
Fall «Milchgold»: Aargauer Käserei bezieht 1,1 Millionen zu viel vom Bund
Bund führt Stichproben durch
Milchverwerter wie die Milchgold Käse AG erhalten vom Bund pro Kilo verkäster Milch eine Verkäsungszulage von 15 Rappen. Die Zulagen müssen sie innert Monatsfrist den Milchproduzenten weitergeben. Das Bundesamt für Landwirtschaft prüft auf Basis von Stichproben, ob die Zulagen den Produzenten überwiesen worden sind. 2013 stellte die Zeitschrift «Beobachter» das Subventionsmodell infrage. Für manche Bauern sei es unmöglich, zu erfahren, wo ihre Milch lande. Deshalb könnten sie nicht kontrollieren, ob sie die Zulagen erhalten, die ihnen zustünden. Gegenüber der «Bauern Zeitung» räumte das Bundesamt ein, es sei grundsätzlich immer möglich, «mit betrügerischen Aktivitäten ein Kontrollsystem über eine gewisse Zeit auszuhebeln». (nla) Gemäss Landwirtschaftsgesetz muss das fehlbare Unternehmen «die zu Unrecht bezogenen Beiträge unabhängig von der Anwendung von Strafbestimmungen» zurückerstatten. Sprecherin Florie Marion sagt, «Milchgold» habe «die zu viel bezogenen Beiträge zurückerstattet». Ausserdem musste die Freiämter Käserei eine Busse von 8000 Franken bezahlen. Das Bundesamt kann bei Widerhandlungen gegen das Landwirtschaftsgesetz als Verwaltungsmassnahme Bussen von höchstens 10’000 Franken aussprechen.
Vor einem Jahr wurde der Fall publik, jetzt hat sich der Verdacht bestätigt. Die Milchgold Käse AG mit Sitz im Auw hat zu Unrecht 1,1 Millionen Franken Bundessubventionen bezogen. Dies ergab ein Verwaltungsverfahren des Bundesamts für Landwirtschaft. Sprecherin Florie Marion sagt: «Es konnten bei mehreren Milchlieferanten jeweils bei einigen Milchgeldabrechnungen Differenzen bei der Milchmenge zur Datenbank Milch festgestellt werden.»
Das heisst übersetzt: Der Käser hat in der Datenbank Milch grössere Mengen erfasst, als er gegenüber den Bauern auf der monatlichen Milchgeldabrechnung auswies. Weil die Verkäsungszu-lage (siehe Box) von 15 Rappen pro Kilogramm verkäster Milch anhand der Werte in der Datenbank Milch ausbezahlt wird, wirken sich die darin erfassten Mengen direkt auf die vom Bund ausbezahlten Subventionen aus. Um auf eine Summe von 1,1 Millionen Franken zu kommen, hatte der Käser insgesamt gut 7655 Tonnen Milch mehr in der Datenbank eingetragen, als er auf den Milchgeldabrechnungen auswies.
Strafverfahren noch hängig
Das Ergebnis der Untersuchung dürfte einen Milchlieferanten besonders freuen: Markus Ottiger. Er brachte den Fall im Herbst 2017 ins Rollen. Als er eine Vollkostenrechnung für seine Milchproduktion machen wollte, stellte er Unregelmässigkeiten fest. Von Januar 2016 bis Mai 2017 waren in der Datenbank Milch jeden Monat ziemlich genau 3000 Kilogramm Milch mehr erfasst als auf der Milchgeldabrechnung, wie die «Bauern Zeitung» berichtete. Das machte Ottiger stutzig. Er meldete die Abweichung dem Bundesamt. Dieses hatte daraufhin alle Milchgold-Lieferanten aufgefordert, ihre Abrechnungen für die Zeit von Januar 2013 bis November 2017 einzureichen.
Ausserdem zeigte Markus Ottiger – zusammen mit vier weiteren Lieferanten – den Geschäftsführer der Milchgold Käse AG an. Fiona Strebel, Mediensprecherin der Aargauer Staatsanwaltschaft, bestätigte Anfang August auf Anfrage der AZ, dass die kantonale Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Verdachts auf Betrug eröffnet habe. Für den beschuldigten Geschäftsführer gilt die Unschuldsvermutung.
Dem Aargauer Bauernverband waren die Betrugsvorwürfe gegen die Freiämter Käserei bereits im Sommer bekannt. Geschäftsführer Ralf Bucher betonte damals gegenüber der AZ, die Bauern hätten «sicher nicht direkt profitiert». Sollten sich die Betrugsvorwürfe bestätigen, gehe das «natürlich gar nicht». Obwohl der Bund inzwischen bei den Abrechnungen auf Unregelmässigkeiten gestossen ist, will Ralf Bucher noch keine Stellung zum Milchgold-Fall nehmen, solange die strafrechtliche Untersuchung nicht abgeschlossen ist. «Erst diese wird zeigen, wie gross das Vergehen ist und ob der Geschäftsführer in der Absicht handelte, sich zu bereichern», sagt er.
Der Geschäftsführer der Milchgold Käse AG will auf Anfrage der AZ nichts sagen. Er hält lediglich fest, dass dem Bund die zu Unrecht bezogenen Subventionen zurückbezahlt worden seien.