Die Impfnachfrage im Aargau sinkt markant – doch genau das könnte zu Lockerungen der Corona-Massnahmen führen

In den letzten Wochen hat die Nachfrage nach Impfungen im Aargau markant nachgelassen. Während am 2. Juni mit 9031 Impfungen der höchste Tageswert verzeichnet wurde, liessen sich am 2. August gerade noch 2688 Personen impfen. Der markante Rückgang bereitet den Verantwortlichen der Impfkampagne einerseits Sorgen, weil die angestrebte Durchimpfungsrate der Bevölkerung von 85 Prozent in weite Ferne rückte. Deshalb hat der Kanton eine neue Kampagne gestartet, seit einer Woche wirbt das Gesundheitsdepartement mit einem Igel dafür, sich impfen zu lassen.

Andererseits sind im Aargau wegen den tiefen Impfzahlen die Kriterien des Bundes erfüllt, um in die Normalisierungsphase einzutreten und weitere Lockerungen zu ermöglichen. Der Bundesrat hatte mehrfach betont, dass es keinen Grund mehr für Einschränkungen gebe, wenn alle Impfwilligen die Chance gehabt hätten, sich impfen zu lassen. Damit dies der Fall ist, müssen folgende drei Bedingungen gegeben sein:

  1. Impfwillige Personen müssen innerhalb von zwei Werktagen einen Impftermin erhalten können.
  2. Der Impftermin soll in ihrer Wohngegend wahrgenommen werden können.
  3. Das Angebot der Impfmöglichkeiten muss die Nachfrage während mindestens einer Woche klar übertreffen.

Aargauer Impfchef: «Alle, die sich impfen lassen wollten, konnten dies tun»

«Im Aargau haben wir seit dem 28. Juni keine Warteschlangen mehr», sagte Andreas Obrecht, Leiter der Covid-19-Kampagne des Kantons, am Dienstag gegenüber 10vor10. Seit diesem Zeitpunkt müsse sich niemand mehr für eine Impfung anmelden, die Impfzentren wurden auf das Walk-in-System umgestellt. «Man kann einfach reinlaufen und sich impfen lassen», erklärt Obrecht im SRF-Nachrichtenmagazin.

Demnach sei das Kriterium erfüllt, dass sich alle Impfwilligen innerhalb von zwei Arbeitstagen impfen lassen könnten. «Wir gehen davon aus, dass jede Person, die sich impfen lassen wollte, dies auch tun konnte», hielt Obrecht fest. Dies sieht auch SVP-Nationalrätin und Gesundheitspolitikerin Martina Bircher so, die am 30. Juli auf Twitter zu einem Screenshot des Impfzentrums Spital Zofingen schrieb: «Impftermine wie Sand am Meer und trotzdem keine Lockerungen? Der Bundesrat und seine leeren Versprechungen – absolut unverständlich.»

Doch es gibt nach wie vor Menschen, die sich jetzt für eine Impfung entscheiden. In seiner Statistik weist der Kanton für Montag über 800 und für Dienstag über 1000 Erstimpfungen aus. Sind die Kriterien, dass sich alle Impfwilligen impfen lassen konnten und dass die Impfangebote die Nachfrage eine Woche lang deutlich übersteigen müssen, wirklich erfüllt?

Kanton hat derzeit rund 73’000 Impfdosen an Lager

Weil für die Impfung keine Anmeldung mehr nötig ist, lässt sich die Frage nicht direkt beantworten. Allerdings zeigt ein Blick in die kantonale Statistik, dass der Aargau inzwischen einen beträchtlichen Vorrat an Impfdosen hat. Geliefert wurden dem Kanton bisher 769’525 Dosen, verimpft wurden bis Dienstag aber nur 696’596 – demnach stehen noch knapp 73’000 Impfdosen zur Verfügung.

Maria Gares, Sprecherin des Gesundheitsdepartements, bestätigt dies auf Anfrage und sagt: «In der vergangenen Woche haben wir rund 15’000 Impfdosen benötigt. Diese Woche wird die Zahl voraussichtlich ähnlich sein.» Sie ergänzt, der Kanton habe dem Bund bereits im Juli aktiv gemeldet, dass die Kriterien für den Übergang in die Normalisierungsphase im Aargau erfüllt seien.