«Horror-Crash vor dem Bözbergtunnel»: Gericht geht von «suizidaler Absicht» aus – 6,5 Jahre Gefängnis und Landesverweis für Unfallverursacher
Acht Stunden haben die Richter beraten, wie der Mann zu bestrafen ist, der vor zwei Jahren mit seinem Porsche in eine stehende Kolonne gerast ist und drei Menschen getötet hat. Insbesondere galt es zu klären, wie gross der Vorsatz war, ob der Fahrer im Moment, als er das Gaspedal durchgedrückt hat, mit einem solchen Ausgang hat rechnen können. Das Bezirksgericht Brugg geht davon aus, dass der 47-Jährige sich umbringen wollte. Seine Frau hatte kurz vor dem Unfall den Notruf gewählt und gesagt: «Ich habe mit meinem Mann telefoniert, er will sich umbringen.» Zudem hatte er einen Brief bei sich, in dem er sich «das Leben von der Seele schrieb», wie sich Gerichtspräsident Sandro Rossi ausdrückte.
Der Beschuldigte bestritt während der Verhandlung vehement, dass er sich jemals habe das Leben nehmen wollen – wohl aus Scham. Eine Erklärung für die Vorfälle konnte er indes nicht liefern, «ich kann mich nicht erinnern» wiederholte er Mal für Mal. Das glaubten ihm die Richter nicht, auch weil der Gutachter ausführte, es sei äussert unwahrscheinlich, dass eine Erinnerungslücke bestehe, wie sie der Beschuldigte beschreibe.
«Handlung nach dem Motto: Nach mir die Sintflut»
Das Gericht geht weiter davon aus, dass der Beschuldigte bei seinem Suizidversuch in der Lage war, die Umstände adäquat zu beurteilen. Konkret: Er wusste, dass er mit über 150 km/h fährt und er wusste auch, dass nur 80 km/h erlaubt gewesen wären. Die Verteidigung hatte argumentiert, bei einem Suizidversuch konzentriere man sich so stark auf sich selbst, dass man die Gefahr für die Umgebung nicht mehr wahrnehmen könne. «Der Beschuldigte ist nicht Nachts auf einer verlassenen Strasse gefahren, sondern bei viel Verkehr auf einer abgesperrten Spur.»
Bei einem Auto mit zwei Tonnen Leergewicht und einer so hohen Geschwindigkeit sei klar, dass sich die Energie bei einem Aufprall nicht kontrollieren lasse. «Das ist eine Wucht, wie wenn ein Mensch aus über zwei Kilometern Höhe stürzt», machte der Gerichtspräsident klar. Die Handlung sei schwerwiegend und äusserst egoistisch gewesen, sie könne nicht anders verstanden werden als «nach mir die Sintflut».
Landesverweis, aber keine ambulante Massnahme
Das Gericht spricht den Mann wegen mehrfacher vorsätzlicher Tötung und qualifiziert grober Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz schuldig, es verhängt eine Freiheitsstrafe von 6,5 Jahren. Wenn er diese verbüsst hat, wird er für fünf Jahre aus der Schweiz weggewiesen. Die Staatsanwaltschaft hatte zudem eine ambulante Massnahme zur Behandlung der psychischen Erkrankung gefordert.
«Dem sind wir nicht nachgekommen, denn dafür muss eine schwere psychische Störung vorliegen», sagt Rossi. Zwar habe der Beschuldigte aufgrund seiner Psyche eine mittelgradige Verminderung der Schuldfähigkeit, eine schwere Störung habe der Gutachter aber nicht feststellen können. Da das Gericht eine Fluchtgefahr sieht, wurden drei Monate Sicherheitshaft angeordnet.