Lehrernetzwerk freut sich über Aufhebung der Maskenpflicht – der Kanton sagt, dies habe nichts mit der Klage des Vereins zu tun

Seit Montag gilt an den Primarschulen im Aargau keine Maskenpflicht mehr für 5. und 6. Klassen. Dies freut das Lehrernetzwerk Schweiz, das Ende September beim Verwaltungsgericht eine Beschwerde gegen die Maskenpflicht eingereicht hatte. Man nehme «den Entscheid des Aargauer Regierungsrates, die Maskentragpflicht an Schulen per 30. Oktober wieder aufzuheben, mit Erleichterung und Freude zur Kenntnis», teilt das Lehrernetzwerk mit.

Das Netzwerk, das vom Lenzburger Sekundarlehrer Jérôme Schwyzer präsidiert wird, gibt sich in der Mitteilung überzeugt, «dass dieser Entscheid massgeblich durch die Aktivitäten unseres Vereins, insbesondere durch die Einreichung einer über 100-seitigen Klageschrift beim Verwaltungsgericht beeinflusst wurde».

Als der Regierungsrat Ende August die Maskenpflicht verfügte, war diese gemäss dem Netzwerk zeitlich nicht begrenzt. «Eine solche Begrenzung erfolgte erst mit Medienmitteilung vom 23. September 2021 – rund eine Woche, bevor wir unsere Klage am Verwaltungsgericht eingereicht haben und dies auch angekündigt haben», schreibt der Verein.

Kanton: «Es besteht kein Zusammenhang mit dem Entscheid der Regierung»

Michel Hassler, Mediensprecher des Gesundheitsdepartements, widerspricht dieser Darstellung des Lehrernetzwerks. «Die Beschwerde des Lehrernetzwerks wurde erst am 29. September eingereicht, es besteht also kein Zusammenhang mit dem Entscheid des Regierungsrats.» Hassler sagt, im Verlauf der Coronapandemie sei mehrmals nach Ferienende ein starker Anstieg der Infektionszahlen zu verzeichnen gewesen. Im Hinblick auf dieses Risiko habe der Regierungsrat am 22. September beschlossen, dass nach den Herbstferien die Maskentragpflicht noch bis Freitag, 29. Oktober gelten solle.

Gleichzeitig habe der Regierungsrat entschieden, dass das repetitive Testen sowie das Ausbruchsmanagement an Schulen über dieses Datum hinaus weitergeführt würden. Hassler hält fest: «Der Regierungsrat wird weiterhin die Entwicklung der Coronapandemie im Aargau verfolgen und bei einer Eskalation basierend auf der epidemiologischen Lage und gemäss Eventualplanung ergänzende kantonale Schutzmassnahmen beschliessen.»

Netzwerk droht mit Aufruf zu zivilem Ungehorsam bei neuer Maskenpflicht

Jérôme Schwyzer, Präsident des Lehrernetzwerks Schweiz.

Jérôme Schwyzer, Präsident des Lehrernetzwerks Schweiz.

Alex Spichale

Demnach wäre auch eine Wiedereinführung der Maskenpflicht an der Primarschule denkbar. Für diesen Fall kündigt das Lehrernetzwerk, das nach einer Demonstration gegen die Maskenpflicht in Aarau entstand, bereits Widerstand an. Das Netzwerk teilt mit, «dass eine erneute Einführung einer Maskenpflicht an Volksschulen eine sofortige und vehemente Reaktion unseres Vereins nach sich ziehen wird».

Auf Anfrage der AZ präzisiert Präsident Jérôme Schwyzer, was darunter zu verstehen sei: «Wir lassen uns natürlich nicht vollständig in die Karten blicken, aber Sie können mit geballten und kreativen Protesten rechnen.» Für Schwyzer ist es höchste Zeit, «die unwirksamen und schädlichen Experimente auf dem Buckel unserer Kinder zu beenden». Deshalb werde das Lehrernetzwerk Rechtsmittel ergreifen und wenn nötig Lehrer und Eltern auffordern, zivilen Ungehorsam zu leisten.

Regierungsrat muss Stellung nehmen zu Vorwürfen der Maskengegner

Derweil ist die Beschwerde der Maskengegner am Verwaltungsgericht hängig, wie Corina Trevisan, stellvertretende Kommunikationsleiterin der Gerichte Kanton Aargau, auf Anfrage sagt. «Aktuell läuft der sogenannte Schriftenwechsel, das heisst, der Regierungsrat wurde zur Einreichung einer Beschwerdeantwort aufgefordert», erklärt Trevisan.

