Der grosse Aargauer Lohnvergleich: Was die Chefs von AKB, AEW und den Spitälern verdienen

«Der Lohn eines Amtes ist das Amt selbst», sagte der römische Dichter und Philosoph Lucius Annaeus Seneca (um 4 v.Chr–65 n.Chr.). 2000 Jahre später ist die Welt eine andere. Staatsaufgaben werden längst nicht mehr nur von Staat selbst ausgeübt, sondern oft von Aktiengesellschaften im Besitz des Staates und von öffentlich-rechtlichen Betrieben. Diese konkurrieren mit der Privatwirtschaft um qualifiziertes Personal, um Führungskräfte und Menschen mit grossen Netzwerken. Das kostet – und zwar oft eine schöne Stange Geld.

Wie viel genau, das zeigt die AZ anhand eines Lohnrankings von Geschäftsführern (CEO) und Verwaltungsratspräsidenten (VRP) staatsnaher Betriebe im Kanton Aargau. Diese Betriebe nehmen Staatsaufgaben wahr und haben daher oft eine monopolartige Stellung. Oder sie profitieren wie die Aargauische Kantonalbank (AKB) von einer Staatsgarantie. Sie sind den Kräften des Marktes also höchstens eingeschränkt ausgesetzt. Umso wichtiger ist Transparenz. Deswegen sind diese Unternehmen auch dazu verpflichtet, die Vergütungen von operativer und strategischer Geschäftsführung zu veröffentlichen.

Um die ausgewiesenen Löhne einigermassen vergleichbar zu machen, war jedoch viel Sorgfalt, genaues Rechnen und vermehrtes Nachhaken bei den verantwortlichen Kommunikationsstellen nötig. Hier das Resultat:

Zahlen lügen nicht, sagt man – und ihre Sprache ist in diesem Fall eindeutig: Unangefochten an der Spitze des Lohnrankings liegt Dieter Widmer, Direktor der AKB. Er verdient gut 600’000 Franken pro Jahr und damit rund 170’000 Franken mehr als AEW-Geschäftsführer Hubert Zimmermann auf Platz 2. Was rechtfertigt einen so hohen Lohn? AKB-Mediensprecherin Christine Honegger weist darauf hin, dass Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung der jeweiligen Geschäftsführer variieren würden. Ein Vergleich sei schwierig, denn die Kantonalbank stehe voll im Wettbewerb mit den privaten Banken. Honegger: «Das ist bei den übrigen Staatsanstalten höchstens teilweise der Fall.»

AKB: Lohn im Kantonalbanken-Vergleich tief

Im Gegensatz zu UBS, Credit Suisse oder Raiffeisenbank profitiert die AKB jedoch von einer Staatsgarantie. Diese aber würde die AKB mit jährlich rund 11 Millionen Franken entgelten, so Honegger. Im Vergleich mit der Kantonalbank-Konkurrenz wird Widmer klar unterdurchschnittlich entlöhnt. Laut IFZ-Retailbankingstudie (basierend auf den Einkommensdaten 2019) verdienten nur die Geschäftsführer der Glarner Kantonalbank und der Banque Cantonale du Jura weniger. Das obwohl die AKB 2020 von allen Kantonalbanken den vierthöchsten Geschäftserfolg verbuchte (193 Millionen Franken) und auch bezüglich Grösse im vorderen Drittel anzusiedeln sei (rund 800 Mitarbeitende und ein Geschäftsvolumen von 57 Milliarden Franken).

Grund für den im Konkurrenzvergleich tiefen Lohn ist die im AKB-Gesetz verankerte Lohnbeschränkung.

«Das Salär unseres Direktionspräsidenten darf maximal das Doppelte eines Mitglieds des Regierungsrates (rund 300’000 Franken; Anm. d. Red.) betragen»,

erklärt Honegger. Ausserdem betrage das Verhältnis des tiefsten AKB-Lohns zu Widmers Jahressalär 1:10,8. Honegger: «Wir unterschreiten damit den 1:12-Wert, welcher die Volksinitiative Ende 2013 angestrebt hat, deutlich.»

