
Lichtverschmutzung: Lichterlöschen bei den Schlössern?
Die Liebegg ist derzeit wegen des Konflikts zwischen fundamentalen Christen und den Betreibern des Hexenmuseums in den Schlagzeilen. Doch das Schloss oberhalb von Gränichen ist auch noch aus einem anderen Grund umstritten. «Es bleibt das Geheimnis des Regierungsrates, warum die Fassadenbeleuchtung der Liebegg gesetzeskonform sein soll.» Das sagt Roland Bodenmann, Lichtplaner und Vorstandsmitglied von Dark-Sky Switzerland, zur Antwort der Kantonsregierung auf eine GLP-Interpellation zur Lichtverschmutzung. Darin räumte die Regierung ein, dass die Beleuchtung der Schlösser Habsburg, Hallwyl, Lenzburg und Wildegg nicht gesetzeskonform sei – jene von Schloss Liebegg aber schon.
Lichtplaner Bodenmann entgegnet, wie alle anderen Schlösser im Aargau verfüge auch die Liebegg nicht über eine gezielte, umweltschonende Beleuchtung mit Konturenstrahler, die keine Lichtemissionen in den Himmel strahlen. «Nur weil es LED-Leuchten sind, macht das die Sache nicht besser», stellt der Lichtexperte klar. Roland Bodenmann findet es schlimm, dass eine Beleuchtungsanlage mit himmelwärts gerichteten Strahlern installiert wurde, obwohl genau dies verboten sei.
Zwei verschiedene Vorgaben
Tatsächlich heisst es im kantonalen Umweltrecht, die dauerhafte Installation sowie der regelmässige Betrieb von Anlagen, die im Freien Licht- oder Lasereffekte erzeugen, oder ähnlicher himmelwärts gerichteter Lichtquellen sei unzulässig. «Da bleibt als Konsequenz nur der Rückbau», sagt Bodenmann. Er verweist erneut auf das kantonale Umweltrecht. Dieses schreibt vor, dass bestehende Anlagen, die nicht gesetzeskonform sind, innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes stillgelegt werden müssen.
Nun gilt das Umweltrecht seit 2008, die Frist wäre längst abgelaufen – muss der Kanton also die Beleuchtung der Schlösser abschalten? Nein, sagt Heiko Loretan vom kantonalen Baudepartement, und verweist seinerseits auf das Gesetz. Zu den bestehenden Beleuchtungen gebe es zwei Paragrafen, sagt Loretan. Für die Anlagen bei den Schlössern gelte die Regelung, dass sie im Rahmen der ordentlichen Erneuerung anzupassen seien, wenn sie den gesetzlichen Vorgaben nicht entsprechen.
Lampenersatz geplant
Dies ist bei den anderen vier Schlössern im Aargau der Fall: Habsburg, Hallwyl, Lenzburg und Wildegg werden mit Halogen-Metalldampflampen oder Natrium-Hochdrucklampen beleuchtet und entsprechen definitiv nicht dem kantonalen Umweltrecht. Allerdings ist in Lenzburg und Wildegg bereits ein Ersatz der Beleuchtung geplant, wie der Regierungsrat letzte Woche mitteilte. In der Antwort der Regierung auf den Vorstoss der GLP heisst es, bei den beiden Schlössern und sei die neue Beleuchtung bereits budgetiert. Heute und morgen werden die die illegalen Lampen aber nicht ersetzt. Für den Ersatz der Beleuchtungen seien beim Kanton und bei der Stiftung Schlossdomäne Wildegg Kosten für das Jahr 2020 budgetiert, teilt das Finanzdepartement mit. Wie üblich werde ein externer Fachplaner mit der Projektierung beauftragt. Dieser prüfe auf Basis der gesetzlichen Vorgaben die Art der Beleuchtung und die Kostenauswirkungen pro Variante. Die Ausführungsvarianten würden mit dem jeweiligen Stiftungsrat unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und den vorhandenen finanziellen Mitteln besprochen, definiert und dann für die anschliessende Umsetzung bewilligt.
Unabhängig davon schlägt Lichtplaner Roland Bodenmann vor, bei allen Schlössern im Aargau die Lampen um 22 Uhr abzustellen. «Ich glaube nicht, dass es später in der Nacht noch Touristen gibt, die auf die beleuchteten Schlösser aufmerksam werden, der Werbeeffekt ist also nicht gegeben, darum wäre eine optische Nachtruhe wünschenswert.»
Lichterlöschen um 22 Uhr – ein simpler Vorschlag, doch die Suche nach einer Antwort gestaltet sich schwierig. Die entsprechende Anfrage stellt die AZ an Museum Aargau und Immobilien Aargau, die zwei Organisationen, die in der Antwort der Regierung aufgeführt sind. Doch weder Betreiber noch Besitzer der Schlösser äussern sich zur Frage, wie lange die Lampen brennen sollen. Die wenig konkrete Antwort kommt von Simone Strub, Sprecherin im Bildungs- und Kulturdepartement, wo Museum Aargau angegliedert ist. «Die Beleuchtung der Schlösser ist Sache der Eigentümer. Es liegt in deren Ermessen, was aufgrund der gesetzlichen Rahmen-bedingungen und finanziellen Möglichkeiten umgesetzt werden kann.»
Gutachten für Liebegg-Lampen
Doch wie stellt sich der Kanton zum Vorwurf von Lichtplaner Bodenmann, die neuen LED-Strahler beim Schloss Liebegg seien nicht gesetzeskonform? Für diese Frage ist das Finanzdepartement zuständig, denn das Schloss oberhalb von Gränichen gehört zum Portfolio von Immobilien Aargau. Mediensprecherin Claudia Penta sagt, für die Planung der Sanierung der Fassadenbeleuchtung auf der Liebegg seien renommierte Fachunternehmen aus dem Bereich Lichtplanung und -realisierung beigezogen worden. «Diese bestätigen die Gesetzeskonformität der Installation», hält Penta fest. Beleuchtet werde die Liebegg seit dem Umbau mit LED-Lampen mit Winkelbegrenzern. Sie sagt, die Verhinderung von Lichtverschmutzung sei für Immobilien Aargau ein grosses Anliegen. Ganz sicher ist der Kanton aber nicht, dass die Liebegg-Beleuchtung dem Umweltrecht entspricht. «Mit Blick auf die Zukunft und die Erfüllung der Vorgaben wird Immobilien Aargau zur Klärung des Sachlage ein neutrales Gutachten erstellen lassen», kündigt Penta an.
Derzeit wird die Liebegg übrigens nicht beleuchtet, Grund ist aber nicht die Kritik von Dark-Sky Switzerland. «Die Stürme von Mitte Januar haben das Rohr beschädigt, an dem die Lampen montiert sind», sagt Penta. Inzwischen sei alles repariert, wegen der Kälte konnte die Montage der Stromkabel allerdings nicht beendet werden. «Dies wird in den nächsten Tagen geschehen», sagt die Sprecherin – damit wird Schloss Liebegg also bald wieder täglich von 19 bis 23 Uhr beleuchtet.