Flückiger nimmt Fussgänger in die Pflicht und kritisiert den Bundesrat

Vor gut einem Monat starb die 19-jährige Elida, nachdem sie auf einem Fussgängerstreifen in Lenzburg von einem Senior angefahren und schwer verletzt worden war. Der 80-Jährige hatte die junge Frau nicht bemerkt und sie mit seinem Auto ungebremst erfasst. Später stellte sich heraus, dass der Unfallfahrer, ein Aargauer Zahnarzt, wegen massiver Tempoexzesse innerorts vorbestraft und mit einem Führerausweisentzug belegt war.

Seither haben sich laut den Medienmitteilungen der Kantonspolizei im Aargau fünf weitere Unfälle auf Fussgängerstreifen ereignet. Jedesmal gab es dabei Verletzte, zuletzt wurde am Freitag in Unterkulm ein 18-Jähriger von der Ambulanz mit Beinverletzungen ins Spital gebracht.

Handzeichen, keine Kopfhörer…

Nach dem tödlichen Unfall in Lenzburg sagte der Lenker gegenüber dem «Blick», die junge Frau habe grosse Kopfhörer getragen. Und er ergänzte, im Verkehr Musik zu hören, sei gefährlich. SVP-Nationalrätin Sylvia Flückiger befasst sich seit Jahren mit der Sicherheit an Fussgängerstreifen. 2013 scheiterte die Aargauerin mit einem Vorstoss, das einst obligatorische Handzeichen für wartende Passanten wieder einzuführen. Und 2015 forderte sie in einer Motion erfolglos ein Kopfhörerverbot am Fussgängerstreifen.

Beim Bundesrat vorstellig geworden

Flückiger hält fest, sie möchte auf keinen Fall der verstorbenen Elida die Schuld am tragischen Unfall geben. «Und ich bedaure ausserordentlich, was passiert ist.» Dennoch ist sie beim Bundesrat vorstellig geworden. Leider seien vermehrt Unfälle mit Fussgängern zu verzeichnen, jeder davon sei einer zu viel. «Handy und Kopfhörer gehören jetzt auch noch zum Alltagsbild beim Queren der Strassen», hält Flückiger fest. Und sie kritisiert, die Fussgänger würden offenbar das Gesetz mit dem Hinweis, man dürfe «den Fussgängerstreifen nicht überraschend betreten» noch immer nicht kennen. «Was unternimmt der Bundesrat, damit diese wichtige Gesetzespassage endlich zur Kenntnis genommen und beachtet wird?», fragt Flückiger.

Die Landesregierung antwortet gestern Montag in der Fragestunde und hielt fest, die Sicherheit der Fussgänger sei ihr ein grosses Anliegen. Deshalb begrüsse der Bundesrat «die Kampagnen, die auf das korrekte Verhalten bei Fussgängerstreifen hinweisen». Zudem werde die Sicherheit bei Fussgängerstreifen durch bauliche Massnahmen weiter verbessert. Unfalldaten würden die Wirksamkeit dieser Kampagnen und Massnahmen belegen. Die Zahl der Toten und Schwerverletzten auf Fussgängerstreifen sei rückläufig, schreibt der Bundesrat.

«Antwort ist ernüchternd»

Die Antwort des Bundesrates ist für Flückiger ernüchternd: «Einmal mehr sind es nur nichtssagende Bemerkungen.» Sie hätte sich gewünscht, dass der Bundesrat stärker auf die Eigenverantwortung der Fussgänger eingehen würde. Flückiger sagt, sie sei häufig mit dem Auto unterwegs und habe schon oft kritische Situationen erlebt.

«Ich bin überzeugt, dass das Handzeichen immer noch die beste und günstigste Methode wäre, um die Strasse sicher zu überqueren.» Die zweitbeste Lösung ist aus ihrer Sicht der Spruch: «Rad steht – Fussgänger geht.» Dies sollte nicht nur für Kinder gelten, wie in der Kampagne der Beratungsstelle für Unfallverhütung. (Fabian Hägler/AZ)