AEW-Boss kassiert fast anderthalb Mal so viel wie ein Regierungsrat

Auf Platz 2 und mit über 50’000 Franken Vorsprung auf Platz 3 folgt AEW-CEO Hubert Zimmermann. Laut Yvonne Kohler, Leiterin Marketing und Unternehmenskommunikation, sind die 434’000 Franken Bruttolohn (bestehend aus einem fixen Betrag und einer Leistungskomponente, wie bei allen aufgeführten Löhnen) marktgerecht. Kohler:

«Ein Vergleich der Löhne mit ähnlich grossen Unternehmen in der gleichen Branche hat im Übrigen gezeigt, dass die AEW ziemlich genau im Durchschnitt liegt.»

Kantonsspitäler und Psychiatrische Dienste gehören zu den Top 5

Auf den Rängen 3 bis 5 und mit Löhnen zwischen rund 350’000 und 380’000 Franken folgen der abtretende CEO des Kantonsspitals Aarau (KSA), Robert Rhiner, sowie je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Geschäftsleitungen des Kantonsspitals Baden (KSB) und der Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG). Wer die Spitzenverdiener sind, wird ebenso wenig publik gemacht, wie die Löhne der Geschäftsführer, Adrian Schmitter beim KSB und Jean-François Andrey bei den PDAG.

Es ist davon auszugehen, dass bei KSB und PDAG eine Kaderärztin respektive ein Kaderarzt den höchsten Lohn hat. Früher machten die Kantonsspitäler den variablen Lohnanteil der Kaderärztinnen und -ärzte von der Anzahl Behandlungen abhängig. Auf den 1. Januar 2019 wurde das Lohnsystem angepasst. Seither berücksichtigt der variable Lohnanteil die Kosten und orientiert sich am Gesamtunternehmenserfolg. Auch andere Faktoren wie die Patientenzufriedenheit, die Qualität der Behandlung oder spezifische Projekterfolge spielen eine Rolle.

4 von 10 verdienen ungefähr gleich viel wie ein Regierungsrat

Die Löhne der Geschäftsführer der Aargauischen Gebäudeversicherung, von Aargau Verkehr, SVA Aargau und der Aargauischen Pensionskasse sind plus/minus gleich hoch wie der eines Aargauer Regierungsrates (rund 300’000 Franken). Klar auf dem letzten Platz liegt Martin Bopp, CEO des Hightech Zentrums Aargau. Was daran liegt, dass das Hightech Zentrum klar die kleinste aller aufgeführten Organisationen ist (sowohl bezüglich Mitarbeitenden als auch bezüglich Bilanzsumme).

Der Wechsel zur strategischen Führung zeigt ein ähnliches Bild. Auch hier liegt die AKB klar an der Spitze, allerdings noch deutlicher als auf Ebene der operativen Führung. Dieter Egloff, Bankratspräsident der AKB, kassiert pro Jahr zweieinhalb Mal so viel wie KSB-Verwaltungsratspräsident Daniel Heller auf Platz 2.

AKB-Bankratspräsident: 250’000 Franken für einen 60-Prozent-Job

Ein Blick ins Handelsregister zeigt zudem, dass Egloff mindestens sieben weitere Mandate innehat, wobei er zwei weitere Aktiengesellschaften präsidiert. Wie ist das alles unter einen Hut zu bringen? Respektive: Wie hoch ist das Pensum, das Egloff für die AKB und die 250’000 Franken Entlöhnung leistet? Laut AKB-Kommunikationschefin Christine Honegger ist Egloff bei der Bank in einem 60 Prozent Pensum angestellt.

KSB-Verwaltungsratspräsident hat 11 Mandate

Auf den Plätzen 2 bis 4 folgen bei den Verwaltungsratspräsidenten die Herren aus der Medizinalabteilung, Daniel Heller vom KSB (insgesamt 11 Mandate), Kurt Aeberhard von den Psychiatrischen Diensten (4 Mandate) und Peter Suter vom KSA (5 Mandate) kassierten 2020 alle um die 100’000 Franken.

