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KSA-Chef schlägt Alarm: Operationen müssen verschoben werden, Mitarbeitende kündigen

Seit Wochen werden im Aargau täglich mehrere Hundert neue Coronafälle registriert. Für Dienstag meldet der Kanton 686 Neuansteckungen. So viele wie noch nie seit Beginn der Pandemie. Der bisherige Negativrekord vom 22. Dezember 2020 mit 575 neuen Fällen wurde um mehr als 100 überschritten.

Infizieren sich mehr Menschen mit dem Coronavirus, müssen entsprechend auch mehr Menschen wegen Covid-19 im Spital und im schlimmsten Fall auf der Intensivstation behandelt werden. Im Aargau waren am Dienstag 98 Personen wegen Covid-19 im Spital. 19 von ihnen lagen auf der Intensivstation, fünf auf der Überwachungsstation.

Zu viele, um einen normalen Spitalbetrieb aufrechterhalten zu können. «Die Lage ist so angespannt wie noch nie», sagt Sergio Baumann, Interims-CEO am Kantonsspital Aarau (KSA). Das grösste Aargauer Spital kann wegen der Coronasituation das aktuelle Operationsprogramm nicht mehr aufrechterhalten: «Wir müssen beginnen, Eingriffe zu verschieben», sagt Baumann. Die betroffenen Patientinnen und Patienten würden persönlich informiert.

Es wiederholt sich, was Patientinnen und Patienten aus früheren Wellen kennen. Wer nicht dringend Hilfe braucht, muss damit rechnen, dass er warten muss.

Auch das KSB und Hirslanden müssen Operationen verschieben

Auch das Kantonsspital Baden (KSB) teilt auf Anfrage mit, dass sich «Verschiebungen von geplanten Eingriffen in den vergangenen Wochen teilweise nicht verhindern liessen». Das Patientenaufkommen sei seit Wochen und Monaten «sehr hoch», was die Operationsplaner und die Bettendisposition täglich vor grosse Herausforderungen stelle.

Die Hirslanden Klinik Aarau musste ebenfalls vereinzelt Operationen verschieben. «Jetzt spitzt sich die Lage spürbar zu und wir passen das Operationsprogramm laufend an die aktuellen Entwicklungen an», teilt die Medienstelle mit.

64 von 67 Intensivpatienten waren ungeimpft

Auf den Intensivstationen der Aargauer Spitäler werden fast ausschliesslich Personen behandelt, die sich nicht gegen Covid-19 haben impfen lassen. Von den 67 Covid-Patienten, die seit dem 21. August 2021 auf den Intensivstationen behandelt wurden, waren laut Gesundheitsdepartement lediglich drei vollständig geimpft. Das entspricht einem Anteil von 4,5 Prozent. Anders gesagt: Über 95 Prozent waren nicht – oder nicht vollständig – geimpft.

Diese Zahlen zeigen deutlich: Geimpfte können sich zwar sehr wohl mit dem Coronavirus anstecken. Schwer krank werden sie aber selten. Genau das ist frustrierend für all jene, die an der Front in den Spitälern die kranken Menschen pflegen.

Die Mitarbeitenden leisteten aktuell Unglaubliches und die Situation sei äusserst schwierig für sie, sagt Sergio Baumann. «Sie betreuen die Patientinnen und Patienten bestmöglich, kommen jedoch zunehmend an ihre physischen und psychischen Grenzen.»

Auf ein besinnliches Weihnachtsfest im Freundes- oder Familienkreis müssen die Mitarbeitenden in den Spitälern wohl auch dieses Jahr verzichten. Hirslanden-Sprecher Philipp Lenz sagt beispielsweise: «Momentan sieht es so aus, als ob wir über die Feiertage mit mehr Mitarbeitenden planen müssen als in Nicht-Corona-Jahren – dies ist aber noch spekulativ.»

Das Kantonsspital Baden macht keine Prognosen. Welcher Ressourcenaufwand über die Festtage notwendig sei, werde sich zeigen, teilt die Medienstelle mit.

20 Kündigungen in den vergangenen Wochen

Die Aussichten sind alles andere als rosig. Es ist Anfang Dezember und die Fallzahl steigen zum fünften Mal, ohne dass sich ein Ende abzeichnet – im Gegenteil. «Die Folge ist, dass immer mehr medizinische Fachkräfte kündigen», sagt der Interims-Chef des KSA. In den vergangenen Wochen hätten im KSA rund 20 Pflegefachkräfte ihre Tätigkeit aufgegeben. «Sie wechselten oftmals nicht den Betrieb, sondern den Job», sagt Baumann. Die Gründe hierfür seien vielfältig, sagt Baumann. Aber hauptsächlich Erschöpfung und Überlastung.

Dass Menschen, die in der Pflege tätig sind, ihren Beruf an den Nagel hängen, ist kein neues Phänomen. Schon vor der Pandemie sind 40 Prozent der Pflegenden frühzeitig aus dem Beruf ausgestiegen. Stellen neu zu besetzen war angesichts des Fachkräftemangels schon immer eine Herausforderung. Aber mit Corona ist es noch schwieriger geworden.

Baumann betont, das KSA habe bereits im Spätsommer erste Massnahmen fürs Pflegepersonal eingeführt und sei daran, weitere Entlastungs- und Unterstützungsmassnahmen zu realisieren.