Jetzt trifft es die Reichste im Kanton

 

Auch in Oberwil-Lieli geht die Post zu – Gemeindeammann Andreas Glarner nimmt es gelassen.

Nun trifft es die reichste Aargauer Gemeinde: In Oberwil-Lieli wird es voraussichtlich im nächsten Jahr keine Poststelle mehr geben. Der grosse Sturm der Entrüstung blieb jedoch aus. Der Gemeinderat habe damit gerechnet, erklärte Gemeindeammann Andreas Glarner an einer Infoveranstaltung: «Wir waren betroffen, aber wir möchten mit der Post und nicht gegen sie arbeiten. Aus unternehmerischer Sicht kann man dem Entscheid nicht im Weg stehen.» 2016 wurden in Oberwil-Lieli pro Tag 403 Briefe und 30 Pakete aufgegeben, 79 Einzahlungsscheine verarbeitet und 16 Sendungen von Leuten abgeholt, die bei der Zustellung nicht daheim waren. Zu wenig, um die Poststelle rentabel betreiben zu können.

Positive und negative Folgen
Am Info-Abend gab es keine Überraschungen. Veränderte Kundenbedürfnisse, Agenturlösung zusammen mit dem Volg, der Kunde profitiert von längeren Öffnungszeiten, Grummeln unter den rund 70 Anwesenden. «Sie sagen uns mit schönen Worten, dass wir nichts zu sagen haben», fasste eine von ihnen treffend zusammen. Die Pläne der Post haben auf die Kunden in Oberwil-Lieli positive wie auch negative Auswirkungen: Der Standortwechsel ist ein Nachteil für die Leute aus dem Dorfteil Oberwil, die jetzt nach Lieli müssen – dort freut man sich über den kürzeren Weg. Der Zahlungsverkehr kann nur noch mit Karte abgewickelt werden, nicht mit Bargeld. Dafür hat der Volg von Montag bis Freitag, 6 bis 20 Uhr, und am Samstag, 7 bis 19 Uhr, geöffnet – das ist mehr als doppelt so lange wie die Poststelle.

Die Zustellung erfolgt künftig von Birmenstorf aus, weil die Post in Berikon einen Teil der Räumlichkeiten aufgibt. «Für die Kunden ändert sich dadurch nichts», versicherte Thomas Greminger, Leiter Briefzustellregion ZürichLimmattal.

In Oberwil-Lieli sind nicht alle glücklich mit dem Entscheid, die meisten zeigten aber Verständnis. Sorgen machten sich viele um die Angestellten. «Wie es für das Personal weitergeht, können wir momentan noch nicht genau sagen, die Gespräche laufen noch», erklärte Bruno Zürcher, Spezialist Netzentwicklung. «Die Mitarbeiter vor Ort machen aber einen guten Job», hielt er fest. Auch als bekannt wurde, dass die Pöstler mit den Elektro-Motorrädern von Birmenstorf nach Oberwil müssen, kamen Bedenken auf: «Auf der Strecke wird gerast, das ist für die 30er-Töffli brandgefährlich.» Ein betroffener Pöstler konnte aber Entwarnung geben, sie hätten bereits die Zusicherung, den Radweg benutzen zu dürfen.

Wann genau die Poststelle schliessen wird, ist noch nicht klar. Sollte es wider Erwarten Opposition gegen die Pläne geben, könnte der Entscheid von der Postcom überprüft werden. «Wir möchten so schnell wie möglich Nägel mit Köpfen machen. Unser Wunsch ist es, dass wir die Postagentur noch dieses Jahr realisieren können», so die Verantwortlichen der Post.