihre Mahlzeiten nur noch dort einnehmen. Ausserdem sollten Personen in Quarantäne eine Maske tragen, wenn sie Mitbewohner haben und das Zimmer verlassen wollen. Betroffene dürften auch mit einer Maske im Freien spazieren gehen, müssen dabei den Kontakt mit anderen Personen aber vermeiden. Weiter sollen Menschen in Quarantäne zwei Mal pro Tag Fieber messen. Diese Vorgaben gelten auch für die 44 Spreitenbacher Kindergartenkinder: «Bei sehr kleinen Kindern ist das natürlich schwierig und bedeutet in der Regel, dass noch eine Person mit in Quarantäne geht», sagt Teuscher.

Betroffene, arbeitstätige Eltern stellt dies vor eine Herausforderung. Grundsätzlich werden Eltern, die kranke Kinder zu Hause betreuen, drei Tage lang weiter bezahlt. Müssen sie länger der Arbeit fern bleiben, erhalten sie in der Regel keinen Lohn. Für diesen Fall fordert die Gewerkschaft VPOD nun, dass die Lohnfortzahlungen über die Drei-Tage-Frist hinaus verlängert werden.