
Der Grundwasserspiegel im Aargau hat sich noch nicht erholt: Drohen bald Wassersparaufrufe?

Die Jahre 2018 und 2019 zeichneten sich im Aargau durch längere Trockenheitsperioden aus. Das liess in verschiedenen Regionen den Grundwasserspiegel massiv sinken. In den grossen Flusstälern, etwa dem Aaretal, hat er sich seither wieder erholt. Die Grundwasserspiegel liegen jedoch in manchen Regionen zum jetzigen Zeitpunkt tiefer als im Trockenjahr 2018 zum gleichen Zeitpunkt. Noch nicht erholt hat er sich zum Beispiel in Staffelbach im hinteren Suhrental (vgl. Grafik) und in anderen Nebentälern. In Staffelbach ist man auf die Suhre und Niederschläge angewiesen. Aber wenn die Suhre lange wenig Wasser führt und die Niederschläge ausbleiben, wird es prekär. Die Situation ist in anderen Seitentälern ohne grosses Grundwasservorkommen ähnlich. Betroffen sind etwa ebenso das Wegenstettertal und das Bünztal.
Ohne viel Regen in diesem Winter drohen 2021 Wassersparaufrufe
Wenn die Grundwasserneubildung im kommenden Winterhalbjahr ausbleibt und es einen trockenen Frühling gibt, könnte es im nächsten Sommer sehr tiefe Grundwasserstände geben, was zu Wassersparaufrufen und Einschränkungen führen kann, wie sie einzelne Gemeinden schon in den letzten zwei Jahren erlebt haben, sagt Christoph Mahr, Fachspezialist Grundwasser im kantonalen Baudepartement. Er hofft im Winter auf viel Regen, damit sich das riesige natürliche Reservoir unter unseren Füssen erholt.
Am besten gelinge dies in der Regel zwischen Dezember und Februar, weil dann die Vegetation ruht und der Boden genug feucht ist, sodass viel Wasser bis zum Grundwasserspiegel durchsickern kann. So oder so aber sei künftig vermehrt mit tiefen Grundwasserspiegeln zu rechnen, mahnt Christoph Mahr, «insbesondere dann, wenn die Winterniederschläge gering ausfallen».
Erste Regionen schliessen sich beim Wasser zusammen
Erste Regionen haben die Problematik erkannt und wollen vermehrt im Bereich Wasserversorgung regional zusammenarbeiten. Sowohl im Normalbetrieb, als auch speziell bei Trockenheit. So klären einige Regionen ab, wie sie bei einer starken Trockenheit gemeinsam handeln können.
Im karstigen Fricktal sei man Trockenheit gewohnt und stelle sich darauf ein, sagt Christoph Mahr, auch dass die Sissle regelmässig trocken liege. Im Bünz- und Reusstal schliessen sich derzeit mehrere Gemeinden für die Wasserverteilung zusammen («Wasser 2035»). Da ist man schon auf der Zielgeraden. Gut gewappnet für die Zukunft wäre man, so Mahr, wenn künftig jeweils mehrere Gemeinden ihre Reservoire und Pumpwerke gemeinsam betreiben. Das sei zudem viel effizienter, als wenn jede Gemeinde einfach für sich schaut.
Ohne Verbindungsleitung bleibt notfalls nur der Zisternenwagen
Für Mahr ist das die richtige Antwort auf Situationen, wie wir sie derzeit manchenorts haben. Der Kanton ist momentan daran, die Regionalisierung der Wasserversorgung voranzutreiben. Insgesamt ist nämlich genug Wasser da, aber leider manchmal am falschen Ort. Also kein Problem? Doch. Manche Gemeinden haben ihre Wasserversorgung sogar so autonom organisiert, dass nicht mal Verbindungsleitungen in Nachbargemeinden bestehen. Die müssen erst erstellt werden, damit eine Gemeinde mit genug Wasser einer mit zu wenig Wasser helfen kann. Ohne diese bleibt im Notfall nur der Zisternenwagen.
Grössere Leitungen und stärkere Pumpwerke sind nötig
Es braucht aber noch mehr. Um das genügend vorhandene Grundwasser insbesondere entlang der grossen Flusstäler in die Gebiete mit wenig Grundwasservorkommen verteilen zu können, fehlt zum Teil die Infrastruktur. So müssen bestehende Leitungen in Seitentäler zum Teil vergrössert und stärkere Stufenpumpwerke gebaut werden, um ausreichend Wasser hochzupumpen, sagt Mahr. Und wer bezahlt das? Die Wasserversorgung sei in erster Linie Gemeindesache, sagt der Grundwasserspezialist. Es gibt zwar immer wieder Forderungen, der Kanton solle mehr helfen, er hat aber laut Mahr bisher gar keine gesetzliche Handhabe.
Verbrauch pro Person trotz immer mehr Pools leicht rückläufig
Dass der Grundwasserspiegel sich zu wenig erholt, ist aber nicht etwa auf verschwenderisches Verhalten der Bevölkerung zurückzuführen. Der Verbrauch pro Person sei sogar leicht rückläufig, sagt Christoph Mahr. Etwa dank immer sparsameren WC-Spülungen, Waschmaschinen etc. Auch die Industrie braucht weniger Wasser als früher.
Infolge des Bevölkerungswachstums im Kanton Aargau bleibe der Verbrauch aber insgesamt stabil. Selbst wenn jeden Sommer mehr Pools in den Gärten aufploppen. Der Verbrauch für einen mobilen Pool sei nicht ganz so hoch wie der einer Person in einem ganzen Jahr. Zur Veranschaulichung: Eine Person braucht rund 50 Kubikmeter Wasser pro Jahr.