
Mehr leere Wohnungen als je zuvor im Aargau – die Unterschiede zwischen den Bezirken sind gross
Im Jahr 2020 sinkt die Zahl leerstehender Wohneinheiten in Neubauten erneut (um 30,3 Prozent) auf 921 Einheiten, während in Altbauten 10,7 Prozent mehr Leerstände verzeichnet werden (7812 Einheiten). Dies zeigt: Neubauten sind auf dem Markt zu Lasten von Altbauten stärker gefragt.
Komfortabel ist die Situation für Mieterinnen und Mieter. Per 1. Juni standen nämlich 7474 Einheiten zur Vermietung und 1259 Einheiten zum Verkauf bereit. In absoluten Zahlen am grössten ist das Angebot derzeit in Suhr (361 Leerstände), Oftringen (357), Brugg (275), Gränichen (258), Menziken (234), Wohlen (208), Neuenhof (205) und Aarburg (200). Entspannt hat sich die Situation in Mellingen, das nach starker Neubautätigkeit lange einen hohen Leerstand aufwies. Jetzt beträgt er 143, vor vier Jahren waren es 326. Ganz schwer wird es für jemanden, der in Wiliberg, Buttwil, Geltwil, Kallern oder Oberlunkhofen etwas sucht. Diese Gemeinden hatten am 1. Juni gar keinen Wohnungsleerstand.
Die im Artikel gezeigte Übersichtskarte des Kantons Aargau finden Sie als interaktive Grafik hier.
Der Leerwohnungsbestand im Aargau ist im schweizerischen Vergleich seit Jahren überdurchschnittlich hoch. Seit einem Tiefstand im Jahr 2003 stieg dieser Anteil fast ununterbrochen. Letztes Jahr stabilisierte er sich, doch die neusten Daten per 1. Juni 2020 zeigen: Es gibt schon wieder einen neuen Leerstandsrekord. Verglichen mit dem Vorjahr stieg der Leerstand um 4,2 Prozent auf 8733 Einheiten. Am 1. Juni waren 365 Einheiten mehr leer als im Vorjahr.
Mehrheitlich handelt es sich dabei laut Statistik Aargau um Altbauten (89,5 Prozent). Nur rund ein Zehntel befindet sich in Gebäuden, die in den letzten zwei Jahren erstellt wurden (Neubauten). Dabei müsse beachtet werden, so Statistik Aargau, dass es viel mehr Altbauten gibt als Neubauten.
Immobilienexperte: Weiter Bau auf Halde
Adrian Ackermann von der Ackermann Immobilien AG Baden und Kaisten (er war bis September 2019 Präsident des Fachverbandes SVIT Aargau) erstaunt der neue Rekord nicht. Es werde weiter auf Halde gebaut, sagt er. Allerdings erwartet er, dass die Zahl der Neubaugesuche in naher Zukunft sinken werde, nicht zuletzt, weil die Einwanderung rückläufig ist. Die steigende Zahl der Leerwohnungen habe aber auch mit Corona zu tun, ist er überzeugt. So zieht angesichts unsicherer wirtschaftlicher Aussichten ein Lehrabgänger womöglich später von daheim aus als früher.
Ackermann befürchtet zudem negative Auswirkungen auf den aargauischen Wohnungsmarkt, wenn die coronabedingten Kurzarbeitsbewilligungen auslaufen: «Dann droht eine Konkurswelle, und der eine oder andere Eigentümer muss womöglich Haus oder Wohnung verkaufen, wenn er die Stelle verliert», sagt der Experte.
Grundsätzlich könne man zur jetzigen Situation sagen, dass 2,5- bis 3,5-Zimmer-Mietwohnungen bei Singles sehr gefragt sind. Käufer setzen eher auf grössere Wohnungen mit 3,5 bis 4,5 Zimmern. Sehr gesucht sind Wohnungen laut Ackermann entlang der Achse in den Räumen Mutschellen, Baden, Lenzburg, Aarau und ebenso im Bezirk Muri, wo man die Nachfrage aus Zug stark spürt. Unter Druck kommen hingegen kleinere Landgemeinden mit einem höheren Altbau-Anteil.
Höchster Leerbestand pro Einwohner im Bezirk Kulm
Die höchste Anzahl leerstehender Wohneinheiten pro 1000 Einwohner weist der Bezirk Kulm mit über 30 auf (absolut 1023), gefolgt vom Bezirk Zofingen mit einem Wert von 22,2. Gemessen an der Bevölkerungszahl haben der Bezirk Baden (absolut 1230 Einheiten) und der Bezirk Muri (absolut 304 Einheiten) mit je 10,6 leeren Wohneinheiten pro 1000 Einwohner den tiefsten Leerstand.


