
Corona hat Homeoffice zum Alltag gemacht – bedeutet das das Ende des Grossraumbüros?
Die Weichen sind gestellt. Wir sind auf dem Weg zurück in die Normalität. Langsam zwar, für einige zu langsam, aber der Bundesrat hat unlängst in Aussicht gestellt, ab Ende Mai einen weiteren Schritt zu machen. Unter anderem soll dann auch die Homeoffice-Pflicht Geschichte sein. Man wandelt sie in eine starke Empfehlung um und ermöglicht Bürotage unter Auflagen, sprich regelmässigen Tests.
Schon bald könnten wir also, sofern alles nach Fahrplan läuft, wieder in unsere Büros zurückkehren, an die Arbeitsplätze, dahin, wo die meisten von uns vor Corona fast täglich gependelt sind. Aber passiert das auch?
Künftig werden wir ein, zwei Tage daheim arbeiten
Zweifel sind angebracht. Es gibt mehrere Studien, die in eine andere Richtung deuten. So hat zum Beispiel eine Umfrage für das Immo-Monitoring von Wüest und Partner gezeigt, dass die meisten Arbeitgeber in den nächsten zwei Jahren einen deutlichen Anstieg der in Homeoffice geleisteten Arbeit erwarten. Wurde vor Corona nur 8 bis 12 Prozent von daheim gearbeitet, dürfte dieser Anteil, so die Erwartungen der befragten Unternehmen, auf 25 bis 30 Prozent ansteigen.
Das deckt sich ziemlich gut mit den Bedürfnissen der Arbeitnehmenden, wie Wüest und Partner mittels Befragung von 1000 Privathaushalten feststellte. Demnach würden die Arbeitnehmenden künftig gerne zwischen 30 und 35 Prozent von zu Hause arbeiten.
Wie aber wirkt sich das auf die Nachfrage nach Büroflächen aus? Sie ist vorerst leicht rückläufig. «Für die Jahre 2020 und 2021 zusammen erwarten wir schweizweit eine geringere Nachfrage nach Büroflächen von rund 700’000 Quadratmetern», sagt Alexander Lohse, Immobilienökonom bei der Credit Suisse. Bei einem schweizweiten Angebot von rund 55 Millionen Quadratmetern ist dieser Rückgang noch eher gering. Hinweise darauf, dass er im Aargau überproportional gross ausfallen könnte, gibt es keine. Das liegt vor allem auch daran, dass Büro-Mietverträge in der Regel langfristig ausgelegt sind.
Noch keine grösseren Kündigungen von Büroflächen im Aargau
Die Credit Suisse gehört mit ihren Immobiliengefässen (Fonds und Anlagestiftung) zu den wichtigsten Anbietern von Büroflächen in der Schweiz. Rund eine Million Quadratmeter verwaltet sie, knapp 50’000 im Kanton Aargau. Auf Anfrage teilt die Bank mit: «Derzeit liegen uns keine grösseren Kündigungen im Aargau vor.»
Ähnlich tönt es auch beim Lebensversicherer Swiss Life, der national in der gleichen Liga spielt wie die CS und im Aargau rund 27’000 Quadratmeter Bürofläche besitzt und vermietet. «Die Anfragen von Mietern bewegen sich auf vergleichbarem Niveau wie vor der Pandemie», schreibt Mediensprecherin Tatjana Stamm auf Anfrage.
Swiss Prime Site (SPS) verwaltet schweizweit rund 1,7 Millionen Quadratmeter Fläche. Das Geschäft mit Büros ist wichtig, steuert fast die Hälfte der Nettomieterträge zum Geschäft bei. Im Kanton Aargau aber besitzt das Unternehmen mit Hauptsitz in Olten bloss 7000 Quadratmeter Bürofläche. Vor allem in der Nähe der städtischen Zentren in Aarau und Baden.
Grosse Veränderungen der Nachfrage erwartet Pressesprecher Mladen Tomic nicht. «Wie unser Name suggeriert, fokussieren wir auf ‹Prime Sites›.» Diese seien nach wie vor gut nachgefragt. Dabei sind insbesondere Lagen gefragt, die gut an den öffentlichen Verkehr angeschlossen seien, und Produkte die über hohe Ausbaustandards verfügten, vor allem offene und flexible Räume.
Je weiter weg vom Zentrum, desto schwieriger wirds
Die Nachfrage ist noch nicht rückläufig, man stellt allerdings schon fest, dass sie sich verändert. «Generell lässt sich sagen, dass die Anforderungen seitens der Mieter von Büroflächen gestiegen sind», so Swiss-Life-Sprecherin Tatjana Stamm. Der Trend ist klar: möglichst hohe Flexibilität bei der Flächengestaltung, moderne Ausstattung, zentrale Lage, hohe Qualität.
Es gibt weitere kurzfristige Trends. Grössere Abstände zwischen den Bürotischen, grössere Sitzungszimmer und mehr davon. Diese Kundenbedürfnisse stellt die CS fest. Und SPS stellt fest, dass Kunden die Flächen teils anders strukturiert haben wollten. «Sprich, etwas weniger Arbeitsplatzflächen und dafür mehr Allgemein- und Begegnungsflächen. Insgesamt also eine Nullsummenspiel», so Mediensprecher Tomic.
Dass es langfristig doch noch zu grösseren Verschiebungen der Nachfrage kommen könnte, scheint wenigstens möglich. CS-Immobilienspezialist Lohse etwa sagt: «Ganz allgemein kann man sagen, dass die Büroflächennachfrage bei grossen Firmen künftig geringer ausfallen wird.» Weil in Grossfirmen die Akzeptanz für Homeoffice grösser sei als bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).
So arbeiteten während dem Lockdown mehr Angestellte von Grossunternehmen im Homeoffice während dem Lockdown als KMU-Mitarbeitende. Lohse: «Man wird vor allem an Standorten mit grossen Backoffice-Flächen von grossen Firmen, zum Beispiel in der Agglomeration von Grossstädten, eine tiefere Nachfrage nach Büroflächen beobachten.»
Interessanterweise hat die Credit Suisse selbst ein grosses Kundendienst-Center in Brugg. Es gehörte einst zur Neuen Aargauer Bank. Nach der Fusion mit der NAB versprach man seitens der CS, in Brugg gezielt auszubauen. Und jetzt? Wird nun genau dort abgebaut? Man analysiere den Büroflächenbedarf regelmässig schreibt die Bank auf Anfrage. Bezüglich dem Kundenservice-Center in Brugg: «Derzeit sind keine Anpassungen geplant.»