
Corona grassiert an Schulen: Aargau zählt mehr als 300 Ansteckungen von Jugendlichen seit Ende der Sommerferien
Seit Mittwoch gilt an den Aargauer Schulen ab der 5. Klasse wieder Maskenpflicht. Der Regierungsrat hat dies am Montag verordnet, weil sich seit Beginn des neuen Schuljahres die Covid-Infektionen an den Schulen häufen. Die aktuellen Zahlen des Kantons zu den Ansteckungsorten belegen diese Aussage: Am 9. August, dem ersten Schultag nach den Sommerferien, lag das Total der Ansteckungen in der Schule seit Pandemiebeginn bei 808 Fällen.
Am letzten Montag lag diese Zahl schon bei 1114 – in den ersten drei Schulwochen haben sich also mehr als 300 Jugendliche in der Schule mit dem Virus angesteckt. Oder anders gesagt: Mehr als ein Viertel aller Ansteckungen in der Schule, die seit Pandemiebeginn im Aargau registriert wurden, haben sich in den letzten drei Wochen ereignet.
Tatsächlich dürfte die Zahl noch deutlich höher liegen, als in der Statistik des Kantons ausgewiesen ist. Schon vor zehn Tagen zeigte sich, dass der Kanton bei der Auswertung der repetitiven Tests an den Schulen im Rückstand ist. Weil deutlich mehr Mischproben positiv waren als erwartet, kam es zu Verzögerungen bei den Nachtests.
Das System funktioniert so: Bei den Massentests erhalten die Schülerinnen und Schüler ein Röhrchen für die Spucktests nach Hause geschickt. Die Speichelprobe bringen sie in die Schule, wo dann bis zu zehn einzelne Proben gemischt und untersucht werden. Wenn eine solche Mischprobe positiv ist, werden die Schüler der betroffenen Klassen einzeln getestet.
Regierungsrat räumt Probleme bei Massentests in Schulen ein
In seiner Mitteilung vom Montag räumte der Regierungsrat ein, dass es «Schwierigkeiten beim repetitiven Testen und der Eruierung der positiven Einzelfälle» gebe. Dies hat SP-Aargau-Präsidentin Gabriela Suter selber erlebt, wie sie auf Twitter schreibt.
Sie postete den Elternbrief einer Schule und fasste die Probleme so zusammen: «Systematisches Testen in den Schulen im Aargau: freiwillig, kantonale Software nicht termingerecht verfügbar, Chaos bei Registrierung. Fünf Kinder pro Klasse nehmen teil.» Eine andere Twitter-Userin berichtete im Kurznachrichtendienst so von ihren Erfahrungen: «Andere Aargauer Schule: Di Test, Mi Sporttag, Do ein Kind positiv. Conti: Kind in Isolation, alle andern fröhlich weiter in die Schule!»
Nur die Kinder, die bei Massentests mitmachen, müssen in Quarantäne
Auch in Villmergen sorgt die Praxis bei den repetitiven Tests für Verwirrung. Marina Liegl hat ihre Tochter für die repetitiven Tests angemeldet, wie «Argoviatoday» berichtet. Nach einem positiven Testergebnis seien die Schüler in Quarantäne geschickt worden – aber nicht alle, wie Liegl gegenüber Tele M1 sagt: «Die Kinder, die sich an diesem Pool freiwillig gemeldet haben, mussten in Quarantäne, bis sie ein Testergebnis haben. Die anderen Schüler konnten nach wie vor in die Schule gehen. Obwohl man gewusst hat, dass ein Kind positiv ist.»
Für die zweifache Mutter ist es unverständlich, warum nur die sechs angemeldeten Kinder in Quarantäne mussten. Aargauer Bildungspolitiker wie Daniel Hölzle (Grüne, selber Schulleiter) und Thomas Leitch (SP, selber Lehrer) kritisieren diese Praxis. Das Gesundheitsdepartement hält gegenüber Tele M1 allgemein fest: «Wenn bei der Nachuntersuchung zwei positive Fälle oder mehr entdeckt werden, dann wird eine Ausbruchsuntersuchung angeordnet. Das heisst, dass dann die gesamte Klasse getestet wird. Positiv Getestete müssen dann in Isolation und Kontaktpersonen (in der Regel die ganze Schulklasse) in Quarantäne.»
SP-Präsidentin fordert Nachbesserung – Kanton hat bei Nachtests aufgeholt
SP-Präsidentin Suter forderte Bildungsdirektor Alex Hürzeler in ihrem Tweet auf, bei den Tests in der Schule nachzubessern – «für die Nerven der Schulleitungen und die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler und Lehrpersonen», wie sie schreibt. Der Regierungsrat teilte am Montag mit, es werde «mit Hochdruck an der Verbesserung der Prozesse beim repetitiven Testen und dem Zusammenspiel mit dem Contact-Tracing gearbeitet». Dringliches Ziel sei es, dass die Nachtestungen der Schüler bei einer positiven Mischprobe zeitnah erfolgen könnten.
Dies ist laut Michel Hassler, Sprecher des Gesundheitsdepartements, inzwischen gewährleistet: «Der Rückstand bei den Nachtestungen beim repetitiven Testen wurde behoben. Alle betroffenen Schulklassen konnten kontaktiert und Termine für Nachtestungen konnten vereinbart werden, sollten diese noch nicht stattgefunden haben.» Einige Klassen hätten ihre Nachtests in den vergangenen zwei Wochen auch in Testzentren gemacht, ergänzt Hassler.
15’000 Teilnehmer an repetitiven Tests – 32 Klassen in Quarantäne
In der letzten Woche waren kantonsweit 15’308 Personen von Schulen für die Teilnahme an repetitiven Tests registriert, wie der Sprecher weiter mitteilt. Die Zahl der positiven Mischproben hat im Vergleich zum 20. August abgenommen: Am Dienstag waren laut Hassler acht Mischproben bei fünf Schulen positiv. Aufgrund von Coronafällen sind derzeit im Aargau total 32 Schulklassen in Quarantäne.
Verfügt wird diese Quarantäne formell vom Kantonsärztlichen Dienst, praktisch vom Contact-Tracing-Center (Conti). Weil die Fallzahlen zuletzt massiv anstiegen, konnten laut AZ-Informationen noch nicht alle positiv getesteten Schülerinnen und Schüler kontaktiert werden. Hassler bestätigt dies und sagt, 373 Personen im schulpflichtigen Alter hätten bisher noch keinen Anruf vom Conti erhalten.
Der Sprecher betont aber: «Alle Personen mit einem positiven Testresultat erhalten dieses umgehend per SMS oder vom Testzentrum mitgeteilt, hier gibt es keinen Rückstand.» Es sei nicht so, dass die Personen nicht wüssten, dass sie infiziert sind. Klar sei auch, dass sie sich umgehend in Isolation begeben müssten. «Es geht beim kommunizierten Rückstand darum, wie viele noch nicht kontaktiert werden konnten, um die Details zu regeln und Kontaktpersonen aufzunehmen», erläutert Hassler.