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Abgewählter Ammann: «Der Schock sitzt mir noch immer in den Knochen»

18 Tage sind vergangen seit seiner Abwahl. Bisher hat Robert Müller (SVP) noch nicht öffentlich über das für ihn so enttäuschende Wahlergebnis gesprochen. Am Telefon gibt er nun Auskunft. Man hört es seiner Stimme an: Verdaut hat Müller die Enttäuschung noch nicht. «Sie können sich vorstellen, dass es eine sehr schwierige Situation ist für mich», sagt er.

Am 26. September hat Robert Müller die Wiederwahl als Ammann von Freienwil nicht geschafft. «Niemand hat damit gerechnet, ich auch nicht», sagt er. Und weiter:

«Das Ergebnis war ein Schock. Und der Schock sitzt mir noch immer in den Knochen.»

Seit 2012 ist Müller Gemeindeammann in der kleinsten Gemeinde im Bezirk Baden (Bevölkerungszahl: 1110). Für dieses Amt war er im September der einzige Kandidat. Um den Einzug in den Gemeinderat aber war es zu Kampfwahlen gekommen: Neben fünf bisherigen Mitgliedern, darunter Müller, kandidierten auch drei neue Kandidatinnen und Kandidaten für einen Sitz.

«Mit Haut und Haaren für die Gemeinde eingesetzt»

Einer der Neuen, der parteilose Manuel Oeschger, wurde mit 244 Stimmen gewählt. Robert Müller erhielt 173 Stimmen und liess damit zwar die beiden anderen Neukandidierenden hinter sich – für die Wiederwahl in den Gemeinderat reichte es aber nicht. «Dass es allenfalls zu einem zweiten Wahlgang kommen könnte, war ein Szenario, das ich für möglich hielt. Aber das Ergebnis, das nun eingetroffen ist, habe ich nicht erwartet.»

Geboren und aufgewachsen ist der 65-Jährige in Hongkong. Seine spätere Jugend verbrachte er im Aargau. Im Anschluss an ein fünfjähriges Ausland-Mandat im Mittleren Osten zog er 2007 nach Freienwil. Der Architekt ist nicht nur in der Lokal-, sondern auch in der Kantonspolitik aktiv: Er sitzt für die SVP im Grossen Rat.

Robert Müller sagt, es sei schon sehr enttäuschend, wenn man sich mit Haut und Haaren jahrelang für die Gemeinde einsetze und dann auf diese Weise aus dem Amt scheiden müsse. «Konnten doch dank meines Fachwissens mit hoher Qualität und Kosteneffektivität zahlreiche Infrastrukturprojekte umgesetzt werden, nebst der Dorfbeiz und Kultursaal «Weisser Wind» zum Beispiel auch Werkleitungen, Strassenbau, Hochwasserschutz und Schulbauten», sagt er.

«Nicht zuletzt konnte ich auch das Profil und die Aussenwahrnehmung unserer Gemeinde in der Region positiv beeinflussen», ist Müller überzeugt. Sein Fazit: «Es wurde vieles erfolgreich erreicht.»

«Es gab im Dorf immer wieder unsinnige Unterstellungen»

Möglicherweise sei es bei anderen Kandidaturen auch darum gegangen, seine Wahl zu verhindern. «Es gab im Dorf immer wieder unsinnige Unterstellungen, ich würde wegen meines Amtes als Gemeindeammann in privater Hinsicht profitieren. So etwa beim Projekt Freienwil Mitte, wo der Dorfladen entstehen soll.»

In Tat und Wahrheit sei das Gegenteil der Fall: «Ich und meine Frau haben sogar einer Abzonung des Areals zugestimmt, wo wir selber betroffen sind.» Zudem seien entschädigungslos Dienstbarkeiten eingeräumt worden.

Würde er im Nachhinein etwas anders machen, sei es im Wahlkampf, sei es als Gemeindeammann? Müller:

«Nein, ich würde alles wieder gleich machen.»

Er habe Reaktionen und Zuschriften nicht nur von einigen Bürgerinnen und Bürgern, sondern von anderen Politikerinnen und Politikern aus der Region erhalten. «Das Resultat hat bei vielen von ihnen Befremden und Fassungslosigkeit ausgelöst.»

Neben Müller wurden in der Region Baden auch weitere SVP-Politiker abgewählt, so in Gebenstorf. Und kein Kandidat und keine Kandidatin dieser Partei hat in der Region neu den Einzug in den Gemeinderat geschafft. Müller sagt:

«Diese Tendenz, dass es SVP-Mitglieder schwierig haben, hat mir sicher nicht geholfen.»

Othmar Suter will neuer Gemeindeammann werden. 

Robert Müllers Nachfolge als Gemeindeammann will der parteilose Othmar Suter antreten, der an den Erneuerungswahlen als Vizeammann bestätigt wurde. Er hat seine Kandidatur für den zweiten Wahlgang am 28. November angemeldet (die AZ berichtete). Wird Othmar Suter gewählt, muss er als Vizeammann demissionieren. Danach wird auch dieses Amt zur Wahl ausgeschrieben. Dieses peilt Urs Rey an.