
«Ein Besuch unter Freunden»: Kretschmann und Hofmann trafen sich in Hightech-Betrieb
Winfried Kretschmann, der Ministerpräsident des deutschen Bundeslands Baden-Württemberg, war gestern Freitag zu Besuch im Aargau. Genauer: Kretschmann und seine rund 30-köpfige Delegation trafen den Aargauer Regierungsrat Urs Hofmann und Vertreter der Kantonsregierung in der SWD AG in Densbüren. Das ist ein Hightech-Betrieb, der sich auf Stator- und Rotortechnik spezialisiert hat.
Die Firma stellt Elektroblechpakete her, die wichtiger Bestandteil von Elektromotoren in Fahrzeugen sind. Nicht nur, weil das Unternehmen fleissig die deutsche Automobilindustrie beliefert, trafen sich die Regierungsvertreter in Densbüren. Die SWD AG ist auch ein Vorreiter in der Digitalisierung und der Strategie «Industrie 4.0» – den Themenschwerpunkten der gemeinsamen, grenzübergreifenden Gespräche.
Ein grüner Hybrid-Mercedes
Kretschmann ist seit sieben Jahren Ministerpräsident und stattete dem Aargau bereits den dritten Besuch ab. Der Politiker der Grünen fuhr mit einem dunkelgrünen Mercedes-Hybrid in Densbüren ein. Dazu kombinierte er eine hellgrüne Krawatte.
In der SWD-Firmenhalle begrüsste Gemeindeammann Roger Meyer die Anwesenden und übersetzte zuerst den Ortsnamen für die deutschen Gäste: «Densbüren heisst bei uns Deischbere.» Dann wurde er ernster. Er sei sehr stolz, dass sich die SWD AG, ein «Juwel unter den KMU’s» in seiner Ortschaft angesiedelt hat. SWD-CEO Thomas Stäuble übernahm danach den Lead und führte rund 60 anwesende Personen durch die recht engen Räume der Firma. «Wir brauchen wirklich mehr Platz», sagte Stäuble. «Und dank der Unterstützung des Kantons realisieren wir momentan einen Neubau.»
Datenbrillen und iPad
Während der Führung erklärte Stäuble, wo Elektromotoren überall zum Einsatz kommen: «Bei Fahrzeugen, Alltagsgegenständen oder in der Medizin.» 40 Mitarbeiter beschäftigt die SWD AG. Man arbeite ständig daran, sich zu digitalisieren. Zur Demonstration hielt Stäuble ein iPad in der Hand, das mit einer Maschine verbunden war.
Auf dem iPad kann er die Leistung ablesen oder die Produktionsmenge kontrollieren. «Dank der Technik gehts einfacher und viel schneller. Neu prüfen wir auch den Einsatz von Datenbrillen», so Stäuble. Die Brille scannt die Arbeitsschritte der Mitarbeiter und ersetzt beispielsweise das Übergabeprotokoll. Kommentare könne man mündlich hinzufügen. «Der nächste Mitarbeiter zieht die Brille an und weiss dann gleich, wo der andere aufgehört hat und wo er nun weitermachen muss.»
«Wir dürfen nicht zweifeln»
Nach der Führung moderierte Staatsschreiberin Vincenza Trivigno eine Gesprächsrunde zum Thema Industrie 4.0. Diese industrielle Revolution stehe ganz im Zeichen der Globalisierung und der Digitalisierung. Ein deutscher Unternehmer erklärte: «Neue Lösungen entstehen durch die Vernetzung von Kompetenzen. Jedes Unternehmen wird künftig auch zum Softwareunternehmen. Industrie 4.0 ist keine Science-Fiction.» Dafür brauche es aber auch die Unterstützung der Politik. «Passende Rahmenbedingungen müssen festgelegt und funktionierende Infrastruktur bereitgestellt werden.» Der Kanton Aargau und das Bundesland Baden-Württemberg haben ähnliche wirtschaftliche Voraussetzungen und stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Regierungsrat Urs Hofmann hat keine Angst, sich diesen zu stellen: «Wir dürfen nicht zweifeln, sondern müssen dazu stehen, dass der Aargau ein innovativer Technikkanton sein will. Dafür braucht es auch finanzielle Unterstützung.» Hofmann nennt das High-Tech-Zentrum Aargau als positives Beispiel: «Es fördert die Vernetzungs-arbeit zwischen den KMU’s.»
Eine Herzenssache
Winfried Kretschmann betonte, dass Baden-Württemberg schon heute zu den innovativsten Regionen Europas zähle. «Wir haben die landesweit erste Digitalisierungsstrategie, dafür wenden wir rund eine Milliarde Euro auf.» Im Zug der Digitalisierung hänge alles mit allem und jeder mit jedem zusammen. «Schön gegliederte Ministerien funktionieren in der heutigen Zeit nicht mehr», sagte Kretschmann. Gute Vernetzung und ein guter Austausch bedeuteten Frieden und Wohlstand. Man müsse den KMUs dabei helfen, den Weg in die Zukunft zu finden und auch zu den Nachbarn guten Kontakt pflegen.
Weiter sieht Kretschmann zwischen Baden-Württemberg und dem Aargau viele Parallelen. «Wir entwickeln uns in die selbe Richtung.» Im Laufe des Vormittags habe er mit der Aargauer Regierung auch über Themen wie grenzüberschreitende Mobilität, Elektrifizierung der Hochrheinbahn oder über die Suche nach Standorten für ein Atommüll-Tiefenlager diskutiert. «Es war ein Besuch unter Freunden», so Kretschmann. Gute Beziehungen mit den Schweizer Nachbarn zu haben, sei für ihn eine Herzenssache.