Laden-Wirrwarr im Aargau: «Vieles ist geöffnet, aber niemand weiss es»

Am Sonntagabend gab es etwas Gewissheit. Da war für Stefan Hiltmann endlich klar, dass er seine Garage am Montagmorgen öffnen kann. Er darf ­reparieren, aber nicht verkaufen. Also sperrt er zum Wochenbeginn zuerst einmal den Showroom, den riesigen Verkaufsbereich. 600 Quadratmeter, maximal 15 Personen, so steht es draussen angeschrieben, dürfen gleichzeitig rein.

«So viele hatten wir in den letzten Monaten selten», sagt Hiltmann. Die ohnehin rückläufigen Verkäufe seien dieses Jahr um 20 bis 30 Prozent eingebrochen. Ganz sicher keine Probleme gab es beim Einhalten der Abstände im Showroom. «Wir haben Verständnis dafür, dass die Regierung im Interesse der öffentlichen Gesundheit handelt. Zugleich ist die Unsicherheit gross, die durch die zusätzlichen Massnahmen entsteht», sagt der Inhaber und Geschäftsführer der Altenburg-Garage AG in Untersiggenthal. 

Er hatte Kontakt mit der kantonalen Sektion des Branchenverbands AGVS. Dieser wiederum erhielt per E-Mail ­Informationen von Regierungsrat Jean-­Pierre Gallati. Am Sonntagabend wusste Hiltmann also, dass er reparieren darf, verkaufen aber nicht. So einfach das tönt, ist es im Alltag oft nicht. Ist es möglich, eine Probefahrt zu machen, wenn es zu keinem persönlichen Kontakt kommt? Anfrage per E-Mail, Schlüsselübergabe in der Box. Oder darf man einer Kundin, die im Geschäft vorbeikommt und einen Katalog möchte, einen solchen mitgeben? Sicherheit werden erst die kommenden Tage bringen. 

Kritik an der Kommunikation des Kantons

Von Ungewissheit war auch das Wochenende von Thomas Obrist geprägt. «Es ist ein grosses Wirrwarr», sagt er, «viele Geschäfte sind weiterhin geöffnet, aber niemand weiss es.» Obrist ist Bernina-­Händler mit Standorten in Brugg und Frick sowie Inhaber eines Babyfachgeschäfts in Baden-Dättwil. Die Kommunikation des Kantons habe das Ihrige zur Verwirrung beigetragen. Es gebe so viele Ausnahmen, von denen man anfänglich nicht wirklich wusste. Er selbst hat erst durch ein Schreiben von Kantonsärztin Yvonne Hummel Gewissheit bekommen, dass er seine Läden öffnen darf. 

Kanton prüft, wie er betroffenes Gewerbe unterstützen kann

Das Vorpreschen des Kantons führte zu heftiger Kritik an der Regierung. Daniel Schoop, Obmann der Gewerbegruppe beim Aargauischen Gewerbeverband, bezeichnete die Schliessung aller Einkaufsläden als «Affront». Die Regierung entgegnete am Montag: Man zweifle nicht an den Schutzkonzepten des Gewerbes, aber es ginge darum, die Bewegung der Bevölkerung einzudämmen. Zugleich prüfe man aber auch, wie man das stark betroffene Gewerbe finanziell unterstützen könne.

Das könnte ein längerer Prozess werden. Denn betroffen von den kantonalen Einschränkungen sind viele, und das in ganz unterschiedlicher Art und Weise. Das zeigt sich im Gespräch mit Fabienne Schindler, Leiterin der Qualipet-Filiale im Lenzopark in Lenzburg. «Wenn die Leute nach Zürich einkaufen gehen, kaufen sie Tiernahrungsmittel vielleicht auch gleich dort», sagt sie. Die Kundenfrequenz hat am Montag auf jeden Fall schon merkbar abgenommen. Wohl auch, weil viele Läden im Einkaufszen­trum – wie das Bastelgeschäft gleich nebenan – schliessen mussten. Im Kanton scheint es also weniger Bewegung zu geben, die Furcht aber, dass die Bevölkerung nun einfach in einem anderen Kanton einkauft, bleibt.