Laut einer Mitteilung des Lehrernetzwerks verrechnet das Kantonsgericht Luzern den Eltern, die dort gegen die Maskenpflicht klagen, einen Vorschuss von 10’000 Franken. Auch das Aargauer Verwaltungsgericht hat von den Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern einen Kostenvorschuss einverlangt. «Über dessen Höhe werden keine Auskünfte erteilt», teilt Gerichtssprecherin Trevisan mit.

Nur vereinzelte Aktionen von Impfgegnern bei Schulen im Aargau

Kritik gibt es nicht nur an der Maskenpflicht, sondern auch an Impfaktionen an Schulen im Aargau. Wie der «SonntagsBlick» in seiner aktuellen Ausgabe schreibt, gehen Massnahmenskeptiker vermehrt gegen die Impfungen an Schulen vor. Auf der Messenger-App Telegram werde dazu aufgerufen, mitzuhelfen, «schweizweit dieses verbrecherische Vorgehen zu dokumentieren». In Chur führte das so weit, dass die Behörden nach Drohungen eine Impfaktion absagen mussten. Laut Stadtrat Patrik Degiacomi seien dort sogar Morddrohungen ausgesprochen worden, schreibt der Sonntagsblick. Zudem hätten Impfgegner Fotos gemacht und Überwachungsprotokolle geführt.

Impfzelt am 16. August bei der Alten Kanti Aarau – zuvor hatten Kritiker dort Flyer verteilt, um die Schüler von der Impfung abzubringen.

Impfzelt am 16. August bei der Alten Kanti Aarau – zuvor hatten Kritiker dort Flyer verteilt, um die Schüler von der Impfung abzubringen.

Valentin Hehli

Da auch im Aargau Schülerinnen und Schüler geimpft werden, wird im «Sonntagsblick» auch Michael Hassler, Sprecher des kantonalen Gesundheitsdepartements, zitiert. Nicht ganz klar wird im Artikel aber, inwiefern einzelne Vorfälle im Aargau mit denjenigen in Chur vergleichbar sind. Auf Nachfrage der AZ stellt Hassler klar: «Es gab kleinere Auftritte von Protestierenden, zum Beispiel Flyerverteil-Aktionen, bisher kam es aber zu keinen schwerwiegenden Zwischenfällen.» Eine solche Aktion gab es zum Beispiel Mitte August an der Alten Kantonsschule Aarau.

Solche seltenen Aktionen habe es sowohl an Kantons- als auch an Grundschulen gegeben. Fotos mit Mobiltelefonen wurden teilweise gemacht, Näheres dazu sei aber nicht bekannt, so Hassler. Laut «Sonntagsblick» wird in einigen Kantonen auf dem Schulgelände sogar Security-Personal eingesetzt. Zur Frage, ob das auch im Aargau so ist, möchte sich Hassler nicht äussern: «Zum Sicherheitsdispositiv machen wir aus einsatztaktischen Gründen keine Angaben.»

Bisher wurden gut 2800 Kinder an Aargauer Schulen geimpft

Geimpft wird an Aargauer Kantons- und Berufsschulen seit Mitte August, die aktuellsten Zahlen dazu stammen aus dem Covid-Newsletter vom vergangenen Donnerstag. Bisher haben bei diesen Impfaktionen auf der Sekundarstufe II insgesamt 2327 Personen mindestens eine Impfung erhalten. In den Schulen der Sekundarstufe I, also der Oberstufe, sind es 504 Personen, die sich mit Zustimmung der Eltern impfen liessen.

An den Aargauer Schulen finden auch weiterhin repetitive Tests statt, laut dem Gesundheitsdepartement nehmen 197 Schulen daran teil. In der letzten Woche wurden 25 Mischproben positiv getestet. Bei den vor Ort durchgeführten Nachtests wurden bisher insgesamt 23 positive Resultate ermittelt. «Ein Nachtest kann an der Schule jedoch auch ausserhalb der Schule in einem Testzentrum stattfinden, beispielsweise bei Abwesenheit eines Schülers während des Nachtestens», teilt Michel Hassler mit. Bei einem positiven Nachtest kommen die normalen Prozesse des Contact-Tracing zum Einsatz.