Entschädigungen für Parteipräsidenten und Fraktionschefs im Aargau: Wer am meisten zahlt und wer nichts erhält

Bei der SVP Aargau wurde die Entschädigung für das Fraktionspräsidium im Grossen Rat kürzlich von 2500 auf 6000 Franken erhöht, wie Désirée Stutz im Montagsinterview der AZ sagte. Einer ihrer Vorgänger an der Spitze der Grossratsfraktion war der heutige SVP-Aargau-Präsident und Nationalrat Andreas Glarner. «So weit ich weiss, hat Andreas Glarner die Entschädigung für die Fraktion und für das Präsidium jeweils bezogen», sagte Stutz im Interview.

Glarner hält auf Anfrage der AZ fest, er habe das Honorar von 2500 Franken «in den zehn Jahren, in denen ich Fraktionspräsident war, konsequent zurückgewiesen». Als Präsident der SVP Aargau ‒ in dieses Amt wurde Glarner Anfang 2020 gewählt ‒ hätte er auch ein Honorar von 6000 Franken pro Jahr zugut. Auch diese Entschädigung will der SVP-Kantonalpräsident aber nicht annehmen, Glarner sieht sein Engagement an der Parteispitze als Ehrenamt, wie er sagt.

SVP-Präsident Andreas Glarner hätte 6000 Franken zugut, bezieht aber keine Entschädigung.

SVP-Präsident Andreas Glarner hätte 6000 Franken zugut, bezieht aber keine Entschädigung.

Severin Bigler

Noch bis Ende 2019 lagen die Entschädigungen bei der SVP deutlich niedriger, wie Parteisekretär Pascal Furer auf Anfrage mitteilt. Der frühere Präsident Thomas Burgherr beantragte laut Furer an der letzten Kantonalvorstandssitzung, die er leitete, «die Entschädigung für seinen damals noch nicht bekannten Nachfolger und den Fraktionschef zu verdoppeln, da die Entschädigung die Spesen bei weitem nicht decken würden».

SVP: Parteipräsident und Fraktionschefin erhalten jeweils 6000 Franken

Der Kantonalvorstand setzte auf diesen Antrag hin die Entschädigung auf 6000 Franken für den Präsidenten ab 2020 fest. Die neu zusammengesetzte Grossratsfraktion sprach der Präsidentin ab 2021 dieselbe Entschädigung zu, erläutert Furer. «Ob die Präsidenten das Geld direkt oder indirekt der SVP oder einer Sektion spenden, wissen wir nicht immer und ist natürlich Sache der entsprechenden Personen.»

Bei der grössten Partei im Aargau beläuft sich die Entschädigung für die Fraktionspräsidentin und den Kantonalpräsidenten also auf insgesamt 12’000 Franken. Damit liegt die SVP im Mittelfeld bei den Beträgen, die für die Führungspersonen ausgeschüttet werden, wie eine Umfrage der AZ bei allen Aargauer Kantonalparteien zeigt.

Die Mitte (ehemals CVP): 30’000 Franken für Binder und Kaufmann

Deutlich am höchsten sind die Entschädigungen bei der Mitte (ehemals CVP), wie Geschäftsführerin Barbara Totzke mitteilt. «Die Mitte Aargau hat für Fraktions- und Parteispitze einen Betrag von rund 30‘000 Franken eingestellt», hält sie fest.

Die Mitte-Präsidentin Marianne Binder teilt sich mit Fraktionschef Alfons P. Kaufmann eine Jahresentschädigung von 30'000 Franken.

Die Mitte-Präsidentin Marianne Binder teilt sich mit Fraktionschef Alfons P. Kaufmann eine Jahresentschädigung von 30’000 Franken.

Alex Spichale

Wieviel davon Parteipräsidentin Marianne Binder erhält und welcher Betrag an Fraktionschef Alfons P. Kaufmann geht, will die Geschäftsführerin nicht bekanntgeben. «Die Aufteilung der Entschädigungen wird jährlich nach entsprechendem Aufwand berechnet», teilt Totzke mit. Fraktionspräsident Kaufmann amte gemäss Statuten zusätzlich als Vizepräsident und übernehme auch Parteiaufgaben, ergänzt sie.

SP: Total fast 20’000 Franken, bei Co-Präsidium hälftig aufgeteilt

Auch bei der SP liegt der Totalbetrag für Partei- und Fraktionspräsidium über jenem der SVP ‒ allerdings deutlich unter den Ansätzen der Mitte. «Das Parteipräsidium erhält bei uns eine monatliche Entschädigung über 1200 Franken plus Spesen», teilt der politische Sekretär Sascha Antenen mit. SP-Kantonalpräsidentin und Nationalrätin Gabriela Suter erhält für ihr Pensum von 30 bis 40 Prozent pro Jahr also 14’400 Franken.

SP-Präsidentin Gabriela Suter erhält eine jährliche Entschädigung von 14'400 Franken, zuzüglich Spesen.

SP-Präsidentin Gabriela Suter erhält eine jährliche Entschädigung von 14’400 Franken, zuzüglich Spesen.