Ins Auge sticht hier insbesondere Daniel Heller, der neben dem Posten als VRP des Kantonsspitals Baden unter anderem in der Geschäftsleitung von Farner Consulting (Unternehmensberatung vor allem im Bereich Kommunikation) ist oder die Verwaltungsräte der Bank Clientis und der Klinik Barmelweid präsidiert. KSB-Medienchef Omar Gisler:

«Das Präsidium des KSB ist das aufwendigste VR-Mandat von Daniel Heller.»

Der Aufwand variiere von Jahr zu Jahr, betrage jedoch durchschnittlich einen bis anderthalb Tage pro Woche. Die Entschädigung bestehe aus einem fixen (2020: 48’064 Franken) und einem variablen Teil (2020: Sitzungsgelder von 50’307 Franken sowie Spesen von 3015 Franken). Die Sitzungsgelder decken Entschädigungen für die VR-Sitzungen (rund 10 pro Jahr), die zweitägige Strategieretraite sowie weitere Verpflichtungen wie Behördenkontakte, Eigentümergespräche (mit dem Regierungsrat), Sitzungen mit Partnern des KSB (insbesondere andere Spitäler) und andere Sitzungen zum Beispiel mit Geschäftsleitungsmitgliedern.

Vom KSA und den Psychiatrischen Diensten ist indes nur zu erfahren, dass die Entschädigungen ihrer Verwaltungsratspräsidenten der Komplexität und der Aufgabe entsprechend angemessen seien.

Die meisten kassieren zwischen 55’000 und 80’000 Franken

Die Honorare für die Plätze 5 bis 10 variieren zwischen rund 30’000 und 80’000 Franken, wobei Anton Lauber, Verwaltungsratspräsident des Hightechzentrums Aargau klar am Schluss liegt. Die anderen fünf Honorare liegen alle zwischen rund 55’000 und 80’000 Franken.

Zwei Dinge stechen dabei heraus: Zum einen die sieben Mandate von Roland Abt, Verwaltungsratspräsident von Aargau Verkehr (69’300 Franken Jahressalär 2020). Abt sitzt zudem unter anderem in den Verwaltungsräten der Swisscom und von Bystronic (ehemalige Conzzeta, zu der auch Mammut gehörte). Wie lassen sich so viele Mandate unter einen Hut bringen? Michael Briner, Kommunikationsverantwortlicher von Aargau Verkehr: «Roland Abt verfolgt keine operativen Tätigkeiten mehr und hat dementsprechend Kapazitäten für verschiedene VR-Mandate.»

Ist das die Wende zu einer neuen Bescheidenheit?

Zum anderen eine Bemerkung von Jan Sohnrey, Geschäftsführer der Aargauischen Pensionskasse (APK), hinsichtlich der Vergütung von Verwaltungsratspräsident Jan Schneider:

«Der Vorstand hat beschlossen, die Entschädigung des Präsidenten ab Mitte diesen Jahres deutlich zu senken.»

Zwar fliesst ein Teil der Entschädigung von Schneider an dessen Arbeitgeber (die AKB, wo er das Firmenkundengeschäft leitet) – wie übrigens auch bei anderen APK-Vorstandsmitgliedern. Aber die VRP-Entschädigung ist über die Jahre stets gewachsen, dem will man Einhalt gebieten. Vielleicht mit Vorbildcharakter für andere staatsnahe Betriebe.

Von 20 Führungspositionen werden nur 2 von Frauen ausgeübt

Noch eine Schlussbemerkung: Unter den zwanzig Köpfen finden sich lediglich zwei Frauen: Nancy Wayland und Elisabeth Meyerhans-Sarasin, die eine Geschäftsführerin, die andere Verwaltungsratspräsidentin der SVA Aargau. Ein Zufall? Verwaltungsratspräsidentin Meyerhans-Sarasin betont, man habe Wayland gewählt, weil sie die beste Kandidatin war und nicht, weil sie eine Frau ist. Und:

«Die Entwicklung der SVA Aargau beweist, dass Frauen die strategische und operative Unternehmensführung ebenso erfolgreich ausüben können wie Männer.»