Diese Kantischüler glänzen mit eigenem Start-up: Ihr Lernturm macht schon über 2000 Kinder glücklich

Tüfteln für eine Geschäftsidee : Dominic Ill (links) und Simon Thut mit ihrem Tuki-Lernturm. zvg
Tüfteln für eine Geschäftsidee : Dominic Ill (links) und Simon Thut mit ihrem Tuki-Lernturm. zvg
Der Tuki-Lernturm in der Komplettansicht. zvg
Der Tuki-Lernturm in der Komplettansicht. zvg

Seit dem 29. Mai 2020 sind Dominic Ill aus Oberwil-Lieli und Simon Thut aus Widen im Handelsregister des Kantons Aargau als Geschäftsführer und Mitglieder des Verwaltungsrates einer neugegründeten Firma namens Mimodo AG verzeichnet. Eine Start-up-Firma wie viele andere?

Nicht ganz: Die Geschäftsführer sind nämlich erst 19 Jahre alt, im «Hauptberuf» noch Schüler der Kantonsschule Wohlen, aber bereits erfolgreiche Jüngst-Unternehmer. Das von ihnen entwickelte Möbel für Kleinkinder, den sogenannten Lernturm, konnten sie bisher über 2000-mal verkaufen.

«Es war meine kleine Schwester Aline, die uns auf die Idee brachte», erzählt Dominic Ill. Vor vier Jahren waren sein Freund Simon Thut aus Widen und er auf der Suche nach einer zündenden Geschäftsidee. Denn die beiden damals gerade 15 Jahre alten Bezirksschüler wollten eine eigene Firma gründen. Simon Thut erzählt:

«Wir wollten etwas aus Holz herstellen und verkaufen.»

Erste Ideen wie etwa eine Handyhülle aus Holz verwarfen sie bald. Doch dann realisierten sie, dass in Dominics Familie ein spezielles Möbel fehlte.

Sicherer Stand für Mamas kleine Helfer

«Aline kam ins Alter, in dem sie der Mutter unbedingt helfen wollte», schildert Dominic Ill. Eltern kennen die Situation: Kaum können die Kinder gehen, wollen sie schon Mama oder Papa in der Küche behilflich sein.

Doch die Arbeitsfläche ist zu hoch. Zu gefährlich wäre es, die Kleinen ungesichert auf einen Stuhl zu stellen. Und sie auf dem Arm zu tragen und gleichzeitig Gemüse zu rüsten, geht nicht. Die Lösung heisst Lernturm, ein Hochstand, in dem Mamas kleine Helfer stehen können – gesichert vor dem Herunterfallen.

Im Internet findet man Bauanleitungen für solche Möbel, aber fertige Lerntürme gab es nicht zu kaufen – bis 2016: Seither bieten Dominic Ill und Simon Thut sie an. Das erste Exemplar für Aline bauten sie auf der Basis eines Tritthockers von Ikea zusammen – in einer Garage, bekanntlicherweise ein Ort, wo schon viele Start-ups begannen.

Andere Eltern sahen den Lernturm und erkundigten sich nach der Bezugsquelle. Eine Startserie von fünfzehn Möbeln und eine zweite von zwanzig Stück gingen schnell weg – zuerst durch Mund-zu-Mund-Werbung, dann über die eigene Website.

Die beiden Jugendlichen merkten aber bald, dass ihnen die Lernturm-Herstellung neben der Schule über den Kopf wachsen würde. In der Schreinerei des Sozialunternehmens Murimoos fanden sie einen Betrieb für die Fabrikation. Und auch für die Auslieferung, die am Anfang noch die Eltern per Auto übernommen hatten, fanden sie eine Lösung.

Die beiden Väter stiegen als Aktionäre ein

Vier Jahre nach dem Start haben Dominic Ill und Simon Thut im vergangenen Oktober eine neue, weiterentwickelte Version des Möbels präsentiert. Der Tuki-Lernturm ist jetzt höhenverstellbar, wächst mit den Kindern von neun Monaten bis sechs Jahren mit, kann auch als Sitzmöbel benutzt werden und sieht erst noch edel aus.

Für das Design, die Entwicklung und die Industrialisierung des «Tuki» engagierten sie den Luzerner Designer Stefan Westmeyer. «Wir wollten professioneller werden», sagen die beiden Gymnasiasten. Der neue Lernturm kann nicht nur in der Küche zum Einsatz kommen, sondern dient auch als Spielgerät: «Im Wohnzimmer als Piratenschiff, Aussichtsturm, Control-Tower, Dirigentenpult», heisst es auf der Tuki-Website. Oder im Badezimmer am Lavabo beim Zähneputzen und Händewaschen.

Mit geliehenen 600 Franken kauften Dominic und Simon vor vier Jahren im Baumarkt das Holz für die Herstellung der ersten Lerntürme ein. Seither haben sie weit über 100’000 Franken Umsatz gemacht.

Für die Entwicklung und Lancierung von «Tuki» brauchten sie aber neues Kapital und holten ihre beiden Väter als Aktionäre der neuen Mimodo AG an Bord. Dominics Vater Adrian Ill schmunzelt:

«Ich bin fest überzeugt, dass das eine gute Investition ist.»

Dass die beiden Kantonsschüler schon in jungen Jahren partout eine eigene Firma gründen wollten, hat ohne Zweifel mit ihrem familiären Umfeld zu tun: Adrian Ill gründete erfolgreich Unternehmen und sitzt in verschiedenen Verwaltungsräten, und Andreas Thut arbeitet als selbständiger Unternehmensberater.

Zehn Jahre mehr Erfahrung

Planen, organisieren, Probleme erkennen und lösen, Kosten und Finanzen im Griff haben: Dominic und Simon hätten mit ihrem Lernturm-Geschäft mehr über die Wirtschaft gelernt als während ihrer ganzen Schulzeit, sagt Adrian Ill.

Die beiden Väter nähmen eine «aktive Begleiterrolle» wahr, sagt er, und Andreas Thut ergänzt: «Wir haben ein Auge drauf, dass es nicht schief rauskommt.» Aber die unternehmerischen Entscheide müssten die Jugendlichen schon selbst fällen und auch die Konsequenzen tragen. Und Darlehen müssen sie zu üblichen Konditionen zurückzahlen.

Entscheidend sei, so Andreas Thut, dass Dominic und Simon im Alter zwischen 15 und 19 Jahren Erfahrungen gesammelt haben, die andere Firmengründer in der Regel erst nach einem Studium mit 25 Jahren machen können: «Sie sind anderen Start-ups um bis zu zehn Jahre voraus.»

Mehr Infos zum Lernturm gibt es auf www.tuki.ch.