
Kommunikationsexpertin Sonja Buholzer meint zur Miss-Schweiz-Entlassung: «Eine mediale Hinrichtung»
Die Freistellung war anscheinend nicht genug. Die Miss-Schweiz-Organisation erhebt Vorwürfe gegen Jastina Doreen Riederer – und spart nicht mit Details: Abmahnungen, ignorierte Pflichten, Unerreichbarkeit werfen sie der 20-Jährigen vor. «Die Identifikation mit dem Amt als Miss Schweiz fand nur bedingt statt», hiess es unter anderem in einem Communiqué. Die Aargauerin darf sich künftig nicht einmal mehr Ex-Miss nennen. Die Art und Weise, wie die Miss-Organisation ihre einstige Schönheitskönigin aus Spreitenbach behandelt, wirft Fragen auf.
Frau Buholzer, wie beurteilen Sie die Kommunikation der Miss-Organisation zur Freistellung?
Sonja A. Buholzer: Das macht mich sehr betroffen. Es handelt sich um eine 20-jährige Frau, die mit diesem Communiqué als Geschäftspartnerin und Frau komplett disqualifiziert wird. Die «mediale Hinrichtung» so kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit halte ich für unangemessen. Das zerstört die Karriere einer jungen Frau nachhaltig. Die rechtlichen Punkte des Vertrages als Grund der Trennung sind das eine, eine angemessene, kurze und faire Kommunikation in der Öffentlichkeit das andere.
Welchen Schaden erleidet Jastina Doreen?
Die Miss-Organisation geht im Communiqué viel zu weit, ist fast geschlossen negativ, legt in epischer Breite das Versagen der Miss Schweiz dar. Die Epik gehört ins persönliche Gespräch, mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung. Ein Communiqué dieser Art, mit Aberkennung des Titels» in aller Konsequenz für Jastina Doreen Riederer ist einmalig in seiner Wirkung. Es zerstört. Auch auf menschlicher Ebene richtet man hier seelischen Schaden an.
Inwiefern hat die Miss-Organisation geschlampt?
Das Gespräch unter den Betroffenen muss immer vor einem Communiqué erfolgen. Weshalb dies nicht stattgefunden hat, wirft die Frage auf, welche Versäumnisse in der Betreuung und Kommunikation die Organisation selbst zu verbuchen hat.
Wurde die Schönheitskönigin nicht genug betreut?
Ein junger Mensch, insbesondere Jastina Doreen Riederer mit einem sehr eigenwilligen Umfeld und einem für mich doch eher naiven Weltbild, braucht eine sehr intensive Begleitung, um sich selbst zu finden beziehungsweise in ihre Rolle hineinzuwachsen. Vor einer Wahl muss doch evaluiert werden, welche Persönlichkeiten dafür geeignet sind oder eben nicht.
Und falls das nicht geklappt hat?
Wenn eine Wahl zum Fiasko wird, ist Fairness in der Trennung das Minimum. Es sind immer zwei Parteien, die ein Versagen zu verantworten haben. Das Servieren eines kompletten Gesichtsverlustes einer 20-Jährigen mittels Communiqué ist unverzeihlich. Die positive Leistung der jungen Frau und deren Würdigung wären zudem Teil des Fairplay.
Was muss hinter den Kulissen passiert sein, damit eine Firma ein dermassen gepfeffertes Communiqué verschickt?
Aggression, Zorn, Frustration, Bitterkeit, wenig Souveränität im Umgang mit Krisen; dies hier ist eine öffentliche Abrechnung mit sehr vielen negativen Emotionen. Diese verhindern immer einvernehmliche Lösungen. Was auch immer passiert ist: Es gibt keinen Grund, mit einem medialen Zweihänder, fein säuberlich juristisch formuliert, auf eine für mich offenkundig fragile junge Frau öffentlich loszugehen und ihr in aller Form jegliche Folgeaufträge zu verunmöglichen. Man stellt Jastina Doreen Riederer als Vertragsbrecherin hin, die eine Kooperation verunmöglicht. Damit landet sie im Offside jeder geschäftlichen Beziehung der Zukunft. Das ist dilettantisch und gefühllos.