
Massentests im Aargau: Der Heimexperte ist skeptisch, die Schulen sind bereit


Mehr als die Hälfte der Corona-Ansteckungen dürfte durch Personen ohne Symptome stattfinden. Deshalb wird nun die Teststrategie angepasst. Der Bundesrat hat am Mittwoch bekanntgegeben, dass der Bund neu für die Coronatests bei Asymptomatischen bezahlt.
Bereits Mitte Dezember hat er das Testen von Personen ohne Symptome im Rahmen von Schutzkonzepten etwa in Heimen, Hotels oder am Arbeitsplatz zugelassen. Dass der Bund in Zukunft die Kosten übernimmt, soll dazu beitragen, Infektionsausbrüche frühzeitig zu erkennen und einzudämmen. Doch umsetzen werden diese Tests die Kantone. Sie müssen dem Bund ein Konzept vorlegen, das vorgibt, welche Tests verwendet werden, wo getestet wird und wie oft das passieren soll.
Bewohnern schwierig zuzumuten
Das ist im Aargau bereits angelaufen. Die Einschleppung des Virus in Spitäler und Heime erfolge häufig über die Mitarbeitenden und über Besucher, heisst es in einer Mitteilung des Regierungsrats von gestern Mittwoch. «Der Kanton Aargau erachtet in diesem Zusammenhang die Testung von asymptomatischen Personen zum Schutz besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen als zweckmässig».
In Pflegeheimen oder sozialen Institutionen mit erhöhtem Übertragungsrisiko oder bei Infektionsausbrüchen, etwa an Schulen, könnten diese Tests gemacht werden. «Der Kanton Aargau hat in dieser Sache bereits erste Schritte unternommen», heisst es in der Mitteilung weiter. Damit die Leute wiederholte Tests akzeptierten, sei es zentral, dass diese möglichst selbstständig absolviert werden könnten. «Speicheltests machen dies beispielsweise möglich.»
Andre Rotzetter, Präsident der Sparte Pflegeinstitutionen beim Spital- und Heimverband Vaka sagt: «Es sind noch viele Fragen offen»
Der Verband werde als Nächstes eine Arbeitsgruppe bilden und in Zusammenarbeit mit dem Kanton ein Konzept für die Tests in Heimen erstellen. Er sei froh über den Grundsatzentscheid, dass der Bund die Kosten für diese Tests übernimmt und so einer alten Forderung der Pflegenden-Verbände nachkommt, so Rotzetter.
Massentests in Heimen durchzuführen sei aber eine grosse Herausforderung, gibt er zu bedenken, schon nur die Wahl des Tests: Besucher könnten nicht 24 Stunden auf das Resultat des Speicheltests warten, Bewohnerinnen und Bewohnern sei es aber schwer zuzumuten, sich regelmässig der unangenehmen Prozedur eines Nasen- oder Rachenabstrichs freiwillig zu unterziehen.
Heime würden gezielte Tests vorziehen
Aber auch vom Nutzen ist Rotzetter noch nicht überzeugt: «Bei den Impfungen sind wir im Aargau sehr gut auf Kurs, bis Ende Februar sollten unsere Heime durchgeimpft sein. Massentests bringen dann nichts mehr.» Auch bei den Angestellten stelle sich die Frage nach dem Sinn, schliesslich gebe es unter ihnen viele, die sich bereits einmal mit dem Coronavirus angesteckt haben. Sie würden noch Wochen nach der Erkrankung positiv getestet und damit ungesicherte Resultate liefern. Rotzetter betont:
«Wir würden vermehrte gezielte Tests begrüssen.»
Aber für wöchentlich wiederholende Massentests seien Pflegeheime aus seiner Sicht nicht der richtige Ort, so der Altersheimexperte.
Mit Massentests will man Quarantäne vermeiden
Anders bei den Schulen. «Ich denke, es macht durchaus Sinn, mit mehr Tests gezielt gegen grössere Ausbrüche an den Schulen vorzugehen», sagt Kathrin Scholl, die Präsidentin des Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands. Erst am Dienstag wurden fünf Klassen der Sekundarschule Zofingen in Quarantäne geschickt, weil sich ein Praktikant der Schule mit der englischen Virusvariante angesteckt hatte. Kathrin Scholl sagt:
«Solche grossangelegten Quarantänebeschlüsse könnten mit gezielten Tests vermutlich vermindert werden.»
Mit den Spucktests dürfte auch die Umsetzung einfach sein. Zentral sei, dass die Schulen offen bleiben. Der Lehrerverband ist denn auch nach wie vor der Meinung, dass das Alter für die Maskenpflicht heruntergesetzt werden soll. «Wir sagen, dass es aufgrund der aktuellen Entwicklung diese Massnahme jetzt braucht.» Der Regierungsrat hat dazu jedoch keinen Beschluss gefasst.