
«Hätte ich mich nicht hier impfen lassen können, ich hätte es gar nicht getan»: 17 Firmen haben mit dem Impfen begonnen
Wäre es nach manchen Firmen gegangen, hätten sie schon vor Wochen angefangen, ihre Mitarbeitenden gegen Covid-19 zu impfen. Doch der Kanton war auf die Bremse getreten: Firmen dürfen erst impfen, wenn genügend Impfstoff vorhanden ist und die Wartelisten in den Impfzentren abgetragen sind, so das Verdikt.
Das ist mittlerweile der Fall. Seit dieser Woche wird in 17 Unternehmen im Aargau geimpft. Rund 2500 Aargauerinnen und Aargauer wollen sich im Moment in Firmen impfen lassen. Ausserdem können sich Unternehmen immer noch anmelden, um bei der Aktion mitzumachen.
In einem Sitzungszimmer der Bertschi Gruppe in Dürrenäsch wird bereits geimpft. Patron Hans-Jörg Bertschi hat sich schon vor Wochen dafür starkgemacht, dass endlich auch in Firmen geimpft werden dürfe. Seinen Worten hat er nun Taten folgen lassen.
Ein Sitzungszimmer wird kurzfristig umfunktioniert
Zuerst hat das Logistikunternehmen seine Mitarbeitenden befragt, sodass die entsprechende Anzahl Impfdosen bestellt werden konnte. Weil das Unternehmen keinen Betriebsarzt hat, impfen Fachpersonen vom Institut für Arbeitsmedizin aus Baden. Mit dem Institut hat die Bertschi Gruppe bereits vergangenes Jahr zusammengearbeitet, als sich die Mitarbeitenden gegen die Grippe impfen lassen konnten.
Am Dienstagmorgen sind die Fachpersonen inklusive Impfstoff nach Dürrenäsch gekommen.

Eine medizinische Fachperson vom Institut für Arbeitsmedizin.
Im Sitzungszimmer, das kurzerhand umfunktioniert wurde, sieht es ein wenig aus wie im Impfzentrum, einfach in klein. Am Eingang sitzt Beat Berner, Personal- und Kommunikationsverantwortlicher der Firma, heute ist er Sekretär: Er kontrolliert die Patientenfragebögen und ID und weist die Impfwilligen ihren Plätzen zu.
Im Zimmer hat es Stuhlreihen für diejenigen, die auf die Impfung warten. Wobei es eigentlich gar keine Wartezeiten gibt. Ein abgetrennter Bereich, in dem geimpft wird. Und nebenan weitere Stuhlreihen, wo die Neo-Geimpften unter Aufsicht einer Fachperson kurz warten. Kaum 15 Minuten dauert das Ganze, dann geht es zurück an die Arbeit.

Rechts warten sie auf die Impfung …

… und links warten die Geimpften noch kurz, ob sie allenfalls irgendwelche Nebenwirkungen spüren.
«Ich habe keine Zeit, ins Spital zu gehen, um mich impfen zu lassen. Hätte ich mich nicht hier impfen lassen können, ich hätte es gar nicht getan», sagt ein eben geimpfter Bertschi-Mitarbeiter.
Anders eine junge Frau einen Stuhl weiter: Sie hätte sich so oder so impfen lassen, sagt sie. Sie hatte gehofft, in der Firma würde sie etwas früher dran kommen als beim Kanton. Das traf zwar nicht ein, die Impfung machte sie dann trotzdem im Betrieb.

Vanessa Bettin erhält die Impfung.
«Finde es wichtig, meinen Beitrag zu leisten»
Auch Vanessa Bettin hat sich am Dienstagmorgen impfen lassen. Die 33-Jährige arbeitet auf der Marketingabteilung der Firma. Auch sie hätte sich auch sonst impfen lassen, sagt sie. Zum einen, um wieder einfacher reisen zu können. Zum anderen:
«Ich finde es wichtig, meinen Beitrag zu leisten. Sodass, sollte eine weitere Welle kommen, nicht wieder alles geschlossen werden muss.»
Den Termin beim Kanton hatte sie schon. Doch als sie erfuhr, dass es auch im Geschäft möglich war, habe sie sich dafür entschieden: «Ich bin sowieso schon hier. Das ist einfacher für mich, als wenn ich noch irgendwohin hätten fahren müssen.»
Bettins Wartezeit nach der Impfung ist um, sie verlässt das Zimmer und geht zurück an die Arbeit. Kurze Pause, dann kommt die nächste Gruppe dran. Nach einem halben Tag ist die Impfaktion beendet und das Sitzungszimmer kann wieder für Sitzungen benutzt werden. Bis in vier Wochen: Dann erhalten die Geimpften auch den zweiten Piks in der Firma.
Die Bertschi Gruppe bezahlt den Aufwand selbst

Der Impfstoff wird vom Bund finanziert. Doch die Kosten für die medizinischen Fachpersonen muss die Firma selbst übernehmen. Die genaue Abschlussrechnung liegt noch nicht vor, sagt der Personal- und Kommunikationsverantwortliche Beat Berner. Beide Impfungen zusammen dürften das Unternehmen einen mittleren vierstelligen Betrag kosten. Dazu kommt der eigene Aufwand: Zum Beispiel die Planung der Impfaktion oder das Sitzungszimmer umbauen.
Mittlerweile kann man sich ohne Wartezeit beim Arzt, in der Apotheke oder im Impfzentrum impfen lassen. Wieso nimmt das Unternehmen diesen Aufwand und die Kosten auf sich? Berner: «Bereits während der gesamten Pandemie war es unser oberstes Ziel, dass wir die Mitarbeitenden möglichst gut schützen können. Die Impfung bietet dazu – neben allen anderen Vorsichtsmassnahmen – die beste Möglichkeit.»
Die Impfung im Betrieb sei zudem für die Mitarbeitenden einfacher als diejenige im Impfzentrum: Sie haben keinen langen Anfahrtsweg und verlieren kaum Zeit. «So erreichen wir auch die Personen, denen eine Impfung im Impfzentrum noch nicht möglich war», sagt Berner.
Die Impfung wird den Mitarbeitenden zwar empfohlen. Zusätzliche Anreize, sich impfen zu lassen, gibt es bei der Bertschi Gruppe aber keine. Berner:
«Uns ist es wichtig, dass die COVID-19-Impfung auf Freiwilligkeit und der Entscheidung jedes Einzelnen beruht.»