Kanton nimmt mit Grundstückgewinnsteuer doppelt so viel ein wie 2010

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Die Bodenpreise klettern, in der Folge auch die Häuserpreise. Das freut Eigentümerinnen und Eigentümer, erschwert es Jungen aber, an Wohneigentum zu kommen. Ein Nebeneffekt der steigenden Immobilienpreise ist, dass die Einnahmen von Kanton und Gemeinden bei der Grundstückgewinnsteuer steigen. Allein letztes Jahr kamen in der Schweiz 2,5 Milliarden Franken an Steuern zusammen, derweil es zehn Jahre zuvor noch 1,6 Milliarden Franken gewesen waren, wie der «Sonntags-Blick» schreibt.

Grundstückgewinnsteuern verdoppelten sich im Aargau seit 2010

Der Trend der Mehreinnahmen gilt auch im Aargau. Hier verzeichnete der Kanton 2010 knapp 21 Millionen Franken Einnahmen bei der Grundstückgewinnsteuer. Letztes Jahr war es parallel zur Entwicklung der Immobilienpreise mehr als doppelt so viel. Roland Teuscher, Sprecher des Finanzdepartements, bestätigt «rekordhohe 43,5 Millionen Franken».Auch das Ergebnis 2021 werde im längerfristigen Vergleich «sehr hoch ausfallen und den Budgetwert deutlich überschreiten.

Doch nicht nur der Kanton profitiert, im selben Ausmass gilt dies für die Gemeinden. 2010 betrugen die Einnahmen von Kanton und Gemeinden zusammen 42 Millionen Franken, 2020 bereits 87 Millionen.

 

Ziel der Steuer: Spekulation eindämmen

Die Steuer soll die Spekulation eindämmen. Deshalb gilt: Je kürzer man eine Immobilie im Besitz hat, desto höher ist der Steuersatz beim Verkauf. Am höchsten ist die Steuer mit 40 Prozent, wenn eine Immobilie nach weniger als einem Jahr verkauft wird. Nach zehn Jahren sind es 22 Prozent, ab dem vollendeten 25. Jahr noch fünf Prozent. Weiter runter geht es nicht.

Hauseigentümerverband: Keine Freude an sprudelnden Einnahmen

Jeanine Glarner, Präsidentin HEV Aargau.

Jeanine Glarner, Präsidentin HEV Aargau.

Britta Gut

Gar keine Freude an den steigenden Einnahmen des Staates bei Liegenschaftsverkäufen hat Jeanine Glarner, FDP-Grossrätin und Präsidentin des Hauseigentümerverbandes Aargau. Sie sagt: «Ursprüngliches Ziel dieser Steuer war, Spekulation zu verhindern. Indem die Grundstückgewinnsteuer nun als lukrative staatliche Einnahmequelle dient, geht das Ziel vergessen. Wenn der Staat sogar an Hauseigentümerinnen und -eigentümern immer mehr verdient, die ein Haus 30 Jahre bewohnt haben und es altershalber verkaufen, dann ist das nicht richtig.» Dies auch, weil Wohneigentum auch wegen der vom Volk via Raumplanung politisch gewollten Bodenverknappung ständig teurer werde.

Glarner fordert Deckelung in absoluter Höhe ab bestimmter Besitzdauer

Der Hauseigentümerverband Aargau sehe Handlungsbedarf, so Glarner: «Die Grundstückgewinnsteuer sollte ganz grundsätzlich für Objekte hinterfragt werden, die nicht der Spekulation dienen. Zumindest aber muss sie so ausgestaltet werden, dass sie ab einer bestimmten Besitzdauer eine Deckelung in absoluter Höhe erhält.» Wie hoch dieser Deckel sein soll, vermag Glarner nicht zu sagen, Varianten wären etwa aufgrund eines politischen Vorstosses zu berechnen.

Claudia Rohrer: Degressiver Ansatz dämmt die Spekulation ein

Claudia Rohrer, Co-Fraktionschefin SP.

Claudia Rohrer, Co-Fraktionschefin SP.

Zvg

«Immobilienbesitz ist ein Privileg und Boden ist in der Schweiz ein rares Gut». Dies sagt Claudia Rohrer, Co-Fraktionschefin der SP im Grossen Rat und Vorstandsmitglied des Mieterinnen- und Mieterverbandes Aargau. «Dennoch steigen Immobilienpreise nicht einfach per se», sagt sie weiter, «sondern vor allem an attraktiven Wohnlagen.» Attraktive Wohnlagen würden die Gemeinden schaffen und damit die Gemeinschaft der steuerzahlenden Einwohnerinnen und Einwohner. An weniger attraktiven Standorten stagnierten die Preise eher.

Rohrer sagt: «Somit erhalten Eigentümerinnen und Eigentümer von Immobilien einen Mehrwert, der von vielen geschaffen wurde und es ist gerechtfertigt, dass von diesem Mehrwert über die Grundstückgewinnsteuer ein Anteil an die Gemeinden und den Kanton zurückgeführt wird.»

Der degressive Ansatz dämme die Spekulation ein. Wenn der Verkauf der Liegenschaft zu einer neuen Investition in eine Liegenschaft führt, könne man sich die Zeit des Haltens anrechnen lassen. Deshalb ist für Rohrer klar: «Diese Steuer ist ein geeignetes Instrument, der Spekulation Einhalt zu gebieten, und sie ist weiter die Möglichkeit, dass Menschen, welche von Investitionen aller in die Infrastruktur der Gemeinde profitieren, einen Teil dieses Profits zurückgeben.» Anpassungsbedarf wie Jeanine Glarner sieht Claudia Rohrer deshalb nicht.