
Der Aargau führt eine elektronische Identitätskarte ein – und so funktioniert sie
Ein Baugesuch einreichen. Die Steuererklärung ausfüllen. Oder einen Strafregisterauszug bestellen. Alles online, alles medienbruchfrei, und alles mit einem einzigen Log-in: Im Kanton Aargau soll dies schon bald möglich sein. Dies dank der sogenannten geprüften elektronischen Identität, kurz der E-ID.
Die Idee dahinter: Der Nutzer bekommt eine elektronische Identität, ein Log-in. Damit kann er, ähnlich wie mit der ID im echten Leben, eindeutig identifiziert werden. Dienstleistungen, für die er bisher an einen Schalter gehen musste, oder für die komplexe Authentifizierungsschritte nötig waren, können damit bequem von zu Hause aus genutzt werden. Eine ganze Menge Papierkram fällt weg. Bürgerinnen und Bürger und die kantonale Verwaltung können in Zukunft Aufwand und damit Kosten sparen.
In einem Pilot hat der Kanton Aargau dieses Projekt in Angriff genommen. Er ist damit erst der vierte Kanton, der eine E-ID, die von einer externen Firma zur Verfügung gestellt wird, einführt. Weitere sind in den Startlöchern.
Zuerst muss die Technik funktionieren
Auf der Kantonswebsite unter «Mein Konto» kann man sich bereits mit einer geprüften elektronischen Identität einloggen. Dienstleistungen können damit allerdings noch keine benutzt werden. Dies wird in einem zweiten Schritt, voraussichtlich ab Herbst, möglich sein. Zuerst gelte es sicherzustellen, dass die Technik funktioniere, erklärt Marco Bürli, Leiter Projektmanagement Informatik beim Kanton. Ausserdem gelte es bis dahin auch organisatorisch den Umgang mit der E-ID zu lernen.
Und so funktioniert das Ganze: Der Nutzer registriert sich bei einem Anbieter einer E-ID. Die E-ID hat vier verschiedene Sicherheitsstufen. Für die niedrigste reicht eine Anmeldung per E-Mail, für höhere Stufen muss man schon einmalig persönlich vorbei und bestätigen, dass man auch der ist, für den man sich ausgibt. Je vertraulicher die Daten, die mit einer Dienstleistung verbunden sind, desto höher muss die Sicherheitsstufe der E-ID sein. Will ich vom Kanton einen Lottoabend bewilligen lassen, reicht die niedrigste Stufe. Will ich aber Einblick in meine Steuerrechnung oder, sollte dies irgendeinmal möglich sein, elektronisch abstimmen, brauche ich eine höhere Stufe.
Die Digitalisierung voranzutreiben, heisst für den Kanton also immer auch zu definieren, für welche Dienstleistungen es welche Sicherheitsstufe braucht. Dabei habe sich gezeigt: «Es gibt sehr viele Anträge, für die es gar keine hohe Stufe braucht. Das Potenzial, effizienter zu werden, und damit auch Anträge schneller beantworten zu können, ist riesig», sagt Bürli.
Schon über 1,4 Millionen haben eine SwissID
Eigentlich wäre vorgesehen, dass es mehrere Anbieter für elektronische Identitäten gäbe. Momentan gibt es zwar einige, die regional tätig sind, aber erst eine mit schweizweiter Reichweite. Und zwar die SwissID von der SwissSign Group. Die Firma ist ein Konsortium verschiedener namhafter Institutionen, darunter sind die Post, SBB, Swisscom, mehrere Banken und Versicherungen. Über 1,4 Millionen Menschen in der Schweiz haben bereits eine SwissID. Mit der SwissSign Group arbeitet auch der Kanton Aargau zusammen. Allerdings: Sollte es künftig noch andere Anbieter elektronischer Identitäten geben, wäre dies kein Problem. Das System wird so eingerichtet, dass es auch mit anderen E-IDs funktionieren würde.
Dies wäre auch vor einem anderen Hintergrund relevant: Gegen das E-ID Gesetz wurde Anfang Jahr das Referendum ergriffen. Das Gesetz soll die E-IDs einheitlich regeln – gesetzlich besteht momentan ein kantonaler Flickenteppich. Das Referendumskomitee stört sich daran, dass die E-ID von privaten Anbietern zur Verfügung gestellt werden soll. Das solle der Staat machen, fordern sie.
Sollte das Gesetz abgelehnt werden, würde der Aargau die Digitalisierung seiner Dienstleistungen dennoch weiter vorantreiben. «Ob das Produkt von der SwissSign Group oder dem Bund zur Verfügung gestellt wird, spielt für uns keine Rolle. Wir müssen in Zukunft jedoch mit digitalen Identitäten arbeiten können», sagt Bürli.
Wo die Reise hingeht, ist noch offen
Momentan geht es darum, möglichst viele Dienste so einfach wie möglich anzubieten. Wo die Reise dann einmal hingehen könnte, ist offen. Durch diesen Prozess werden sich wiederum neue Möglichkeiten ergeben. Möglichkeiten, an die man heute noch gar nicht denkt. Bürli nennt dazu das Beispiel Twint: Als Smartphones erfunden wurde, dachte niemand daran, dass damit mit zwei Klicks Geld verschickt werden kann.
Zuerst brauchte es die Handys, dann Banken-Apps, und erst in einem dritten Schritt entstand dann Twint. Solch ähnliche Entwicklungen könnten nun auch die E-IDs durchlaufen. «Wir kratzen im Moment erst an der Oberfläche», sagt Bürli. «Wir sind noch weit davon entfernt, das Potenzial auch nur annähernd auszuschöpfen.» Umso wichtiger sei es, dass man sich nun auf diesen Weg mache.