Hetze gegen Asylsuchende: CVP Boswil kritisiert «Führungsschwäche» des Gemeindeammanns

Daniel Wicki, Gemeindeschreiber in Boswil, hetzt in Facebook-Kommentaren gegen Asylsuchende und Sozialhilfebezüger. In einem Kommentar verlangt er zum Beispiel, Vergewaltiger «an die Wand zu stellen» und ihnen eine «saubere 9mm-Impfung zu verpassen». Seit der «Blick» die menschenverachtenden Äusserungen publik gemacht hat, steht das Freiämter Dorf national in den Schlagzeilen. Daniel Wicki hat sich am Donnerstag entschuldigt, zugegeben, dass einige seiner Kommentare «grenzwertig» seien.

Doch eine Entschuldigung reicht vielen Politikerinnen und Politikern nicht. Die SP Boswil will Strafanzeige gegen den Gemeindeschreiber einreichen. «Stellvertretend für alle Gleichgesinnten, welche sich nicht exponieren wollen und können, und als Zeichen gegen alle, welche die Menschenwürde mit Füssen treten», schreiben sie in einer Mitteilung. Ausserdem fordert die SP den Gemeinderat auf, Konsequenzen zu ziehen und das Arbeitsverhältnis mit Wicki «umgehend aufzulösen». Ein «solch asoziales Verhaltensmuster» sei nicht weiter tragbar. «Als Gemeindeschreiber sollte man wissen, wo man sich mit seiner persönlichen Haltung zurückhalten sollte.»

Viel ausrichten kann die Ortspartei im SVP-Dorf Boswil allerdings nicht. Im Gemeinderat sitzt niemand aus der SP. Die SVP hält drei der fünf Sitze – und SVP-Gemeindeammann Michael Weber stellte sich von Anfang an hinter seinen Gemeindeschreiber. Er sieht nichts Verwerfliches an dessen Aussagen. Daniel Wicki sage nur, «was Tatsache ist», so Weber zur AZ.

Zur Eskalation beigetragen
Ein Verhalten, welches Aargauer Politikerinnen und Politiker von Juso bis FDP scharf kritisieren. Renate Gautschy, FDP-Grossrätin und Präsidentin der Gemeindeammännervereinigung, sagte, sie selber hätte sich in der Öffentlichkeit klar von den Äusserungen distanziert. «Solche Aussagen hätten bei mir in der Gemeinde klare Konsequenzen.» Gleich sieht es CVP-Grossrätin Marianne Binder: «Es ist für mich komplett unverständlich, dass ein Gemeindeammann es als ‹persönliche› Meinung durchgehen lässt, wenn sein Gemeindeschreiber Lynch- und Selbstjustiz fordert.»

Auch die CVP Boswil bedauert es ausserordentlich, dass die Distanzierung von «diesen zutiefst menschenverachtenden Äusserungen» durch den Gemeinderat nicht umgehend erfolgte. Gemeindeammann Michael Weber habe, «statt als Arbeitgeber solche Hetze eines Angestellten zu verurteilen, Führungsschwäche gezeigt, zur Eskalation beigetragen und ein ganzes Dorf in Erklärungsnot gebracht», schreibt die Ortspartei am Samstag in einer Mitteilung.

Die beiden Boswiler CVP-Gemeinderäte Liliane Kappeler-Rey und Jakob Dolder sowie die Schulpflegepräsidentin Susanne King, auch sie von der CVP, erklärten am Samstag gegenüber dem Parteivorstand, dass auch sie sich in aller Form von den Äusserungen des Gemeindeschreibers distanzieren.

Sitzung am Montagabend
Als Nächstes wird sich der Boswiler Gemeinderat mit der Causa Wicki beschäftigen. Gemeindeammann Weber sagte zur AZ, der Vorfall sei an der Sitzung am Montagabend traktandiert. Zu allfälligen Konsequenzen für Daniel Wicki äusserte sich Weber bisher nicht. «Darüber entscheide ich nicht alleine. Es ist Sache des Gemeinderates.»