
Mehr Geld für junge Lehrer ab August
Manchmal entscheiden wenige Kilometer über viel Lohn: Besonders im Aargau gibt es für Lehrer verglichen mit den Nachbarkantonen weniger zu verdienen. Wechselt ein Primarlehrer beispielsweise von einer Aargauer an eine Solothurner Schule, verdient er pro Jahr auf einen Schlag mehrere tausend Franken mehr (siehe Tabelle rechts). Dazu kommen grosse Unterschiede je nach Alter: Besonders junge Berufseinsteiger erhalten deutlich weniger Geld als ihre älteren Kollegen.
Und auch die jüngst veröffentlichte Lohnanalyse des Schweizerischen Lehrerdachverbands LCH deutet auf Handlungsbedarf hin: Schlecht schneidet der Kanton bei den anforderungsgerechten Löhnen ab; als ungenügend wird die Lohnperspektive bewertet.
Ein neues Lohnsystem soll diese Mängel beheben und dafür sorgen, dass die Lehrer im Aargau künftig fairer bezahlt werden. Im Januar wurde allerdings bekannt, dass sich die Lehrer weiter gedulden müssen: Das Projekt wurde sistiert. Die Vorarbeiten hätten ergeben, dass eine umfassende Revision der beiden Lohnsysteme unter den aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen eine grosse Herausforderung bedeute, lautete die Begründung des kantonalen Bildungsdepartements.
Ein System mit Schwächen
Nun zeigt sich: Der Kanton macht vorwärts. Im Amtsblatt war jüngst ein Auftrag ausgeschrieben, wonach ein Unternehmen gesucht wird, das eine neue «Funktionsbewertungsmethodik» ausarbeitet. Das aktuelle System ist 2005 eingeführt und 2011 revidiert worden – und weist «verschiedene Schwächen» auf, wie aus dem Pflichtenheft zum ausgeschriebenen Auftrag hervorgeht. Besonders ins Gewicht fällt nach Einschätzung von Simone Strub, Sprecherin des kantonalen Bildungsdepartements, dass insbesondere junge Lehrpersonen im Aargau weniger verdienen als in anderen Kantonen. «Dies führt dazu, dass die Verantwortlichen an den Schulen immer mehr Mühe bekunden, die frei werdenden Stellen mit adäquat ausgebildeten Lehrpersonen zu besetzen.» Mit Blick auf die kommende Pensionierungswelle in den Schulen sei der Aargau dringend auf junge, gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer angewiesen.
Konkurrenzfähigere Löhne
Eine Einschätzung, die Manfred Dubach teilt. Der SP-Grossrat und Geschäftsführer des Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (alv) sagt: «Die Berufseinsteiger sind stark benachteiligt, weil das aktuelle System für sie lange keine Lohnerhöhungen vorsieht. Wenn wir nichts dagegen unternehmen, laufen uns die jungen Leute davon.» Der Grosse Rat hat letzten November einer Erhöhung um 0,5 Prozent zugestimmt – nachdem in den drei Jahren zuvor jeweils Lohnnullrunden beschlossen worden waren. Genau dort liege einer der Hauptgründe, warum eine neue Berechnungsmethode dringend nötig sei, sagt Manfred Dubach. Als das derzeitige System festgelegt worden sei, seien Jahre ohne Lohnerhöhung schlicht nicht in Betracht gezogen worden. Beat Petermann, Co-Präsident des Aargauer Schulleiterverbands (Vslag), erhofft sich vom neuen System denn auch mehr Eigenständigkeit gegenüber der Politik: «In Zukunft sollen sich die Löhne wieder unabhängig von der Budgetdebatte entwickeln können.»
Eines der Hauptziele des neuen Systems: Die Löhne im Kanton Aargau gegenüber den Nachbarkantonen konkurrenzfähiger machen. Die Folgen werden rund 11 800 Lehrpersonen sowie 600 Personen in Schulleitungsfunktionen der Volksschule zu spüren bekommen.
Zweistelliger Millionenbetrag?
Wie viel das kosten wird, ist offen. Angesichts des Spardrucks eine politisch heikle Frage. Entsprechend bedeckt hält sich das kantonale Bildungsdepartement. Bei der Erarbeitung von Lösungen seien verschiedene Faktoren zu berücksichtigen, sagt Sprecherin Simone Strub. «Neben den inhaltlichen Faktoren sind die Marktfähigkeit und die Finanzierbarkeit von zentraler Bedeutung. Die Gewichtung der Faktoren und damit die Kosten des neuen Systems werden Teil eines politischen Aushandlungsprozesses sein.» Deutlicher wird Manfred Dubach: Der alv-Geschäftsführer rechnet mit einem zweistelligen Millionenbetrag. Denkbar sei aber auch eine gestaffelte Anhebung des Lohnniveaus. Ob und wie viel Geld der Grosse Rat dafür sprechen wird, sollte bis Oktober 2020 geklärt sein. Die Einführung des neuen Lohnsystems ist gemäss Zeitplan des Bildungsdepartements auf August 2021 vorgesehen.
Solange müssen sich die Aargauer Lehrerinnen und Lehrer allerdings nicht gedulden; sie erhalten bereits auf Anfang des neuen Schuljahres mehr Lohn. Das Geld dafür wird durch den Mutationseffekt frei – jene Lohnkosten, die eingespart werden, wenn ältere, besser bezahlte Pädagogen durch jüngere Lehrpersonen mit tieferen Honoraren ersetzt werden. In der Budgetdebatte vom vergangenen November beschloss der Grosse Rat, dass diese finanziellen Mittel künftig für die Anpassung der Löhne eingesetzt werden können. Ein Entscheid, der ab August erstmals Wirkung zeigt. «Insbesondere jüngere Lehrerinnen und Lehrer erhalten eine spürbare Lohnerhöhung», sagt Beat Petermann. «Darüber sind wir sehr glücklich.» Auf die Nachfrage, wie viel Geld insgesamt zur Verfügung steht, kann das Bildungsdepartement noch keine exakte Zahl nennen. Fest steht: 0,7 Prozent der Lohnsumme fliessen in die Lohnerhöhungen, weshalb für die Monate August bis Dezember rund 2,5 Millionen Franken ausbezahlt werden können.
