Gras ist rar im Bundeshaus: Wer das Kiffen vermisst – und wer Angst davor hat

Das Online-Magazin «Vice» hat die 200 Mitglieder des Nationalrats gefragt, ob sie schon einmal gekifft hätten

Resultat: Das Gras ist rar im Bundeshaus. Die meisten verneinen, jemals Erfahrungen mit Cannabis gemacht zu haben. Sie wollen sich nicht vorstellen, wie sich ein Rausch auswirken könnte, können dem Rauchen eines Joints nichts Gutes abgewinnen und schenken sich – so eine der meistgenannten Antworten – zwecks Entspannung lieber ein Glas Wein ein.

Die Antworten der Aargauer Volksvertreter sind dafür, nun ja, Stoff für eine Glosse. Und bieten Einblick in eher unbekannte Vergangenheiten.

Beat Flach, GLP
Beat Flach legte während seiner Lehre als Rheinmatrose «mit knapp 16 Jahren» in Amsterdam an. Kiffen sei dort damals schon erlaubt gewesen. «Da versucht man das auch mal, war ja klar», sagt Flach, der offensichtlich schon in Jugendjahren grünliberale Erfahrungen sammeln durfte. Er habe, wie beim Alkohol, darauf geachtet, nicht zu viel zu nehmen, um noch klar im Kopf zu sein. An die Wirkung erinnert er sich nicht mehr genau: «Ich glaube, ich bin rasch eingeschlafen.» Das letzte Mal Kiffen liegt bei Flach «sicher 25 Jahre» zurück. «Ich glaube, es waren Kekse.»

Maximilian Reimann, SVP
Maximilian Reimann wollte «als Sportstyp nie etwas mit Drogen zu tun haben». Er wisse nicht, wie sie wirkten, habe folglich keine Ahnung, wie sich ein Cannabis-Rausch anfühle. Auch wisse er nicht, wie er sich die Grenze von weichen zu harten Rauschmitteln beziehungsweise Drogen vorstellen müsse, erklärt der SVP-Senior: «Ich verwende auch den Begriff Cannabis nicht, sondern bezeichne mildere Stimulanzen als Haschisch und stärkere als Kokain.» Die «sogenannten Drögeler», auf die man «ja leider immer wieder im öffentlichen Raum» treffe, findet Reimann «abschreckend».

Irène Kälin, Grüne
Irène Kälin fühlte sich «durchwegs gut», wenn sie «den einen oder anderen Joint unter Freunden und Freundinnen» rauchte. Jedoch sei sie nie regelmässige Kifferin gewesen und habe bei sich auch nie eine ausserordentliche Rauschwirkung feststellen können: «Die Welt um mich herum wurde lediglich etwas langsamer und bisweilen fröhlicher und ich selber wurde hungrig, durstig und manchmal etwas müde.» Zurzeit sei der Genuss von Rauschmitteln kein Thema, beruhigt die Grüne, die schwanger ist: Ihr letzter Joint sei «bereits mehr als ein Jahr her».

Yvonne Feri, SP
Yvonne Feri hat als junge Frau bloss einmal passiv geraucht, «als auf einer Autofahrt bei geschlossenen Fenstern Mitfahrende Cannabis rauchten.» Selber probiert habe sie nie, betont die SP-Frau.

Andreas Glarner, SVP
Andreas Glarner stellt sich einen Cannabisrausch ähnlich vor wie einen Alkoholrausch – «allerdings ist die psychische Abhängigkeit grösser und der Einfluss negativer.» Er habe bislang nie Cannabis konsumiert. «Und ich habe auch nicht vor, dies zu tun», verspricht der SVP-Unternehmer. Damit lässt sich Glarner nicht allzu viel entlocken, aber immer noch mehr als jene zehn Aargauer Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die gar nicht auf die Anfrage von «Vice» reagiert haben.

Cédric Wermuth, SP
Unter ihnen ist Cédric Wermuth. Dennoch gilt er – nebst dem ewigen Regierungsratskandidaten Pius Lischer («Ich bin kein Kiffer, ich bin Cannabis-Geniesser») – als Archetyp des kiffenden Politikers. Wermuths Auftritt vor den SP-Delegierten 2008 ist unvergessen. «Ich will hier die Sache nicht unnötig verzögern», sagte der damalige Juso-Präsident, als er auf die Bühne trat. Aber die heutige Jugend sei «kein Haufen verwirrter psychopathischer Junger, der nur darauf wartet, die nächste liberalisierte Droge bis zum Exzess zu konsumieren». Das Verhältnis zum Haschisch habe sich geändert. «Wir rauchen vielleicht nicht mehr fünf oder zehn aneinander, sondern im Regelfall reicht eben einer.» Sagte es, nahm einen Joint zwischen die Lippen, zündete ihn an, rauchte mit geschlossenen Augen.

Fazit: Das ganze Land in einem Tumult wegen eines Jungpolitikers am Rednerpult – und die Ja-Parolen der SP zur Initiative «für eine vernünftige Hanf-Politik» und zum Betäubungsmittelgesetz.

Offen bleibt die Frage bei Luzi Stamm. Laut «Vice» zählt der sonst redselige SVP-Anwalt zu den elf Nationalräten, die «nicht antworten wollten oder konnten».