
Lebensmittel-Päckli für Flüchtlinge – der Überbringer ist selber ein Flüchtling

Neun Franken pro Tag. So viel Geld bekommen Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene im Aargau zum Leben. Das Geld reicht fürs Nötigste. Die Corona-Krise verschärft die Situation für viele Flüchtlinge im Aargau zusätzlich. Seit der Bundesrat die Notlage ausgerufen hat, steht auch ihr Alltag still. Deutsch- und Integrationskurse finden nicht statt und auch Freiwilligenorganisationen wie der Verein Netzwerk Asyl haben ihre Treffpunkte, Schulen oder Kleiderbörsen wegen Corona geschlossen. Die Flüchtlinge verbringen ihre Tage in den Unterkünften. «Ich kenne viele Geflüchtete im Aargau, die zu wenig Geld haben und kein öV-Abonnement, um in einem grossen Discounter einkaufen zu gehen», sagt Rahim Mohammadzadeh.
Der 37-jährige Iraner wohnt seit drei Jahren in der kantonalen Asylunterkunft in Unterentfelden und weiss aus eigener Erfahrung, wie schwierig es ist. Er hat als Asylsuchender auch nicht mehr als die neun Franken pro Tag. Im kleinen Denner in Unterentfelden waren wegen der Hamsterkäufe Lebensmittel wie Brot oder Eier knapp, erzählt er. Ausweichen kann auch Rahim Mohammadzadeh nicht. Auch er kann sich kein Zugbillet leisten. Trotzdem sagt er: «Ich bin jung und gesund. Ich kann jetzt jene Menschen unterstützten, die mehr in Not sind.»
Seit gut drei Wochen verteilt er Lebensmittelpäckli in Aargauer Asylunterkünften. Er ist im ganzen Kanton unterwegs und versorgt die Geflüchteten mit Pasta, Reis, Kartoffeln, Zwiebeln, Brot oder Öl. Inspiriert hat ihn Amine Diare Conde, der die Aktion Essen für alle ins Leben gerufen hat. Der 22-jährige abgewiesene Asylbewerber aus Guinea hat in Zürich angefangen, Essen zu verteilen, damit all jene Menschen nicht hungern müssen, die sonst in Gassenküchen oder sozialen Essenseinrichtungen in Zürich eine Mahlzeit erhalten haben. Finanziert werden die Lebensmittel von verschiedenen Vereinen und Privatpersonen, die spenden. Verpackt werden sie in der Autonomen Schule in Zürich. Dort holt Rahim Mohammadzadeh die Einkaufstaschen mit dem Auto ab. Dieses hat ihm Rolf Geiser, Geschäftsleiter des Clubs Asyl Aargau, geliehen.
Für Familien und ältere Menschen ist es schwierig
«Als ich die Asylheime im Aargau besuchte und die Päckli verteilte, habe ich viele Geflüchtete gesehen, die weit weg von der Stadt oder dem Dorf wohnen und keine Möglichkeit haben, einkaufen zu gehen», sagt Rahim Mohammadzadeh. Die Situation sei vor allem für ältere Menschen oder Frauen mit Kindern schwierig. Deshalb bringt ihnen Rahim Mohammadzadeh – manchmal in Begleitung von Kolleginnen und Kollegen – das Essen nach Hause. Und nicht nur Essen: «Unterdessen verteilen wir auch Putzmittel, Seife, Toilettenpapier und Desinfektionsmittel», sagt er. Manchmal treffe er vor Ort auch auf andere Probleme. Geflüchtete, denen zum Beispiel Milchpulver für die Kleinkinder fehlt, Internet oder ein Laptop, um lernen zu können. «Dann versuche ich, in meinem Umfeld eine Lösung zu finden.»