
Der Jubel der Aargauer Sozialdemokraten: «Der Linksrutsch ist geschafft!»


Immer und immer wieder rief irgendjemand gestern Nachmittag in der Krone in Aarau diese Worte. «Der Linksrutsch ist geschafft.»
Die Stimmung war bereits am Mittag, als die Sympathisantinnen und Sympathisanten im noch leeren Lokal die roten Luftballons aufbliesen, ausgelassen. Die SPler ahnten früh, dass sie an diesem Wahlsonntag allen Grund zum Feiern haben würden.
Nach und nach füllte sich der erste Stock der Altstadtbeiz mit gut gelaunten Anhängern. Die Juso-Mitglieder nahmen in der Mitte des Saals einen grossen Tisch in Beschlag und funktionierten diesen zur Zwischenresultats-Zentrale um. Auf den Laptops und Smartphones wurden nicht nur die kantonalen Resultate verfolgt: «Wir halten den Blick auf die ganze Schweiz», sagte Julia Hoppe vom Parteisekretariat.
Neben der Bar flimmerte von einem grossen Bildschirm die Sondersendung von Tele M1 live aus dem Grossratsgebäude. Die Interviews mit den SP-Kandidaten wurden mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt: «Hat er gut gemacht, unser Cédric!», rief es aus der Menge, gefolgt von tosendem Applaus.
Verlust für die Rechten ist Gewinn für die Linken
Ein roter Balken, der nach den ersten Hochrechnungen gegen 14 Uhr den absehbaren Verlust eines Nationalratssitzes für die SVP abbildete, bereitete den Anwesenden besonders grosse Freude «Haben die das wirklich gesagt? Minus sechs Prozent bei der SVP?» Enthusiasmus machte sich breit.
Wie ein Wirbelwind huschte am frühen Nachmittag auch die zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewählte Parteipräsidentin Gabriela Suter durch den Saal. Mit einem noch breiteren Lächeln als gewohnt versprühte sie unter den Anwesenden gute Laune, ehe sie zur definitiven Verkündung der Resultate die Krone in Richtung Grossratsgebäude verliess.
Wahlfeier spontan nach draussen verlegt
Als die Stimmen zur Regierungsratswahl definitiv ausgezählt waren, spürte man eine deutliche Erleichterung: «Das ist für uns eine super Ausgangslage, wir haben eine unglaublich grosse Stimmenzahl für den zweiten Platz von Yvonne Feri und es ist klar, dass es am Schluss ein Kampf werden muss zwischen Rechts und Links», sagte ein Anwesender.
Ihren Höhepunkt erreichte die Wahlfeier der SP Aargau kurz vor 17 Uhr. Durch die offenen Fenster hörte man im ersten Stock der Krone lauten Applaus aus der Gasse. «Sie sind da!», rief jemand in den Saal. «Kommt alle raus.»
150 Sozialdemokraten bildeten in der Kronengasse einen Halbkreis und applaudierten mehrere Minuten lang einer sichtlich gerührten Gabriela Suter. Die frisch gewählte Nationalrätin hielt einen Rosenstrauss in den Armen. Die abtretende Ständerätin Pascale Bruderer empfing Suter mit einer herzlichen Umarmung. «Wir brauchen noch zwei Bier», scherzte sie, als die beiden Frauen gemeinsam mit den wiedergewählten Nationalräten Yvonne Feri und Cédric Wermuth sowie mit SP-Regierungsrat Urs Hofmann für ein Foto posierten.
«Jetzt darfst du noch etwas sagen», sagte Bruderer zu Suter. «Salute», begann diese und erhob ein Bierglas. «Danke vielmals liebe Genossinnen und Genossen. Das ist ein tolles Resultat für die SP Aargau», setzte Suter ihre Ansprache fort. «Wir haben den dritten Sitz zurück!», rief sie mit lauter Stimme und erhobener Siegerfaust. Die Anwesenden goutierten diese Geste mit Jubel.
«Das ist das erste Mal, dass ich erlebe, wie eine Wahlfeier spontan nach draussen verlegt wird», sagte SP-Grossrat und -Vizepräsident Dieter Egli in seiner Ansprache. Er bat alle Kandidatinnen und Kandidaten nach vorne. Alle bekamen eine rote Nelke und einen grossen Applaus. Der zurückeroberte dritte Sitz im Nationalrat war für alle Kandidierenden Grund genug, sich kollektiv zu freuen.