Jeder Schritt ein Franken: Aargauer läuft für Spendenaktion rund um die Schweiz

Er läuft den Lauf seines Lebens: Roland Gröflin, 55, ist am Samstag in seinem Wohnort Rheinfelden zu seiner ganz persönlichen Tour de Suisse gestartet. Zu Fuss, rennend. Immer der Landesgrenze nach, im Gegenuhrzeigersinn. 2000 Kilometer am Stück.

Zwei Monate läuft Gröflin durch, am 30. September will er wieder in Rheinfelden sein. Ein grosses Projekt. Ein Grossartiges auch, verbindet Gröflin seinen Lauf doch mit einer Spendenaktion (siehe Box).

Montagmorgen, acht Uhr. Die AZ erwischt Gröflin kurz vor dem Start zur dritten Etappe am Telefon. Gröflin ist gut gelaunt. «Die Stimmung im Team ist super», sagt er. Mit dem Leben im Camper, der Gröflin begleitet, hätten sie zwar einige Startschwierigkeiten gehabt, aber nun funktioniere alles. Mit dabei sind aktuell seine Frau Patrizia und zwei Teammitglieder. Ein kleiner Teil des rund 15-köpfigen Staffs, sagt Gröflin, der weiss: «Das Team macht fast 75 Prozent des Erfolgs aus.» Das, was er mache, sei das Resultat. Das Wissen, jede und jeden vom Staff rund um die Uhr anrufen zu können, «ist sehr beruhigend».

Den Regen findet Gröflin nicht weiter schlimm

Die ersten Etappen – von Rheinfelden nach Basel und von da nach Neumühle und am Montag weiter nach Bure – seien «ein Eingewöhnen», so Gröflin. Um die 34 Kilometer pro Tag. Die rund 40 Kilometer, die Gröflin jeden Tag zurücklegen will, machen dann in den Bergen, etwa im Wallis, bis zu 80 Leistungskilometer aus. «Viel mehr geht nicht, sonst belaste ich den Körper zu stark.»

Die ersten Etappen verliefen plangemäss und stellten, wettertechnisch, einen typisch schweizerischen Kontrast dar: Am Samstag heiss, dann nass-kühl. Den Regen findet Gröflin nicht weiter schlimm, wichtig sei einzig, darauf zu achten, nicht auszukühlen. Das Gegenteil war am Samstag angesagt: Er stand zur Regeneration so lange in einem Bach, dass es schmerzte. Gleichzeitig sorgte er mit einem Eiweiss-­Shake für Energienachschub. «Die Regenerationsfähigkeit zu verbessern, war eines der grossen Ziele in der Vorbereitung», erzählt Gröflin. Dies sei das A und O für das Gelingen des Unternehmens.

Vorbereitet hat sich Gröflin auf sein Projekt intensiv. Fast ein Jahr lang. Doch dann kam Corona und er musste den geplanten Start im Mai verschieben, denn beim Lauf passiert er die französische, italienische, österreichische und deutsche Grenze. Im Team kam auch die Idee auf, das Projekt, dem Gröflin den Namen Ruds22 (Rund um die Schweiz 2000 Kilometer in 2 Monaten) gab, auf nächstes Jahr zu verschieben.

 Sport ist seit seiner Kindheit seine Passion

«Das wollte ich nicht, denn ich hatte schon viel Zeit und Energie investiert.» 25 Stunden trainierte Gröflin pro Woche. Und das neben seinem Job als Leiter Bau und Planung in Stein. «Da bleibt neben Training und Job nicht mehr viel Zeit übrig», sagt der zweifache Vater.

Los gehts: Roland Gröflin startet zur dritten Etappe und wird dabei am Anfang von seinem Betreuer Mosh Mangha begleitet.

Los gehts: Roland Gröflin startet zur dritten Etappe und wird dabei am Anfang von seinem Betreuer Mosh Mangha begleitet.

