«Erbmonarchie» bei der SVP: Neuling Giezendanner darf hinten sitzen, Glarner muss vorne bleiben

Wer sitzt wo und warum? Wer darf hinten, wer muss vorne? Diese Fragen führen zu einem regelrechten parteiinternen Streit bei der SVP, wie der TV-Sender Tele M1 berichtet.

Die Sitzordnung im Nationalrat ist traditionell hierarchisch. Vorne sitzen die Neuen, hinten die Alteingesessenen und jene, die in der Partei etwas zu sagen haben. Mitten unter diesen erlauchten Kreisen durfte nun der neugewählte Benjamin Giezendanner Platz nehmen.

«Ich hatte wahrscheinlich Glück und man hat es gut mit mir gemeint, dass ich ganz hinten sitzen durfte», sagt er im Interview mit dem TV-Sender. Auf die Frage, ob er denn kein schlechtes Gewissen habe, findet Giezendanner eine klare Antwort: «Nein, überhaupt nicht.» Und: «Ich bin dankbar, dass es überhaupt einen Sitz für mich gibt», sagt er zum Regionalsender.  

Eine Sonderbehandlung?

Auffällig sei hierbei jedoch eines: Benjamin Giezendanner sitzt nur einen Stuhl neben dem, der seinem Vater, dem langjährigen SVP-Nationalrat Ueli Giezendanner, gehört hat. Gleich daneben sitzt die neugewählte Esther Freidli, die Lebenspartnerin vom ehemaligen SVP-Präsidenten Toni Brunner.

Die beiden Vertreter aus prominenten SVP-Familien scheinen eine Sonderbehandlung zu geniessen. So soll es anderen Parlamentariern erscheinen, wie Tele M1 berichtet. Andreas Glarner, der schon seit vier Jahren für die SVP in der Grossen Kammer politisiert, muss indes immer noch mit einem sogenannten «billigen Platz» vorliebnehmen. 

Sitzordnung ist interne Angelegenheit

«Hier gilt offenbar die Erbmonarchie. Ich weiss nicht genau, welche Gesetze hier am Laufen waren. Aber das müssen sie selber verantworten», sagt Glarner gegenüber Tele M1. 

Verantwortlich für die Sitzordnung ist der SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi. Er will keine Stellung zu dem Sitzknatsch nehmen. Er sagt, dass die Sitzordnung eine interne Angelegenheit sei.

Dass der Platz seines Sohnes für böses Blut bei der SVP sorgt, hat Ueli Giezendanner kein Verständnis. «Das Ganze ist ein Kindergarten. Wir haben ja sonst keine Probleme in diesem Land, wenn wir über sowas streiten können», sagt der Altnationalrat. Für seinen Sohn sei das gerade gut, da er nun die parteiinternen Feinde kennen würde. 

Giezendanner zeigt sich enttäuscht

Wegen der Intervention von Andreas Glarner hat die Fraktion offenbar einen Kompromiss beschlossen. Eigentlich hätte Benjamin Giezendanner einen noch prominenteren Platz gehabt. Dass das nicht so gekommen ist, ist Andreas Glarner geschuldet, wie Giezendanner sagt:

Er hätte gerne den Sitz seines Vaters gehabt. Schliesslich sei dieser Stuhl seit 40 Jahren in Aargauer Hand gewesen. 

Diese Episode macht klar, dass die Sitzverteilung im Nationalrat nicht nur Logistik, sondern auch ein gutes Stück Politik ist. 

Auf dem ehemaligen Platz von Ueli Giezendanner sitzt jetzt der Luzerner Nationalrat Franz Grüter.