Die umstrittenen Geschäfte der Spital-Verwaltungsräte: Früher floss offenbar noch viel mehr Geld – Grünliberale will Riegel schieben

Das Kantonsspital Aarau (KSA) bezog Masken für 315’000 Franken von der Firma seines Verwaltungsrats-Vizepräsidenten Felix Schönle. Das Kantonsspital Baden (KSB) vergab Rechtsabklärungen für 117’000 Franken an die Kanzlei seines Verwaltungsrates Christoph Zimmerli. Das zeigt die Antwort des Regierungsrats auf einen Vorstoss der Grünliberalen im Grossen Rat.

Bereits im September 2020 hatte die NZZ berichtet, dass Felix Schönle dem Kantonsspital Aarau auch Verbandstoffe verkauft habe. KSA-Sprecherin Isabelle Wenzinger erklärte damals, die Wernli AG vertreibe ihre Produkte wie in der Branche üblich über Händler und trete nicht direkt mit den Endbezügern in Kontakt.

Schönle: «Intern klare Abgrenzungen»

In seiner Stellungnahme auf die Frage des Regierungsrats hält auch Schönle fest, die Verbandsstoffe würden nicht direkt, sondern über einen Vertriebspartner geliefert. Der Vizepräsident des KSA-Verwaltungsrats und CEO der Wernli AG schreibt weiter, er kenne die Kunden seines Vertriebspartners nicht.

Schönle stellt klar, dass er persönlich zu keiner Zeit mit dem Einkauf des KSA diesbezüglich Kontakt gehabt habe. «Alle Kontakte sind über meinen Verkaufsleiter gelaufen und ich war auch nicht über den Umfang informiert. Wir haben intern klare Abgrenzungen», hält er fest.

Situation ist heute laut Regierung offenbar besser als früher

Der Regierungsrat hält grundsätzlich fest, «dass es der Transparenz wegen wichtig ist, dass das betroffene Verwaltungsratsmitglied seine wirtschaftlichen Verbindungen gegenüber dem Verwaltungsrat und dem Eigentümer offenlegt». Aus der Antwort der Regierung auf einen Vorstoss der Grünliberalen geht aber auch hervor, dass früher offenbar höhere Beträge von den Spitälern an Mitglieder ihrer obersten Führungsorgane flossen.

«Vor 2019 ist es vorgekommen, dass Verwaltungsratsmitglieder der Kantonsspitäler teilweise in einem grösseren Umfang zusätzlich abgegoltene Mandate über Gesellschaften wahrgenommen haben, mit denen sie persönlich oder wirtschaftlich verbunden waren».

Details dazu liefert die Regierung aber nicht, die Umfrage in den Verwaltungsräten beschränkte sich auf den Zeitraum ab 1. Januar 2019 bis Mitte März 2021.

Keine finanzielle Limite für Geschäfte mit Verwaltungsrats-Firmen

Bisher gibt es keine Beschränkung für den finanziellen Umfang von Geschäften, die Spitäler mit ihren Verwaltungsräten oder deren Firmen tätigen. Geregelt ist in den kantonalen Richtlinien zur Public Corporate Governance (PCG) nur, unter welchen Bedingungen solche Aufträge vergeben werden dürfe. Demnach kann der Verwaltungsrat einzelne Mitglieder mit zusätzlichen Aufträgen betrauen, sofern diese zwingend im Zusammenhang mit der Funktion im Führungsgremium stehen. Wesentlich ist dabei laut Regierungsrat, «dass die Mitglieder aus sachlichen und nachvollziehbaren Gründen (besondere Kenntnisse, Zeitfaktor) beauftragt werden».

Sowohl das Maskengeschäft des KSA mit der Firma von Verwaltungsrats- Vizepräsident Felix Schönle, als auch die rechtlichen Abklärungen der Kanzlei von Verwaltungsrat Christoph Zimmerli im Auftrag des KSB erfüllen laut Regierungsrat diese Richtlinien. Dennoch wirft die Tatsache, dass mehr als 430’000 Franken von Spitälern an Firmen floss, an denen die Spital-Verwaltungsräte beteiligt sind, einige Fragen auf.

GLP will Limite und Offenlegung – aber kein grundsätzliches Verbot

Für die Grünliberalen, die im September 2020 einen Vorstoss mit Fragen zu solchen Geschäften eingereicht hatten, wäre eine finanzielle Limite sachgerecht, wie Fraktionschefin Barbara Portmann festhält. Dies vor dem Hintergrund, «dass die Spitäler zu 100 Prozent dem Kanton gehören und folglich ein hohes öffentliches Interesse an Transparenz und Einhaltung der PCG- und Submissionsregeln herrscht». Die GLP lädt den Regierungsrat ein, sich Gedanken darüber zu machen, in welcher Höhe diese Limite angesetzt werden könnte. Portmann sagt weiter:

«Zudem wäre eine jährliche Offenlegung solcher Geschäfte im Rahmen des Jahresberichts wünschenswert.»

Oder müsste man Mitgliedern des Verwaltungsrats von Unternehmen im Kantonsbesitz grundsätzlich verbieten, mit den Firmen zu geschäften, bei dem sie im obersten Führungsgremium sitzen? «Ein komplettes Verbot wäre wohl nicht sachgerecht», findet Portmann.

Der Regierungsrat solle aber – wie in den Richtlinien vorgegeben – bereits bei der Besetzung des Verwaltungsrats verstärkt auf mögliche Interessenkonflikte achten und diese auch regelmässig prüfen. «Mit einer jährlichen Offenlegung wären vermutlich bereits genügend Kontrollmechanismen vorhanden, um nur in gewichtigen und gut dokumentierten Fällen solche Geschäfte abzuwickeln», glaubt Portmann.

Heute finden sich in den Jahresberichten von KSA und KSB keine Angaben dazu, ausgewiesen ist nur die ordentliche Vergütung der einzelnen Verwaltungsratsmitglieder.

SVP-Fraktionschefin hält Limite für unnötig, pocht aber auf Transparenz

Anders sieht dies Désirée Stutz – für die Fraktionschefin der SVP im Grossen Rat reichen die gesetzlichen Vorschriften für solche Geschäfte aus. Stutz sagt:

«Eine betragsmässige Limite ist nicht erforderlich und auch nicht zielführend. Entscheidend ist im Falle eines möglichen Interessenkonflikts nicht der Betrag, sondern dass die betroffene Person transparent kommuniziert und sich an die geltenden Vorschriften hält, insbesondere die Ausstandspflicht.»

Stutz gibt zu bedenken, dass Verwaltungsratsgremien strategisch zusammengesetzt würden und dabei gerade auch das branchenspezifische Know-how gesucht werde. «Das führt in der Praxis dazu, dass es immer wieder zu Konstellationen kommt, bei dem ein Verwaltungsrat in zwei Unternehmungen in unterschiedlicher Form beteiligt ist, die miteinander geschäften.» Entscheidend ist für Stutz, wie die Geschäfte abgewickelt werden und ob eine ausreichende Kontrolle stattfindet.

Ein Verbot solcher Geschäfte wäre aus Sicht der SVP-Fraktionschefin nicht sachgerecht und würde dazu führen, «dass gewisse Verwaltungsräte mit spezifischem Know-how nicht mehr zur Verfügung stünden, womit der Sache ebenfalls nicht gedient ist».