Glarner-Kritik prallt bei lokalen SVP-Präsidenten ab: «Wir sind keine Weichspüler-Ortspartei»

«Ich habe grösste Bedenken, dass das gut kommt, wenn die Ortsparteien bei ihrem Weichspülerkurs bleiben.» Das sagte SVP-Präsident An­dreas Glarner im AZ-Montagsinterview mit Blick auf die Gemeindewahlen, die im Herbst im Aargau stattfinden.

Glarner hielt fest, er versuche die Sektionen in grösseren Gemeinden mit Einwohnerräten auf Kurs zu bringen. Die lokalen SVP-Sektionen im Aargau müssten hart arbeiten und unbequem sein. Glarner kritisiert:

«Es sind immer die gleichen Sprüche aus den Ortsparteien: Ein harter Kurs schade, man müsse braver sein.»

Als negatives Beispiel nannte er Buchs, wo sich die Ortspartei geweigert habe, Plakate für die Burka-Abstimmung aufzuhängen.

Samuel Hasler, der Präsident der SVP Buchs, verteidigt sich und sagt, der Vorstand habe das beschlossen. Doch wie reagieren die Präsidenten anderer Ortsparteien auf die Kritik von Kantonalpräsident und Hardliner Glarner?

Aarau: «Wie man auftritt, ist eine Grundsatzfrage»

Zu Glarners Kritik an den «Weichspüler»-Ortsparteien sagt der Aarauer SVP-Präsident Simon Burger: «Wie man als Politiker auftreten soll, ist eine Grundsatzfrage.» Die SVP sei zu einem Teil mit pointierten Aussagen gross und erfolgreich geworden.

Burger gibt sich versöhnlich: «Es ist nicht an mir, unseren Kantonalparteipräsidenten zu kritisieren.» Er sagt aber auch:

«Gerade in den Städten, die eher links ticken, muss man aber sorgfältig zwischen aggressivem und moderatem Auftritt abwägen.»In Aarau hatte die SVP nach der Fusion mit Rohr mit Regina Jäggi eine Vertreterin im Stadtrat. Jäggi fuhr nicht die harte Glarner-Linie, sondern politisierte eher moderat.

Sie trat 2017 nicht mehr an, die SVP portierte Staatsanwalt Simon Burger, der die Wahl aber verpasste. Diesen Herbst wird der Sitz von SP-Stadtrat Daniel Siegenthaler frei – ob die SVP eine Kandidatur stellt, lässt Stadtparteipräsident Burger offen.

Eine erneute eigene Kandidatur schliesst er allerdings aus: «Ich werde sicher nicht mehr antreten.» Klar sei indes, dass die SVP Aarau eine volle Liste für die Einwohnerratswahlen im Herbst anstrebe.

Baden: «Wir sind keine Weichspüler-Ortspartei»

In Baden stellt die SVP nur sechs Einwohnerräte, im Stadtrat ist die Partei gar nicht vertreten. Ortsparteipräsident Adrian Gräub sagt: «Inhaltlich ist die SVP Baden auf dem Kurs, den Andreas Glarner skizziert.»

Die Partei hinterfrage zum Beispiel seit Jahren die zusätzlichen Ausgaben und das Budget. «Weiter setzen wir uns dafür ein, dass die Verwaltung kleiner wird.» Wie man solche Positionen der Wählerschaft vermitteln solle, darüber könne man immer diskutieren. Gräub:

«Vielleicht braucht es in Baden mit seiner urbanen Wählerschaft einen anderen Stil als in Oberwil-Lieli, aber ich bin nicht der Meinung, dass wir eine Weichspüler-Ortspartei sind.»

Bei den anstehenden Stadtratswahlen wird der Sitz von Erich Obrist (parteilos) frei, die SVP wird wohl keine Kandidatur stellen. Die Wähleranteile der SVP in Baden seien nicht hoch genug, damit man Chancen hätte, sagte Fraktionspräsident Daniel Glanzmann kürzlich.

