Damit rechnete keiner: Wie Ingenieur Häfliger mit einer eigenen Bilderausstellung überraschte
Damit rechnete keiner: Wie Ingenieur Häfliger mit einer eigenen Bilderausstellung überraschte
Der Ingenieur Sepp Häfliger zeichnete ein Leben lang. Auf Drängen seiner Kinder und seiner Ehefrau stellte er nun kürzlich mit 81 Jahren seine Bilder in Wohlen aus und gab damit Einblick in sein jahrzehntelanges Schaffen im stillen Kämmerlein.
Sein Berufsleben war geprägt von Genauigkeit und viel Verantwortung: Der Wohler Ingenieur Sepp Häfliger machte sich als Statiker einen guten Namen und arbeitete entsprechend viel. Seine Leidenschaft aber gehörte ein Leben lang dem Zeichnen.
An seine allererste Zeichnung erinnert sich der 81-Jährige, als wäre es gestern erst gewesen. Diese fertigte er als kleiner Knirps mit einem Durchschlagpapier an, das er auf die abgebildete Geiss im Kinderbuch legte und mit Bleistift die Konturen nachzeichnete. Er erzählt lachend: «Ich war begeistert, wie gut mir das gelang.» Vom Erfolg angespornt zeichnete er weiter.
Mit seinem Talent fiel er bereits während der Primarschule auf
Dass der junge Mann aus Emmenbrücke über Talent verfügt, das war unübersehbar. Seine Schulbücher von damals hat Häfliger alle noch und zeigt sie voller Stolz her. Der Primarschüler brillierte nicht nur mit einer wunderschönen Handschrift, sondern auch mit aussergewöhnlichen Zeichnungen. Eine dieser Zeichnungen hat es ihm besonders angetan, er erzählt: «Wir sollten zu einem Frühlingsgedicht ein Bild malen.» Aus dem Stegreif rezitiert er das Gedicht, das mehrere Strophen lang ist.
Nach der Schulzeit konnte er eine Lehre zum Tiefbauzeichner machen und bildete sich anschliessend weiter zum Ingenieur. Von seinem kargen Lehrlingslohn finanzierte er sich erste Kurse an der Kunstgewerbeschule. Das Aktzeichnen hatte es ihm angetan und sollte ihn ein Leben lang faszinieren.
Als frisch ausgebildeter Ingenieur zog es den jungen Mann aus Emmenbrücke in die weite Welt. Er konnte ein Zimmer bei seiner Schwester in Los Angeles beziehen und verdingte sich als Tellerwäscher. Zufällig fand er dann Arbeit bei einem Schweizer, der ein Ingenieurbüro führte. Er kommentiert verschmitzt diesen schönen Zufall:
«Der wollte halt mal wieder Bauerndeutsch sprechen.»
Wieder zurück in der Schweiz konnte er bei Berufskollege Werner Lüthi ins Ingenieurbüro am Wohler Chilegässli als Partner einsteigen. Er erzählt: «Meine Arbeitstage waren lang, die Freizeit gehörte meiner Familie und meinem Hobby, dem Zeichnen.» Während Jahrzehnten besuchte er einmal wöchentlich eine Zeichenklasse an der Kunstgewerbeschule in Zürich.
Die Kinder drängten zur Ausstellung in der Bleichi
Was ihn am Zeichnen fasziniert, das bringt Häfliger in einem Satz auf den Punkt: «Jede Zeichnung ist ein Erlebnis.» Und zu fast jedem seiner Werke gibt es eine Erinnerung. Beim Durchblättern der grossen Zeichenmappen erinnert er sich an Familienferien im In- und Ausland und es finden sich viele liebevolle Porträts seiner Kinder.
Ansonsten dominieren Aktbilder das umfangreiche Werk des Seniors. Ihm ist dabei eines wichtig: «Das Machen einer Zeichnung ist mir wichtig. Das hat mit Sex gar nichts zu tun.»
Seine beiden Kinder, Anja und Rafael, waren es denn auch, die darauf drängten, dass ihr Vater endlich sein Lebenswerk einmal ausstellt. Mittlerweile kam sein Werk auf gegen 3000 Zeichnungen.
Denn viele seiner Freunde und Berufskollegen wussten gar nicht, was Sepp Häfliger in seiner Freizeit macht. Er habe zeitlebens kein Aufheben um seine Kunst gemacht, bestätigt er. Doch dieses Jahr liess er sich breitschlagen. Das regelmässige Treffen mit seinen Schulkollegen jährte sich wieder und fand im Wohler «Sternen »statt. Dank der Hilfe seiner Frau Brigitta und den beiden Kindern konnten sie anschliessend zur Ausstellung der 150 ausgesuchten Bilder in die Bleichi einladen.
Viele hätten gestaunt, erzählt er mit einem schelmischen Lächeln, als sie seine Bilder gesehen hätten. Weil auch Freunde und Bekannte die Ausstellung unbedingt sehen wollten, wurde die Ausstellungsdauer verdoppelt. Und so kam Sepp Häfliger in späten Jahren noch zu Ruhm und Ehr, die ihm für seine Bilder mehr als gebühren.