© Zur Verfügung gestellt

Es sei eine harte Zeit gewesen, sagt Gröflin selber. Doch: Weshalb tut er sich das an? Weil Sport seit seiner Kindheit seine Passion ist; nach 40 Jahren Fussball schwenkte er vor einigen Jahren zum Laufen um. Weil er zeigen will, was kleine Schritte bewirken können. Das Projekt will Motivation für alle Menschen sein, mehr zu erreichen, als sie sich selber zutrauen. «Ich möchte mit dieser Grenzerfahrung aufrütteln, die Herausforderung anzunehmen und zeigen, dass es trotz höherer Belastung immer weitergehen kann.» Schritt für Schritt. Jeden Tag. Immer wieder aufs Neue. «Beim tagtäglichen Lauf wie im Leben», schreibt Gröflin auf der Ruds22-Website.

Projekt beschäftigt Gröflin schon Jahre

Dass es gerade dieses Projekt wurde, ist einem Klick-Effekt geschuldet. Er habe sich seit 20, 30 Jahren immer wieder Gedanken darüber gemacht, welches spezielle Projekt er angehen könnte. Der Jakobsweg stand da schon zur Diskussion, «aber der ist mir zu kommerziell». Und eben, da hat es klick gemacht. Er googelte, sah, dass es bislang nur Umrundungsprojekte gab, bei denen die Schweiz umwandert wurde. In 110 Tagen. «Da sage ich mir: Das schaffst Du laufend in der Hälfte der Zeit.» Die Idee war geboren.

Am Arbeitsplatz klärte er ab, ob ein zweimonatiger Urlaub möglich wäre. Ja, sagte man ihm, einfach nicht im Juli. Denn da ist in den Gemeinden die heisse Budgetierungsphase. Entscheidend war auch, dass sein Stellvertreter, der für die zwei Monate aufstocken muss, das Projekt mitträgt. Tut er.

1,5 Kilo Birchermüesli zum Zmorge

Ziel von Gröflin in den nächsten zwei Monaten ist es, viel zu erleben, Spass zu haben, die Natur zu geniessen, sich und seinen Körper noch besser kennen zu lernen – und natürlich gute Begegnungen und Gespräche mit Wanderern und Joggern zu haben. Bislang ist er im Soll.

Die Tage werden dabei früh beginnen. Vor fünf Uhr, damit er um acht Uhr loslaufen kann. Nach dem Aufstehen gibt es zuerst ein deftiges Frühstück, die einzige Mahlzeit bis am Abend. Das kann Pasta sein, das kann auch ein Birchermüesli wie am Montag sein. Wobei: «Birchermues» wäre da treffender, denn Gröflin stopfte in der halben Stunde, die er am Frühstückstisch sass, 1,5 Kilogramm Müesli in sich hinein. «Das braucht es, um genügend Energie zu haben.» Danach heisst es: Warten, bis die Energie am richtigen Ort ist. Für heute hat es sich ausgewartet. Gröflin ist bereit. Dabei hat er Wasser, Gels, eine gehörige Portion Power in den Beinen und gute Laune. Trotz Regen.

Jeder Schritt ein Franken

Sammelaktion Roland Gröflin will mit seinem Laufprojekt auch helfen. Analog zu «Jeder Rappen zählt» hat er die Aktion «Jeder Schritt ein Franken» gestartet. Gelingt dies, kämen rund zwei Millionen Franken zusammen. «Es wäre schön, wenn die Schweiz gegen mich antritt», sagt Gröflin. Die Challenge lautet also: Wer ist schneller im Ziel – Gröflin oder die Spendenaktion. Das Geld kommt der Laureus Stiftung zugute, die Kindern und Jugendlichen mit Hilfe von Sport ein positives und selbstbestimmtes Leben ermöglichen will. Jede noch so kleine Spende sei willkommen, sagt Gröflin. Alle Spendeangaben finden sich auf www.ruds22.info. Die AZ wird die Aktion begleiten. In diesem Sinne: Top, die Wette gilt. (twe)