
Gastro-Präsident: «Jedes vierte Restaurant im Aargau wird Corona wohl nicht überleben»
«Die Aargauer Wirte sind keine ‹Jammeri›, aber die aktuelle Situation ist bedrückend», sagt Bruno Lustenberger, der seit 2016 den kantonalen Verband Gastro Aargau präsidiert. In der Corona-Krise sei die Zukunft für viele Restaurants höchst ungewiss. Problematisch sei, dass Fixkosten wie Mieten weiterlaufen, während die Einnahmen mit der verordneten Schliessung von einem Tag auf den anderen auf null sanken.
Lustenberger geht davon aus, dass viele Betriebe öffnen werden, wenn der Bund dies erlaubt. «Aber ich befürchte, dass ein Viertel der Lokale im Aargau die finanziellen Folgen dieser Krise nicht überstehen wird.» Gastro Aargau hat 1200 Mitglieder, demnach wären 300 Lokale vom Konkurs bedroht. Sorgen bereitet Lustenberger die Reduktion der Sitzplätze wegen der Abstandsregel. Für kleinere Betriebe könne dies existenzbedrohend sein, sagt der Präsident von Gastro Aargau. «Stellen Sie sich ein Restaurant in einer Aargauer Altstadt vor, das vielleicht 20 Plätze hat und von einem Ehepaar geführt wird. Wenn nur noch 10 Gäste bewirtet werden können, fällt massiv Umsatz weg, doch die Frau und der Mann, von denen jemand im Service und jemand in der Küche arbeitet, können kein Personal einsparen.»
Um dies zu verhindern, fordert der Verband vom Bund den Erlass der Mehrwertsteuer bis Ende Jahr und die Übernahme der Mieten im Lockdown. Zudem sollen alle Einwohner einen Gutschein erhalten, der im Gastro- oder Tourismusbereich einlösbar ist.
Wann die Restaurants öffnen dürfen, könnte der Bundesrat am 29. April bekannt geben. Lustenberger bereitet sich darauf vor, sein Lokal nach Corona-Vorgaben zu betreiben. «Ich führe die ‹Krone› seit rund 25 Jahren, in dieser Zeit war ich nie länger als zwei Wochen in den Ferien – und jetzt ist unser Lokal schon seit fünf Wochen geschlossen», sagt Lustenberger beim Besuch am Mittwochmorgen vor Ort in Aarburg. «Ich würde Ihnen gern einen Kaffee servieren, aber die Kaffeemaschine ist längst abgestellt.» Lustenberger ist ein positiv denkender Mensch, der gern anpackt, neue Konzepte entwickelt und Lösungen sucht. Doch die Corona-Krise macht auch ihn nachdenklich: «Wir hängen im luftleeren Raum, wir wissen nicht, wann und unter welchen Voraussetzungen wir Restaurants, Bars und andere Lokale wieder öffnen können.»
Sehnlichst warten die Gastronomen im Aargau auf einen Entscheid des Bundesrats – und sie sind frustriert, das kommt in einer kurzen Mitteilung auf der Website des Verbands klar zum Ausdruck: «Wir sind entsetzt, dass der Bundesrat die Gastrobranche hängen lässt und sich auch nicht konkret zu Fragen äussert.» Lustenberger wünscht sich einen Entscheid wie in Österreich, wo die Restaurants am 15. Mai wieder aufgehen. «Wir haben beim Bund ein Schutzkonzept eingereicht; ich hoffe, dass mit diesen Vorgaben eine Öffnung am 22. Mai, also eine Woche später als in Österreich, bei uns möglich ist.»
Am selben Tisch sitzen nur Gäste, die auch sonst zusammenleben
Doch wie soll der Betrieb in seinem Restaurant funktionieren, wenn der Bund die Öffnung bewilligt? Bruno Lustenberger sagt: «Stellen wir uns vor, Sie kommen wie heute um 9 Uhr zu uns und möchten einen Kaffee und ein Gipfeli. Wenn Sie mit einem Kollegen aus dem gleichen Büro kommen, setzen wir Sie zusammen an einen Tisch.» Das gilt auch beim Nachtessen: Familien oder Personen aus dem gleichen Haushalt sollen zusammensitzen, wer nicht am gleichen Ort arbeitet oder wohnt, wird auch nicht am gleichen Tisch platziert.
Zurück zur Znünipause am Morgen. «Der Tisch neben Ihnen bleibt frei, so wird der nötige Abstand zu anderen Gästen gewährleistet», sagt Lustenberger. «Die Serviceangestellte kommt zu Ihnen, nimmt mit zwei Metern Abstand ihre Bestellung auf und bringt Ihnen den Kaffee und das Gipfeli. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Wenn die Angestellte keine Schutzmaske trägt, stellt sie Kaffee und Gipfeli auf dem Nebentisch ab und Sie als Gast können ihre Bestellung von dort nehmen. Oder sie trägt eine Maske und serviert Ihnen Kaffee und Gipfeli direkt am Tisch.»
Schwieriger wird es am Mittag oder Abend, wenn die Gäste länger im Restaurant sind. «Derzeit ist noch offen, ob Buffets erlaubt sind – ich würde dies begrüssen und könnte mir vorstellen, dass die Gäste ihre Speisen mit Schutzmaske und Abstand selber holen», sagt Bruno Lustenberger. Auch die Variante wie beim Znüni, das Essen auf dem Nebentisch zu servieren, ziehe man in Betracht. «Es ist aber klar, dass es trotz allen Anstrengungen schwierig wird, den Abstand immer einzuhalten und Kontakte ganz zu vermeiden», räumt Lustenberger ein. In seinem Lokal, das im Normalbetrieb 180 Sitzplätze in verschiedenen Räumen aufweist, sei es noch eher möglich, die Gäste weit auseinander zu platzieren. «Wenn wir den 2-Meter-Abstand einhalten, können wir so noch rund 80 Plätze besetzen», sagt der Aargauer Gastropräsident.