Das Lottofieber ist ein finanzieller Segen

 

Wenn hohe Jackpots locken, füllt das die Schatulle zur Förderung gemeinnütziger Projekte.

21 Millionen im Jackpot, das ist die höchste Gewinnsumme bei Swiss Lotto, seit letzten Dezember der Rekord-Jackpot von 70 Millionen von drei Hauptgewinnern geknackt wurde. Während 48 Ziehungen hatte damals niemand alle Gewinnzahlen richtig getippt, das gab es vorher noch nie. Die aktuelle Periode läuft seit dem 21. Januar. Seither gab es bereits 21 Ziehungen ohne Haupttreffer. Ein kleiner «Rekordgewinn» winkt damit auch heute, denn dass die Gewinnsumme auf über 20 Millionen steigt, kommt recht selten vor: Seit 2013 eine neue Formel eingeführt wurde, läuft erst die neunte Jackpot-Periode mit mehr als 20 Ziehungen ohne Volltreffer.

Das dürfte das Lottofieber noch einmal kräftig anheizen. Und wenn die individuellen Gewinnchancen, sechs Zahlen plus Zusatzzahl richtig zu tippen, auch nur bei 1 zu 31 Millionen liegen, so kommt das doch mit Sicherheit unzähligen Kulturschaffenden, Forschern und sozialen Institutionen zugute. Die Erträge der Landeslotterie fliessen in die kantonalen Swisslosfonds, im Aargau werden aus diesen Mitteln Jahr für Jahr um die 300 Projekte unterstützt, wobei die Beiträge von ein paar hundert Franken bis in die Millionen gehen können. Unterstützt werden Vorhaben, die gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken dienen. Sie können aus den Bereichen Kultur, Denkmalpflege, Archäologie, Natur- und Umweltschutz, humanitäre Hilfe, Sozialwesen, oder Bildung und Forschung stammen. Ohnehin schon ein weites Feld also, was die Abgrenzung der Unterstützungswürdigkeit nicht einfacher macht. Dazu kommt, dass der allgemeine Spardruck dazu verführt, nicht nur private Trägerschaften aus Lotteriegeldern zu fördern, sondern sich auch für das eigene staatliche Engagement aus der Schatulle zu bedienen, über die der Regierungsrat allein gebietet. Ein Teil der Kulturförderbeiträge des Kuratoriums und Forschungsarbeiten der Kantonsarchäologie werden heute aus dem Swisslos-Fonds bezahlt. Oder es wird der ordentliche Staatsbeitrag für die Tourismusförderung mit Lotteriegeldern ordentlich aufgestockt. Auch ausserkantonale staatsnahe Betriebe profitieren, zum Beispiel hat der Regierungsrat das Brennstoffzellen-Projekt der Postauto Schweiz AG in den vergangenen Jahren mit deutlich über einer Million unterstützt.

Fonds bleibt prall gefüllt
Die Vergabepraxis kann so zur Gratwanderung werden, denn die Kantone dürfen ihren Ertragsanteil laut Bundesgesetzgebung und interkantonaler Vereinbarung gar nicht «zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen» verwenden. Der Regierungsrat hat sich dadurch abgesichert, dass 2014 die Swisslosfonds-Verordnung präzisiert wurde: Ausgeschlossen ist die Verwendung von Lotteriegeldern «zur Finanzierung von Tätigkeiten im Kernbereich der öffentlichen Aufgaben». Das heisst: Überall, wo ein Staatsbeitrag nicht auf einer zwingenden gesetzlichen Vorgabe fusst, könnte im Prinzip auch auf die Lottokasse zurückgegriffen werden. Unumstritten ist diese Regelung nicht, sie wurde seinerzeit vom links-grünen Lager im Grossen Rat als schlechtes Beispiel für eine «Good Corporate Governance» und missbräuchliche Verwendung von Lotteriegeldern kritisiert.

Als unbegründet erwies sich bislang allerdings die Befürchtung, durch anderweitige Begehrlichkeiten könnten die Mittel zur Förderung privater kultureller und anderer gemeinnütziger Engagements verknappt werden, wofür man den Swisslosfonds vor allem kennt. Im vergangenen Jahr wurden Beiträge von 26 Millionen ausgerichtet, was im üblichen Rahmen der letzten Jahre liegt. Und dabei hat der Fondsbestand nicht abgenommen, sondern ist sogar um fast 3 auf rund 60 Millionen gewachsen. Vorderhand verfügt der Kanton also weiterhin über ein pralles Füllhorn.

Und das, obwohl der Aargau sogar unterdurchschnittlich vom Lottofieber profitiert. Die Erträge werden nämlich nicht nur aufgrund der Bevölkerungszahl, sondern auch nach Umsatz im jeweiligen Kanton ausgeschüttet. Der Spieleinsatz im Aargau lag 2015 mit knapp 180 Franken pro Kopf und Jahr mehr oder weniger deutlich unter dem schweizerischen Durchschnitt von 187 Franken. Das müsse aber nicht unbedingt heissen, dass die Aargauer generell weniger spielfreudig sind, erklärt Swisslos-Sprecher Willy Mesmer. Da der Aargau ein ausgesprochener Pendlerkanton ist und viele ihren Lottozettel am Arbeitsort ausfüllen, dürften nicht unerhebliche Einsätze von Aargauern einem anderen Kanton gutgeschrieben werden. Diesbezüglich profitiere zum Beispiel das Tessin von den italienischen Grenzgängern: Hier liegt der jährliche Lottoumsatz bei fast 258 Franken pro Kopf.