
Kantonspolizei schreibt Albanisch und Rumänisch – diesem Aargauer Richter geht das zu wenig weit
Die Kantonspolizei Aargau geht mit Grosskontrollen gegen Straftäter vor. Über 130 Polizisten suchten, verstärkt durch Patrouillen von Partnerorganisationen, im November in mehrstündigen Aktionen gezielt nach Einbrechern. Mit Erfolg: 17 Personen nahm die Polizei fest; viele von ihnen unter dem Verdacht, auf Einbruchstour zu sein.
Die Aktionen machte die Polizei auf Facebook publik – in Albanisch, Serbisch, Bulgarisch und Rumänisch. Aus diesen Ländern kommen viele Einbruchstouristen. Die Idee dahinter: «Eine unmissverständliche Botschaft auszusenden, dass der Aargau ein hartes Pflaster für Einbrecher ist», sagte Mediensprecher Bernhard Graser damals zur AZ. Man sei sich der beschränkten Reichweite bewusst, so Graser weiter, sei aber überzeugt, dass die Botschaften durchaus auch potenzielle Einbrecher erreichen. «Wenn nur schon einer deswegen davon absieht, im Aargau sein Unwesen zu treiben, haben wir schon etwas erreicht», bilanzierte Graser das schweizweit (noch) ungewohnte Vorgehen eines Polizeikorps, ihre Posts in anderen Sprachen zu publizieren.
Michael Derrer, Laienrichter in Rheinfelden, ist da skeptischer. Der Unternehmer, der beruflich oft im Osten unterwegs ist und sich den Kampf gegen Einbruchstouristen auf die Fahne geschrieben hat, lobt zwar das Vorgehen der Kantonspolizei, findet aber: «Das Potenzial einer zielgenauen Bekämpfung von Einbruchstourismus wird nicht ausgeschöpft.»
Eine lokale Aktion eines einzelnen Kantons werde bestenfalls zu einer Verlagerung der Einbrüche in andere Regionen führen, das Problem werde so einfach zwischen den Kantonen verschoben. «Die Bekämpfung von importierter Kriminalität muss schweizweit, zumindest aber in gesamten Landesregionen erfolgen, zum Beispiel in der Nordwestschweiz», findet Derrer.
Michael Derrer fordert ein koordiniertes Vorgehen
Fragezeichen macht der GLP-Politiker auch hinter die Wirksamkeit von Facebook-Posts der Kantonspolizei in Ost-Sprachen. «Kriminaltouristen sind wohl kaum auf die Social-Media-Kanäle der Aargauer Polizei abonniert», moniert er. Wirksame Meldungen über derartige Aktionen müssten deshalb in Medien erscheinen, die von den Kriminellen beachtet werden – dazu zählt Derrer Zeitungen, Internet-Portale oder Fernsehsender in osteuropäischen Sprachen. Eine wechselseitige Verschränkung von klassischen und digitalen Kanälen ist für ihn dabei unerlässlich.
Derrer regt zudem an, die Meldungen durch professionelle, leicht verständliche Videos zu ergänzen. «Das würde die Polizei-Aktionen in ihrer Wirkung deutlich stärken», findet er.
Für ihn muss eine wirkungsvolle Prävention von Kriminaltourismus aber noch einen Schritt weiter gehen, sie muss das Übel an der Wurzel – also im Heimatland der Einbruchstouristen – packen. Dazu hat Derrer vor drei Jahren einen Projektvorschlag lanciert. Ihm schwebt vor, mit Medienkampagnen in Oststaaten und Youtube-Filmen potenzielle Einbruchstouristen mit der Message auf- und abzuschrecken: «Wer in der Schweiz erwischt wird, kassiert happige Strafen.»
Bei der Lancierung seiner Idee im Sommer 2016 sprach Derrer von 50’000 bis 150’000 Franken, mit denen bereits eine grosse Wirkung erzielt werden könnte. Er rechnete damals vor, dass ein einzelner Kriminaltourist, der erwischt wird, Kosten von mehreren zehntausend Franken verursacht, wenn er sechs Monate in Untersuchungshaft sitzt. Für ihn ist klar: «Das Geld, das eine solche Kampagne kostet, ist sinnvoll investiert.»
Mit seinem Projektvorschlag einer Abschreckungs- und Aufklärungskampagne stiess er bislang aber bei Kantons- und Bundesstellen auf taube Ohren. Die Umsetzung sei bis anhin daran gescheitert, dass sich keine staatliche Stelle für zuständig erachtet. Seine Hoffnung: «Die Aktionen der Aargauer Polizei könnten der Beginn eines Umdenkens sein – hin zu einem Staat, der nicht nur Verbrechen ahndet und Täter bestraft, sondern Kriminaltourismus zum Schutz der Bevölkerung frühzeitig unterbindet.»