
Corona-Kritiker verteilen Flyer in Briefkästen in Merenschwand – Gemeinde informiert die Polizei
«Gestern flatterte bei uns ein auf den ersten Blick dummer, aber meiner Meinung nach nicht ungefährlicher, anonymer Flyer in unseren Haushalt.» Das schreibt Andrea Gross aus Merenschwand in einem Mail an die Gemeindekanzlei, das sie auch der «Aargauer Zeitung» weiterleitete. Angehängt sind Fotos eines Flyers, der von der Gestaltung her an die offiziellen Plakate des Bundesamts für Gesundheit erinnert, inhaltlich aber eine völlig andere Botschaft vermittelt.
Corona wird als Fake-Pandemie dargestellt
So werden darin mindestens 5 Kilometer Abstand zum Bundeshaus und zu Medien wie Radio, Fernsehen oder Zeitungen empfohlen. Zudem sei es wichtig, soziale Kontakte zu pflegen und immer selbständig zu denken. Auf der Rückseite des Flyers, der bei Andrea Gross in den Briefkasten flatterte, wird die aktuelle Coronapandemie als Fake dargestellt.
Dort heisst es unter anderem, es herrsche Normalbetrieb in Krankenhäusern, Politik und Medien würden Angst verbreiten, die Wirtschaft werde durch unnötige Einschränkungen abgewürgt, immer neue Verordnungen würden die Pandemie verlängern und die Massnahmen würden durch sozialen Druck und die Staatsgewalt durchgesetzt.
Slogan der Verschwörungsbewegung QAnon auf Flyer
Ganz oben auf dem Flyer steht «The Great Awakening» – ein Slogan, der von Anhängern der Verschwörungsgruppierung QAnon benutzt wird. Die QAnon-Anhänger behaupten, dass eine Satan-anbetende Elite – die einen weltweiten Kindersexhandelsring betreibt – sich mit einem «Staat im Staat» gegen US-Präsident Donald Trump verbündet habe.
Trump kämpfe gegen sie, was zu einem «Tag der Abrechnung» mit Massenverhaftungen von Journalisten und Politikern führen werde. Die Theorie dreht sich um eine Person, die sich unter dem Namen «Q» seit 2017 alle paar Tage auf obskuren Webseiten äussert und vorgibt, ein US-Geheimdienstler zu sein. Inzwischen breitet sich die Bewegung auch in der Schweiz zunehmend aus.
Gemeinde will Verunsicherung verhindern
Andrea Gross schreibt in ihrem Mail an die Gemeindekanzlei Merenschwand: «Uns wäre daran gelegen, die Urheber dieses Flyers zu finden und sie zur Rede zu stellen.» Als die «Aargauer Zeitung» nachfragt, sagt Christoph Riner, Leiter Einwohnerkontrolle bei der Gemeinde: «Wir haben das Mail dieser Bürgerin erhalten und ihr empfohlen, sich an die Regionalpolizei zu wenden.»
Grundsätzlich sei es nicht verboten, Flyer mit politischen Botschaften in Briefkästen zu verteilen, erklärt Riner. «Für die Gemeinde ist es aber wichtig, dass die Bevölkerung nicht durch Falschinformationen verunsichert wird.» Der Inhalt des Flyers widerspreche den geltenden Coronaregeln, deshalb habe auch die Gemeinde die Regionalpolizei informiert.
Urheber der Flyer bisher unbekannt
Wer den Flyer in die Merenschwander Briefkästen verteilt hat, ist bisher unbekannt. Aufgrund des Inhalts liegt allerdings der Verdacht nahe, dass die umstrittene Coronakritikerin Theres Schöni dahinter stecken könnte. Schöni hatte Mitte August in Aarau ein Podium organisiert, bei dem kritische Mediziner und der deutsche Coronaskeptiker Samuel Eckert auftraten.
Kürzlich hatte sie in Merenschwand für einen Eklat gesorgt, als sie sich an der Gemeindeversammlung weigerte, eine Maske zu tragen und beantragte, im Dorf seien die Massnahmen von Bund und Kanton nicht einzuhalten. Der Gemeindeammann liess den Antrag nicht zu, zahlreiche Besucher der «Gmeind» verliessen daraufhin den Saal.