Alex Spichale / AGR

Bei einem Co-Präsidium, wie es bei der SP Aargau vor Suters Amtszeit mit Cédric Wermuth und Elisabeth Burgener bestand, wird die Entschädigung hälftig aufgeteilt. Für Fraktionspräsidium stehen bei der SP insgesamt 5000 Franken zur Verfügung. Derzeit führen Claudia Rohrer und Colette Basler die Fraktion gemeinsam, sie erhalten jeweils 2500 Franken.

FDP: Ansätze wurden auf dieses Jahr hin um 20 Prozent gesenkt

Bei den Freisinnigen liegt die Entschädigung für das Präsidium laut Geschäftsführer Stefan Huwyler bei 10’000 Franken pro Jahr. Diesen Betrag bezieht die neugewählte Präsidentin Sabina Freiermuth ‒ der frühere Präsident Lukas Pfisterer erhielt noch 12’500 Franken. «Per 2021 wurden die Entschädigungen für Parteipräsidium und Fraktionspräsidium um jeweils 20 Prozent gesenkt», teilt Geschäftsführer Huwyler mit.

Die neue FDP-Präsidentin Sabina Freiermuth erhält 10'000 Franken pro Jahr, ihr Vorgänger Lukas Pfisterer hatte noch 12'500 Franken bezogen.

Die neue FDP-Präsidentin Sabina Freiermuth erhält 10’000 Franken pro Jahr, ihr Vorgänger Lukas Pfisterer hatte noch 12’500 Franken bezogen.

Chris Iseli

Sabina Freiermuth, die bisher Fraktionschefin war, erhielt im letzten Jahr noch 6250 Franken. Weil auch dieser Ansatz um 20 Prozent reduziert wurde, wird ihr Nachfolger, dessen Wahl vor der Grossratssitzung am kommenden Dienstag ansteht, eine Entschädigung von 5000 Franken beziehen. Der Entscheid, die Ansätze für Präsidium und Fraktionsleitung zu senken, wurde laut Huwiler von der Geschäftsleitung nach einer internen Kostenanalyse gefällt. Die Reduktion der Bezüge habe «keinen Zusammenhang mit den personellen Wechseln, die in diesem Jahr auf beiden Positionen stattfinden», ergänzt der FDP-Geschäftsführer.

Grüne: 2000 Franken für den Präsidenten ‒ aber Hölzle verzichtet

Bei ihren politischen Positionen könnten Andreas Glarner (SVP) und Daniel Hölzle (Grüne) kaum weiter auseinander liegen. Dennoch gibt es zwischen den beiden Kantonalpräsidenten der Parteien am rechten und linken Rand im Aargau eine Gemeinsamkeit: Sie beziehen keine Entschädigung. Bei den Grünen wären laut Geschäftsführer Mohaya Devay grundsätzlich 2000 Franken pro Jahr als Entschädigung für das Präsidium vorgesehen. «Jedoch hat unser Parteipräsident Daniel Hölzle die letzten Jahre auf die Entschädigung verzichtet», ergänzt er.

Grünen-Präsident Daniel Hölzle hätte eine Jahresentschädigung von 2000 Franken zugut, verzichtet aber auf diesen Betrag.

Grünen-Präsident Daniel Hölzle hätte eine Jahresentschädigung von 2000 Franken zugut, verzichtet aber auf diesen Betrag.

Fabio Baranzini

Hölzle sagt auf Nachfrage, er habe das Honorar manchmal bezogen und dann für Wahl- oder Abstimmungskampagnen seiner Partei gespendet. «Ich bin nicht auf die Entschädigung angewiesen und habe mich deshalb der Einfachheit halber entschieden, auf den Betrag zu verzichten», sagt Hölzle, der seit 2016 Grünen-Präsident ist. Für das Fraktionspräsidium im Grossen Rat, das derzeit Robert Obrist innehat, gibt es bei den Grünen keine Entschädigung.

Grünliberale und EVP zahlen ihrem Führungspersonal keine Vergütungen

Bei der GLP Aargau, die bei den letzten Grossratswahlen stark zulegte und im Kantonsparlament nun 13 Vertreter stellt, gibt es keine Vergütungen für Präsidium und Fraktionsleitung. «Alles wird ehrenamtlich ausgeführt, allfällig entstehende Spesen werden vergütet», schreibt Geschäftsführerin Béa Bieber.

Trotz des grossen Wahlerfolgs dürfte sich dies nicht ändern – ihr sei «keine angedachte Neuregelung bekannt», ergänzt Bieber. Bei den Grünliberalen steht im Herbst ein Wechsel im Präsidium an – als möglicher Nachfolger des abtretenden Beat Hiller hat sich Philippe Kühni in Position gebracht.

Auch bei der EVP, die im Grossen Rat mit sechs Mitgliedern vertreten ist, beziehen Präsidium und Fraktionspräsidium keine Vergütungen. «Allenfalls werden effektiv angefallene Spesen abgerechnet», teilt Geschäftsführerin Barbara Müller mit.