
Drei Kutschenunfälle in drei Wochen: «Nicht hupen und genügend Abstand halten!»


26. Juni, Böttstein: Zwei Pferde brennen durch und rennen auf der Gegenfahrbahn in ein Auto. Ein verletzter Mensch, ein leicht verletztes Pferd.
30. Juni, Sarmenstorf: Ein Töfffahrer fährt ins Heck einer Kutsche, zwei Fahrgäste werden aus der Kutsche geschleudert. Zwei verletzte Menschen, kein verletztes Pferd.
12. Juli, Brittnau: Eine Kutsche kippt in einer Kurve, sieben Fahrgäste werden aus ihren Sitzen geschleudert. Sechs verletzte Menschen, ein verletztes Pferd.
Unfälle mit Kutschen sind eigentlich eher selten. Zuletzt kam es im Aargau aber gleich zu drei Unfällen in drei Wochen. Zum Vergleich: In den vergangenen zwei Jahren wurden der Aargauer Kantonspolizei insgesamt sechs Kutschenunfälle gemeldet. Und in den vergangenen fünf Jahren endete kein Kutschenunfall im Aargau tödlich. Wieso also gerade jetzt diese Häufung? Gründe gebe es keine, glaubt die Aargauer Kantonspolizei. Sprecherin Aline Rey: «Das dürfte reiner Zufall sein.»
Passieren könne immer etwas, da könne man als Kutscher noch so erfahren sein, sagt Guido Isler. Denn: «Pferde sind immer noch Tiere.» Seit 60 Jahren fährt Isler Kutsche, ist immer noch mehrmals die Woche unterwegs. Wohnhaft in Wohlen, fuhr er schon in Zürich, Basel oder Luzern.
Mangelnde Rücksichtnahme von anderen Verkehrsteilnehmern
Er kennt die Wege und Strassen im Aargau wie wohl kaum ein anderer. In den allermeisten Fällen ist er abseits der grossen Strassen unterwegs, fährt durchs Hinterland, die Natur. Manchmal lässt es sich aber nicht umgehen, dass eine Hauptstrasse entweder gekreuzt oder für ein Stück weit darauf gefahren werden muss. Und dann könnte bereits etwas passieren.
Die Gründe, die zu einem Unfall führen, können vielfältig sein, so Isler. So können laute Geräusche die Pferde verschrecken. Wenn etwa ein Auto beim Überholen unnötig Gas geben oder sogar noch hupen würde. Aber auch fehlende Geräusche können ein Problem sein: Wenn etwa ein Velofahrer die Kutsche zu nahe und ohne sich zu melden überholt und damit die Pferde erschreckt: «Viele Menschen wissen heute gar nicht mehr, was ein Pferd ist und wie sie sich verhalten sollten», so Isler.
Pferde können wegen Insektenstich durchbrennen
Dann können aber auch Insektenstiche, Züge oder Rasenmäh-Roboter dazu führen, dass die Pferde durchbrennen. «Solche Roboter kennen sie nicht und sie können sie nicht einordnen.» In diesen Fällen gingen die Pferde, die Fluchttiere sind, auch einmal ab. Gerade bei jüngeren, noch nicht so erfahrenen Pferden, könne dies vorkommen. «Aber einmal muss man diese an die Strassen gewöhnen. Sonst hat man irgendwann keine Tiere mehr.» Und schliesslich könne auch ein schlichter Fahrfehler des Kutschers zu einem Unfall führen.
Zwei Dinge findet Isler für eine sichere Kutschenfahrt zentral: Zum einen dass das Fahrgeschirr perfekt eingestellt ist. Und zum anderen die Erfahrung des Kutschers. Darum rät er Anfängern auch, wenn möglich zu zweit auf Fahrten zu gehen, damit jemand im Notfall noch eingreifen könnte. Isler: «So wie auch Neulenker beim Autofahren Fehler machen, passiert das halt auch beim Kutschenfahren.»
Gefährlicher als etwa das Autofahren sei das Kutschenfahren aber nicht. Besonders dann nicht, wenn die anderen Verkehrsteilnehmer etwas Rücksicht auf die Kutschen nehmen würden, so Isler.