Mehr Geld für innovative Unternehmen: Im Aargau erfunden, in die Welt exportiert

Vor über 120 Jahre brachte ein Aargauer Unternehmen eine Weltneuheit hervor: die erste Rückenspritze. Die Erfindung der heutigen Birchmeier Sprühtechnik AG mit Sitz in Stetten erleichterte das Versprühen von Pflanzenschutzmitteln. «Im Aargau erfunden, in die ganze Welt exportiert», sagt Inhaber und Verwaltungsratspräsident Jürg Zwahlen.

Ein Satz, der auch für die neueste Technologie des 1876 gegründeten Unternehmens gelten soll: das elektrisch betriebene Sprühgerät namens «Furka». Wobei: Allein im Aargau wurde das knallrote Hightech-Gerät für die Verbreitung von Pflanzenschutzmitteln nicht erfunden; wissenschaftliche Unterstützung kam von der Hochschule Luzern.

Die neu entwickelte Sprühtechnologie zählt zu den 97 Projekten im Aargau, die in den letzten zehn Jahren mit insgesamt 7,4 Millionen Franken aus dem Forschungsfonds unterstützt worden sind.

Ziel des Förderinstruments: Unternehmen sollen gemeinsam mit Hochschulen und Forschungsinstituten innovative Ideen umsetzen. Bei der Gründung 2008 standen zur Förderung von Innovationen 300’000 Franken zur Verfügung, über die Jahre stieg der Betrag an – und erreicht nun einen neuen Höchststand. 1,4 Millionen Franken investiert der Kanton Aargau ab 2018 pro Jahr; das sind 400’000 Franken mehr als im Vorjahr.

Hightech Zentrum als «Eisbrecher»
Regierungsrat Alex Hürzeler spricht an der Medienkonferenz in den Räumlichkeiten der Birchmeier Sprühtechnik AG von einer «grossen Chance und Notwendigkeit» für den Kanton. Die Erfahrungen zeigten, dass grosse Hürden bestünden, die eine Kooperation zwischen Wissenschaftern und Unternehmern verhinderten.

Hürzeler zitiert eine Studie der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich und der Uni St. Gallen, wonach nur 40 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit Hochschulen zusammenspannen. Zum Vergleich: Bei Grossunternehmen liegt dieser Anteil bei 80 Prozent. «Entscheidend ist deshalb die Vernetzung zwischen KMU und Forschungswelt», sagt Hürzeler.

Diese Aufgabe soll das Hightech Zentrum Aargau in Brugg, das zugleich den Forschungsfonds verwaltet, übernehmen. Dessen Geschäftsführer Martin Bopp erklärt, vielen Unternehmern sei gar nicht bewusst, dass sie sich an Hochschulen wenden könnten.

Die Rolle des Hightech Zentrums umschreibt er als «Eisbrecher» zwischen beiden Seiten. Zeigt eine Machbarkeitsstudie ein gewisses Potenzial einer Idee auf, können die Unternehmen beim Forschungsfonds um Unterstützung bitten.

Schweizweit einzigartiges Projekt
Bopp erinnert – nicht als einziger Redner an diesem Montagvormittag – an die Einzigartigkeit dieses Angebots, das es in dieser Art in keinem anderen Kanton gibt. Wichtig sei die Unterstützung insbesondere für KMU, die sich die Teilnahme an den nationalen Förderprogrammen nicht immer leisten können, sagt Bopp.

Der Grund: Von den Unternehmen wird eine Gegenleistung in Form von Mitarbeitern, Materialien oder Apparaten in der gleichen Höhe wie der Unterstützungsbeitrag verlangt. Und dieser Betrag kann bei nationalen Förderangeboten um ein Vielfaches höher sein als jener im Aargau, wo maximal 100’000 Franken pro Projekt ausbezahlt werden.

Das Fördergeld erhalten allerdings nicht die Unternehmen, sondern die Hochschulen. Unterstützt werden ausschliesslich Aargauer Firmen. Mehr als 130 Anträge sind seit 2008 eingegangen – unter anderem aus den Bereichen Medizintechnik, Technologie, Energietechnik und Biotechnik. 97 der Projekte wurden bewilligt, darüber zu entscheiden hatte die Forschungskommission.

Deren Präsident Christian Beer erinnert aber auch an Unsicherheitsfaktoren: «Es gibt keine Garantie auf Erfolg, sonst wäre es keine Forschung.» Sein Amt gibt er nach über vier Jahren an der Spitze und zehn Jahren als Mitglied der Kommission an Nachfolger Andreas Egger weiter. Die Erfolgsquote beziffert Beer auf 60 Prozent. Als Erfolg gilt ein Projekt etwa dann, wenn der Umsatz gesteigert, die Marge erhöht oder ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen werden konnte.

Abgasfrei Schutzmittel verteilen
Zu den erfolgreichen Innovationen zählt auch die «Furka», die kurz vor der Markteinführung steht. Firmeninhaber Jürg Zwahlen unterbricht seine Ausführungen an der Medienkonferenz für eine kurze Demonstration durch Mitarbeiter im Garten der Birchmeier Sprühtechnik AG: Auf den knatternden Lärm und den Benzingeruch des bisherigen Modells folgt das etwas leisere Brummen des elektrisch betriebenen und dadurch abgasfreien Nachfolgemodells.

Weil der Motor der «Furka» auf verschiedenen Stufen regulierbar ist, liessen sich die Pflanzenschutzmittel damit gezielter verteilen, versprechen die Hersteller.

Jürg Zwahlen ist froh um die wissenschaftliche Unterstützung: «Gewisse Fragen hätten wir nicht selbst beantworten können, weil uns das Know-how fehlt.» Die Zusammenarbeit mit der Hochschule führte zu messbaren Fortschritten: Die Energieeffizenz des per Akku betriebenen Geräts konnte um rund 30 Prozent verbessert werden.