Der Umwelt zuliebe: Villmergen setzt für seinen Fussballplatz auf Kork

So sieht das Korkgranulat für den Villmerger Kunstrasen aus. © Toni Widmer
So sieht das Korkgranulat für den Villmerger Kunstrasen aus. © Toni Widmer

Die Gemeindeversammlung hatte das Projekt bewilligt, die Baubewilligung war erteilt und der neue Kunstrasen bestellt. Doch irgendwie wurde die für die Sportplatz-Sanierung in Villmergen verantwortliche Baukommission ein schales Gefühl nicht los: „Die aktuellen Diskussionen um die Auswirkungen von Mikroplastik in unseren Gewässern hat uns nicht kalt gelassen. Vor allem auch, weil die Sportanlage Badmatte unmittelbar an zwei Bäche grenzt. Als uns dann eine Einwohnerin in einem freundlichen Brief noch konkret darum gebeten hat, die Problematik der Kunststoffgranulat-Hinterfüllung im geplanten Kunstrasen noch einmal zu hinterfragen, haben wir gehandelt“, erklärt Kommissionspräsident und Gemeinderat Renato Sanvido.

Man habe sich schon in der Planungsphase sehr seriös mit dem Thema auseinandergesetzt, damals aber keine umsetzbare Alternative für das Kunststoffgranulat gefunden: „Bei unseren erneuten Recherchen, an der sich alle Kommissionsmitglieder intensiv beteiligt haben, sind wir dann plötzlich auf die Variante Kork gestossen“, sagt Sanvido weiter.

Dafür, dass die Kommission diese nicht schon früher entdeckt hat, gibt es eine einfache Erklärung: Korkgranulat war in der Deutschschweiz bisher kein Thema, weil es bis vor kurzem keinen Anbieter dafür gegeben hat. In der welschen Schweiz hingegen ist die umweltfreundliche Alternative zum Kunststoffgranulat mittlerweile bereits in rund 40 Kunstrasenplätzen verbaut worden.

Und deshalb sind die Villmerger vor einer Woche in die Romandie gefahren:  „Eine grössere Delegation mit Korkgranulat hinterfüllte Plätze in Lausanne, Montreux und Freiburg angeschaut, sich mit den verantwortlichen Platzwarten unterhalten und alle Vor- und Nachteile überprüft. Einige mitgereiste Fussballer des FC Villmergen haben die Kunstrasenplätze zudem ausführlich getestet. In Lausanne war zudem ein direkter Vergleich zwischen einem mit Kunststoffgranulat und einem mit Korkgranulat hinterfüllten Platz möglich“, erklärt der Baukommissionspräsident.

Schon auf der Rückfahrt sei klar gewesen: „Das ist die Lösung, die wir gesucht haben“, sagt Renato Sanvido und man habe dem Gemeinderat umgehend einen formellen Antrag für die umweltfreundliche Alternative gestellt. Der hat nun am Dienstag an seiner Sitzung beschlossen, auf die Variante Korkgranulat umzuschwenken. 

„Die bei der Exkursion in die Romandie gewonnen Erkenntnisse waren aufschlussreich und eindrücklich zugleich: Kork überzeugt nicht nur mit seiner ökologischen Verträglichkeit. Er ist auch mit seiner Qualität und Beständigkeit dem Granulat aus Kunststoff ebenbürtig. Der Fussballer spürt beim Spielen auf einem mit Kork verfüllten Platz allenfalls den Unterschied, dass sich der Boden im Vergleich zum Fussballfeld mit Kunststoffgranulat etwas weicher anfühlt“, schreibt der Gemeinderat in der Medienmitteilung zu seinem Entscheid. Kunstrasenfussballfelder mit Kork, hält die Behörde weiter fest, würden im Übrigen auch den Anforderungen des internationalen Fussballverbands FIFA genügen.

Kork, gibt Renato Sanvido offen zu, habe aber auch Nachteile. „Bei länger andauerndem Starkregen kann sich das gegenüber dem Kunststoffgranulat leichtere Korkgranulat auf dem Kunstrasenfeld verfrachten und muss danach neu eingepflegt werden. Das erfordert jeweils einen Arbeitsaufwand von rund vier Stunden.“

Zudem, erklärt er weiter, lägen noch keine langfristigen Erfahrungen in Bezug auf die Lebensdauer des Korkgranulats vor. Die getesteten Plätze in Lausanne, Montreux und Freiburg: „Es ist möglich, dass wir in ein paar Jahren mit der Korklösung mehr zusätzliches Granulat verfüllen müssen, als das beim Kunststoff der Fall wäre. Die allenfalls daraus resultierenden Mehrkosten nehmen wir zum Schutz der Umwelt aber gerne in Kauf.“