Wettingen: «Wir werden diese Frage intern klären»

In Wettingen stellt die SVP mit Michaela Huser die Grossrätin mit dem kantonsweit besten Wahlresultat. Huser ist Fraktionschefin der Volkspartei im Einwohnerrat und hält fest, sie fühle sich von Glarners Kritik nicht angesprochen. «Wir werden dies jedoch sicherlich intern mit Andreas Glarner und unserem Ortsparteipräsidenten Jürg Baumann klären», teilt sie mit.

In Windisch ist es für die SVP denkbar, dass sie mit bis zu zwei Kandidaten zu den Gemeinderatswahlen antritt. Ob die bisherige Frau Gemeindeammann Heidi Ammon unter den Kandidierenden ist, steht noch nicht fest. Die Nominationsversammlung der SVP Windisch für die Gemeindewahlen findet erst Ende Februar statt.

Die SVP Brugg wird hingegen mit grosser Wahrscheinlichkeit keine Kandidaten für die Stadtratswahlen stellen. Dies, weil es sämtlichen potenziellen Kandidaten aufgrund von Arbeit oder Studium an der nötigen Zeit für dieses Amt fehlt.

Wohlen: Sitzverluste trotz Glarner-Kurs im Jahr 2017

In Wohlen stellt die SVP mit Roland Vogt den Vizeammann– der Grossrat will im Herbst seinen Sitz im Gemeinderat verteidigen. Ob die SVP noch einen zweiten Kandidaten stellt, wird sich im Laufe des ersten Quartals noch entscheiden.

Die Ortspartei, die lange vom heutigen Regierungsrat Jean-Pierre Gallati präsidiert wurde, politisiert auf Glarner-Kurs. Sie hat im Einwohnerrat bei den letzten Wahlen im Jahr 2017 aber dennoch zwei Sitze verloren.

In Zofingen stellt die SVP im Einwohnerrat zwar die stärkste Fraktion, ist im Stadtrat aber nicht vertreten. 2017 scheiterte die Kandidatur von Barbara Willisegger – für die Wahlen diesen Herbst ist bisher keine SVP-Kandidatur in Sicht.

In Lenzburg werden dieses Jahr gleich drei bürgerliche Sitze im Stadtrat frei: Neben Martin Stücheli (SVP) gehen Martin Steinmann (FDP) und Franziska Möhl-Wey (Vizeammann, CVP).

Gegenüber der AZ hat SVP-Einwohnerrätin Corin Ballhaus, Präsidentin der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission, bereits im August 2020 ihre Ambitionen auf ein Stadtratsmandat angemeldet. Von der Partei ist die Kandidatur jedoch bisher noch nicht bestätigt.

In welchem Einwohnerrat die SVP 2017 wie viele Sitze verloren hat

Ort Sitze (Verlust gegenüber 2013)
Aarau 10 (-1)
Baden 6 (-2)
Brugg 9 (-2)
Buchs 10 (-3)
Lenzburg 9 (-1)
Obersiggenthal 9 (-1)
Wettingen 11 (-1)
Windisch 7 (-2)
Wohlen 11 (-2)
Zofingen 9 (-1)
 

In den Städten hat es die SVP schwer

Sitzverluste vor vier Jahren

SVP-Kantonalpräsident Andreas Glarner legt den Fokus bei den Wahlen 2021 auf Gemeinden mit Einwohnerrat. Im Aargau gibt es zehn Gemeinden mit Lokalparlament: Aarau, Baden, Brugg, Buchs, Lenzburg, Obersiggenthal, Wettingen, Windisch, Wohlen und Zofingen. In allen Parlamenten hat die SVP bei den letzten Wahlen 2017 zusammen 16 Sitze verloren – die Vertretung der Volkspartei sank kantonsweit betrachtet von 107 auf 91 Mandate. Auch in den Stadt- und Gemeinderäten der Gemeinden mit Einwohnerrat ist die stärkste Partei im Kanton eher schwach vertreten. Nur in vier Gemeinden (Buchs, Lenzburg, Windisch und Wohlen) sitzen SVP-Politiker in der Exekutive, einzig in Windisch besetzt die Volkspartei derzeit mit Heidi Ammon den Posten des Gemeindeammanns. (fh)