
Der Kanton setzt die Empfehlung nicht um: Wer Corona hatte, wird trotzdem zweimal geimpft
Vergangene Woche haben die Eidgenössische Kommission für Impffragen und das Bundesamt für Gesundheit die nationale Impfstrategie angepasst (das ZT berichtete). Eine Änderung betrifft den Umgang mit Personen, die bereits an Covid-19 erkrankt sind. Im Aargau sind das mehr als 42000 Personen. Bisher wurden auch diese Personen – frühestens nach drei Monaten – zweimal geimpft, wenn sie das wünschten.
Neu sei dies nicht mehr notwendig, so die Impfkommission mit Verweis auf wissenschaftliche Erkenntnisse. Es sei mittlerweile bekannt, dass Personen nach einer Covid-19-Erkrankung und mit einer verabreichten Impfdosis eine ähnlich gute Immunantwort aufbauten wie jene, die sich nicht angesteckt haben und zweimal geimpft wurden. Die Impfkommission empfiehlt den Kantonen also, bereits erkrankte Personen nur noch einmal zu impfen.
Der Kanton Aargau setzt die Empfehlung nicht um
Der Kanton Aargau wird diese Empfehlung des Bundes nicht umsetzen und weiterhin alle Personen zweimal impfen. Die Empfehlung sei sorgfältig geprüft worden, teilt das Gesundheitsdepartement mit. Aber: «Es gibt keinen zwingenden Grund, auf die Zweitimpfung zu verzichten.» Ausserdem seien zahlreiche Fragen bei einer allfälligen Umsetzung und Dokumentation eines solchen Vorgehens nicht geklärt.
Der Bund will beim Impfen vorwärtsmachen. Die Empfehlung, bereits erkrankten Personen nur noch eine anstatt zwei Impfdosen zu verabreichen, könnte dabei helfen. Der Kanton Aargau findet einen Verzicht auf Zweitimpfungen zugunsten einer schnelleren Impfung der restlichen Bevölkerung aber «nicht zielführend».
Keine Priorisierung nach Alter im Aargau
Auch in einem weiteren Punkt will der Kanton Aargau an seiner bisherigen Impfstrategie festhalten. Laut Empfehlungen der Eidgenössischen Kommission für Impffragen könnten die Kantone die breite Bevölkerung (Zielgruppe 5) und Angehörige von besonders gefährdeten Personen (Zielgruppe 3) gleichzeitig impfen, sofern genügend Impfstoff vorhanden ist. Voraussetzung wäre, dass dies in altersabsteigenden Gruppen geschieht. Im Kanton Aargau wird die breite Bevölkerung nicht nach Alter geimpft, sondern nach dem Prinzip «first come first serve». Wer sich bereits im Januar online unter www.ag.ch/covid-impfanmeldung registriert hat, bekommt – unabhängig vom Alter – früher einen Termin als eine Person, die sich erst später registriert hat. Daran sollen auch die Empfehlungen des Bundes nichts ändern.
Im Aargau erhalten Angehörige von besonders gefährdeten Personen (Zielgruppe 3) noch im April erste Impftermine. Termine für die Restbevölkerung werden voraussichtlich im Mai vergeben – vorausgesetzt, dass es zu keinen Lieferverzögerungen kommt. Bis am Donnerstag sind 194725 Impfdosen im Aargau eingetroffen. 103100 Dosen des Herstellers Moderna und 91625 von Pfizer-Biontech. 105910 Personen haben eine erste Impfung erhalten; 62833 sind zweimal geimpft.
Fallzahlen steigen um 20 bis 30 Prozent
Die Spitäler verfügen weiterhin über genügend Kapazitäten. Die Lage im Gesundheitswesen sei entspannt, schreibt Kantonsärztin Yvonne Hummel in ihrem Wochenbulletin. Die Todesfallzahlen sind im Aargau seit Mitte März leicht angestiegen. Laut Hummel versterben nun insbesondere Personen in Spitälern unter 75 Jahren. In der Woche vom 8. April waren die Verstorbenen zwischen 74 und 92 Jahre alt, in der Woche davor zwischen 52 und 100. Auch die Fallzahlen steigen laut Hummel seit rund einer Woche um 20 bis 30 Prozent gegenüber der Vorwoche. Der R-Wert liegt bei 1,15. Das bedeutet, dass sich die Zahlen innerhalb von drei bis vier Wochen verdoppeln. Die Positivitätsrate der PCR-Tests liegt bei 10 Prozent – jeder zehnte PCR-Test ist also positiv.